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Kafipause

Eine goldene Regel gegen das Zu-spät-Kommen

Im persönlichen Blog berichten Bernhard Rentsch und Parzival Meister, Mitglied der publizistischen Leitung, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Eine goldene Regel gegen das Zu-spät-Kommen.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Ein Spruch, der mir aus meinen Militärzeiten in Erinnerung bleibt: «Fünf Minuten vor der Zeit ist des Soldaten Pünktlichkeit». Das wurde uns eingetrichtert, um Verspätungen zu vermeiden. Denn die Reserveminuten gingen oft flöten und es folgte eine Punktlandung. Zugegeben, die als Tugend veredelte Aufforderung, die Zeit im Griff zu behalten, ist nicht wirklich originell (und im Dienst werden solche Sprüche ohnehin als doof aufgefasst)  – das Bonmot führt aber direkt zu Überlegungen, wann Pünktlichkeit angebracht ist und wann eine Überpünktlichkeit schon fast nervig ist.

Erfahrungsgemäss sind wir pünktlich, wenn wir zu etwas Wichtigem erwartet werden. Vor dem ersten Date, vor einem Arztbesuch oder vor einem Bewerbungsgespräch tigern wir oft viel zu früh um den vereinbarten Treffpunkt herum. Kandidatinnen und Kandidaten für offene Stellen oder nervöse Gäste vor der Aufzeichnung einer TV-Sendung waren in meiner Berufslaufbahn bisweilen derart früh am Empfang, dass gar noch vorgängig zu erledigende Arbeiten unterbrochen werden mussten. Denn meinerseits die Besuchenden warten und sitzen zu lassen, schien dann wiederum mir unangenehm. Es gibt also auch ein zu früh.

Lieber zu früh als zu spät, werden die Meisten nun denken. Ja klar. Vor allem dann, wenn zu spät weiterreichende Konsequenzen hat: Wenn der Bus oder der Zug abgefahren ist, wenn die heissbegehrten Tickets im Vorverkauf an die Rechtzeitigen gingen oder wenn im Theater oder im Konzertlokal die Türen bereits definitiv geschlossen wurden, gibt es keine Ausrede. Peinlicheres, als mit einer Taschenlampe in einem vollgefüllten dunklen Saal zu den Plätzen begleitet zu werden – mit Sicherheit noch in der Mitte, so dass andere aufstehen müssen –, gibt es ja fast nicht.

Dennoch, das wiederhole ich gerne, es gibt auch ein zu früh. Wer eine halbe Stunde vor dem Rendez-vous eintrifft, darf nicht erstaunt sein, noch als ungebetener Gast vertröstet zu werden. Oder, sehr aktuell, um überfüllte Räume zu vermeiden, gar an der frischen Luft warten zu müssen.

Fünf Minuten – wie oben beschrieben im Vaterlandsdienst erlernt – ist der ideale Vorsprung. Ein unerwartetes Rotlicht bei der Anfahrt, die Parkplatzsuche, der noch dringend nötige Gang zum WC oder ein langsam «arbeitender» Lift sorgen mit Bestimmtheit dafür, dass in vielen Fällen der Vorsprung auf die Marschtabelle sehr schnell schmilzt. Und dann kippt’s sehr schnell in negativ aufgefasstes Zu-spät-Kommen.


bernhard.rentsch@gassmann.ch

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