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Wintersport

Ein Job mit einzigartiger Aussicht

Wenn die Nacht anbricht und die letzten Gäste gegangen sind, präpariert Thierry Gerber die Pisten im Skigebiet Les Bugnenets-Savagnières. Die Arbeit hat ihren Reiz, birgt jedoch auch Gefahren.

Bild: Lucas Vuitel

Antonella Fracasso/pl

Es ist kurz vor 17 Uhr in Les Bugnenets-Savagnières. Die Wintersportler gönnen sich die letzte Abfahrt des Tages. Dann verstummt das Summen der Skilifte. Die Dämmerung bricht an. Im Werkhof von «Sava», wie der Ort von den Einheimischen genannt wird, treffen die Fahrer der mächtigen Pistenraupen ein.

«Sind Sie die Journalisten?», ruft uns ein gut gelaunter Mann zu. Er heisst Thierry Gerber und nimmt uns auf seine nächtliche Fahrt über die schneebedeckten Hänge mit. Um 17.15 Uhr zeigt das Thermometer minus 1 Grad. Der Fahrer besteigt eine der beiden Maschinen, die in Savagnières stationiert sind. Eine weitere steht in Les Bugnenets.

 

Eine Familientradition

Mitte Dezember liegen bereits 85 Zentimeter Schnee auf dem 30 Kilometer langen Pistennetz des Skigebietes. «Das ist unüblich viel», sagt Gerber, der in Villeret wohnt.

Acht Maschinisten wechseln sich beim Betrieb der Pistenraupen ab. «Wenn Schnee liegt, müssen wir das Beste daraus machen, denn in zwei Wochen kann die weisse Pracht wieder vorbei sein», erklärt der 47-Jährige.

An Bord des «Ratrac» geht es steil bergauf bis zur Bergstation des Skiliftes Chasseral auf rund 1400 Metern Höhe. Das Panorama ist überwältigend. In der Ferne versinkt die Sonne im orangenen Abendlicht. «Ich habe Glück, dass ich mit meinem Hobby Geld verdienen darf», freut sich der Betriebsangestellte.

In der Familie Gerber ist das Führen der Pistenfahrzeuge Tradition: «Mein Vater stand 48 Jahre im Einsatz, bei mir werden es 26», sagt Thierry Gerber, der ein Unternehmen der Präzisionsmechanik in Saint-Imier führt. Sein Sohn arbeitet bereits an den Skiliften und wartet ungeduldig auf die Ausbildung zum Maschinenführer.

 

Lebensgefährliche Seile

Inzwischen haben wir den höchsten Punkt des Liftes Le Rumont erreicht. Hier sind die Hänge extrem steil. Deshalb hängt Thierry Gerber das Kabel seiner Seilwinde um einen dicken Baumstamm. Derart gesichert bearbeitet er die Piste beim Bergabfahren. «Mit dem Stahlseil kompensieren wir die fehlende Haftung der Raupen», sagt der Fachmann.

Das 1200 Meter lange Kabel ist von blossem Auge kaum sichtbar und birgt eine tödliche Gefahr für Personen, die sich jetzt noch auf der Piste aufhalten. Deshalb ist der Zugang zum Skigebiet nach Schliessung der Liftanlagen untersagt. «Ein hochschnellendes Kabel kann einen Menschen in zwei Hälften zerreissen», weiss Gerber und stellt ein leuchtendes Warndreieck auf. Je nach Geländeverlauf spannt sich das Seil unter der Schneedecke oder über der Piste.

«Beim Gespräch mit Gästen stelle ich fest, dass vielen das Bewusstsein für die Lebensgefahr fehlt», so der erfahrene «Ratrac»-Fahrer. Deshalb sind vielerorts Verbotstafeln aufgestellt. Daran scheinen sich nächtliche Spaziergänger nicht zu stören. Auf unserer Fahrt kreuzen wir ein halbes Dutzend Personen. Einige gleiten die frisch präparierte Abfahrt hinunter, sehr zum Missfallen der Verantwortlichen des Skigebietes.

 

Unverbesserliche Wanderer

Der Maschinist steuert die steile Piste du Stade an, die nach Les Bugnenets hinabführt. Auch hier hängt das Fahrzeug an der Seiltrommel. Plötzlich taucht im Gefahrenbereich ein weiterer Schneewanderer auf. Thierry Gerber schüttelt den Kopf und meint: «An Vollmond-Abenden geht es hier zu wie auf der Autobahn.»

Inzwischen zeigt das Thermometer minus 4 Grad. Die Pistenraupe windet sich mit brachialer Kraft den Hang hinauf. «Ohne Seilwinde könnte ich den vielen Schnee niemals nach oben stossen», erklärt unser Fahrer, der die hydraulisch betriebenen Werkzeuge wie Räumschild und Fräse virtuos mit einem Joystick dirigiert.

Es ist 19.30 Uhr. Die Tour von Thierry Gerber endet heute früher als üblich. Er fährt sein Fahrzeug zurück in den Hangar und desinfiziert das Cockpit – eine pandemiebedingte Schutzmassnahme. Kollege Jean-Daniel Boss übernimmt den «Ratrac». Seine Schicht dauert bis 23 Uhr.

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