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Corona-Blog

Digitaljassen ist eine 
Raserei

Wir leben langsamer, aber wir leben, sagt Bundesrat Alain Berset richtig. In der Tat geht man gezwungenermassen die Tage etwas gemächlicher an.

Symbolbild Keystone
  • Dossier

Beat Moning, Redaktion Sport

Was natürlich nicht für alle Gültigkeit hat. Bei meinem aktuell 50-Prozent-Anstellungsverhältnis kann man sich aber die Zeit einteilen. Sinnvoll, und halt auch etwas weniger sinnvoll. Ein Latte Macciato am Morgen in einem Bieler Café bei Small Talk fällt weg. Da fliessen auch für Journalisten derzeit keine Informationen mehr. Ebenso fehlt der Besuch einer Trainingseinheit.

Team- und Einzelsportler sind im Homeoffice oder im Wald. Ich selber habe mir gleich zu Beginn der Krise einen Hometrainer organisiert. Mein Corona-Foltergerät. Schliesslich hat Berset auch gesagt, man solle das Immunsystem stärken. Trotz Sommerverhältnissen, man hält sich generell mehr zu Hause und somit im Inneren auf. Warum also nicht Jassen, Digitaljassen? Zuletzt tat ich dies vor Jahren beim BT-Jass. Auf schieber.ch habe ich mich mit viel Vorfreude angemeldet. Das Fazit vorweg: Was ich da erlebe, kommt der Autobahn-Raserei sehr ähnlich. Die Freude ist mir etwas genommen worden. Zumal ich oft Geduld benötige, bis ich überhaupt in einem Jass-Quartett unterkomme. Neuankömmlinge, sprich Anfänger, sind nicht besonders gefragt. Einmal im Kreise der Spezialisten aufgenommen, bleiben einem keine zwei Sekunden, Überlegungen anzustellen. Geschweige denn, mal kurz etwas zu trinken. Schon kommt ein Gegner und schreibt: «Schläfst Du?» oder «hü jetz». Das sind noch die freundlicheren Bemerkungen auf der Kommentarspalte gleich neben dem Jasstisch. Das ging kürzlich so weit, dass ich gegen drei Computer zu Ende spielen musste. Die beiden wohl sichtlich genervten Gegner verabschiedeten sich nach dem zweiten und vierten Durchgang und sperrten mich für ihre Partien. Der eigene Partner wollte nicht gegen den Computer antreten und verliess die Runde ebenso.

Nicht wirklich eine Lösung für den verbleibenden Jasser. Aber irgendwie genoss ich es: Jedenfalls blieben die doofen Kommentare aus. Was ist nach Corona? Am Morgen ein Latte Macciato, später ein Trainingsbesuch. Digitaljassen? Das kann ich mir im Moment gerade nicht vorstellen. Etwas Gutes aber hat Digitaljassen trotz aller Hektik. Der Abstand kann mit Sicherheit gewahrt werden. Im Restaurant würde ich wohl Gefahr laufen, dass mir einer zu Leibe rückt.

bmoning@bielertagblatt.ch

Stichwörter: Jassen, Coronablog, Digital

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