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Biel

Ein notwendiges Übel

Seit dieser Woche gilt auch im Kanton Bern in öffentlichen Innenräumen eine Maskenpflicht. Bereits nach ein paar Tagen scheint sich das neue Regime in Biel etabliert zu haben: Das Verkaufspersonal muss die Kunden nur selten ermahnen.

Masken als neue Dauerbegleiter: Niemand mag sie, doch die meisten tragen sie ohne Murren. Lee Knipp

von Carmen Stalder

«Entschuldigung, könnten Sie bitte eine Maske aufsetzen?», sagt die Verkäuferin zur Frau, die mit dem Handy am Ohr zwischen den Bücherregalen steht und ein lautstarkes Telefongespräch führt. «Natürlich», erwidert sie schuldbewusst, zieht hastig ihre Maske aus der Jackentasche und bedeckt sich damit Mund und Nase.

Es ist Donnerstagnachmittag in der Bieler Buchhandlung Lüthy. Seit Anfang Woche gilt im Kanton Bern die Maskentragpflicht in allen öffentlich zugänglichen Innenräumen. Dazu gehören unter anderem Geschäfte und Einkaufszentren (das BT berichtete). Das neue Regime scheint sich gut durchgesetzt zu haben, denn die anfangs erwähnte Szene ist eine Ausnahme. Das zeigt die Beobachtung in mehreren Läden in der Innenstadt und so lauten auch die Aussagen des Verkaufspersonals.

«Es kommt selten vor, dass jemand ohne Maske den Laden betritt», sagt Christoph Hänni, Filialleiter im Lüthy. Falls es doch einmal passiert, weise man die Person freundlich darauf hin. «Wider Erwarten gab es bisher keine Reklamationen», sagt Hänni. Er weiss lediglich von einem Fall, als jemand trotz Mahnung keine Maske anziehen wollte. Dieser Person habe man dann den gewünschten Artikel draussen verkauft – was aber klar eine Ausnahme bleiben solle. Insgesamt hat die Buchhandlung eine ruhige Woche hinter sich – ob das an den Schulferien liegt oder vielleicht doch an der Maskenpflicht, kann Hänni nicht sagen.


Beschlagene Brillengläser

Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Papeterie Bureaurama. Die Kundinnen und Kunden im Geschäft tragen alle eine Maske. «Wir hatten bisher keine Probleme», sagt eine Verkäuferin. Ab und zu müsse man jemanden daran erinnern, damit habe es sich aber erledigt. Allerdings habe sie von ein paar Kunden die Rückmeldung erhalten, dass sie nun einen grösseren Vorrat anlegen – aus Angst vor einem zweiten Lockdown.

Eine Frau steht vor dem Kartenständer und stöbert mit zusammengekniffenen Augen durch die Auswahl. Der Mundschutz führt dazu, dass ihre Brillengläser beschlagen. «So macht es weniger Spass, in die Stadt zu gehen», sagt sie. Die Maske schränke sie in ihrer Lebensqualität ein, sie empfinde die Pflicht als grossen Einschnitt. Tragen tut sie den Schutz trotzdem – den Läden fortan ganz fernzubleiben, wäre dann doch die schlechtere Option.

Die Maske als notwendiges Übel: So scheinen es die meisten Menschen zu sehen, die an diesem Nachmittag durch die Stadt schlendern. Viele von ihnen behalten die Masken auch dann an, wenn sie ein Geschäft verlassen. «Es lohnt sich nicht, sie ständig an- und auszuziehen», sagt eine Frau, die mit ihrem Mann unterwegs ist. «Das muss man jetzt einfach respektieren», meint dieser.

Ein anderes Paar reagiert mit einem Lachen auf die Frage, warum sie auch draussen mit Mundschutz unterwegs seien. «Wir kommen gerade aus einem Restaurant, wo wir freundlich aber bestimmt auf die neue Regel hingewiesen worden sind», sagt die junge Frau. Und jetzt behalte man sie eben gleich an. «Es gibt Schlimmeres», meint ihr Partner.

Die Kantonspolizei kontrolliert im Rahmen ihrer Patrouillen, ob die neue Massnahme eingehalten wird. «Wir konnten bislang feststellen, dass sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung im Kanton Bern an die geltende Maskentragpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen hält», heisst es bei der Medienstelle der Kantonspolizei.


Keine Kontrolle mehr nötig

Die Maskentragpflicht gilt für Personen ab zwölf Jahren. Eine Verkäuferin in der Drogerie Müller berichtet, dass es sich einige Teenager zum Spass gemacht hätten, zu behaupten, sie seien erst zehn oder elf Jahre alt, um so der ungeliebten Maske zu entgehen. «Bei denen ist es schwierig, das Alter zu erkennen», sagt sie seufzend. Grössere Sorgen bereitet ihr allerdings der Umstand, dass im Geschäft keine Schmink-Tester mehr aufgestellt werden dürfen – und manche Kunden jetzt einfach Originalverpackungen öffnen.

In den beiden Warenhäusern Loeb und Manor scheint es bisher ebenfalls keine Probleme mit der Maskentragpflicht zu geben. «Diese nötige Massnahme findet eine gute Akzeptanz bei unseren Kunden und vermittelt offensichtlich auch eine gewisse Sicherheit», sagt Mario Schneider, Filialleiter im Loeb. Und Irma Cattilaz Carlehoeg, Leiterin des Manor, konnte bereits nach wenigen Tagen die Security-Leute von ihren Kontrollposten an den Eingängen abberufen: «Es ist nicht mehr nötig, es tragen wirklich praktisch alle Leute eine Maske.»

Gewöhnungsbedürftig ist die Massnahme vor allem für das Verkaufspersonal, das nun während des ganzen Arbeitstages einen Mundschutz tragen muss. Die Verkäuferinnen und Verkäufer empfinden die Masken nicht nur als unangenehm, sie erschweren auch die Kommunikation: «Wir im Verkauf sind es gewohnt, dem Kunden mit einem Lächeln zu begegnen, was nun mit der Maske auf die Stimme und die Augen reduziert wird», so Mario Schneider.

Diese Erfahrung hat auch Yves Ducret, Geschäftsleiter in der Bäckerei Chez Rüfi, gemacht. Für seine Mitarbeitenden sei es eine grosse Umstellung. «Man sieht ihr Lächeln nicht mehr und man versteht sie weniger gut – das macht vieles kaputt.» Nun bleibe einem nichts anderes, als sich an die Masken zu gewöhnen. «Irgendwie müssen wir jetzt alle damit leben.»

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Wo gilt die Maskenpflicht?

Seit Montag gilt im Kanton Bern die Maskentragpflicht in allen öffentlich zugänglichen Innenräumen. Dazu gehören:

  • Bahnhöfe inklusive Perrons und Unterführungen
  • Bibliotheken
  • Geschäfte und Einkaufszentren
  • Gotteshäuser und religiöse Gemeinschaftsräume
  • Kinos
  • Museen
  • Poststellen
  • Theater
  • Verwaltungsgebäude
  • In Bars, Clubs, Diskotheken/Tanzlokalen und in Restaurants dürfen die Gäste die Maske nur dann ablegen, wenn sie an einem Tisch sitzen. cst

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