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Nidau

Eine Währung, die gut für das Klima ist

Seit zwei Jahren hat die Region Genf eine alternative Währung, nun interessiert sich auch eine Bieler Gruppe dafür. Der Léman sorgt für lokale Wirtschaftskreisläufe und dient dadurch dem Umweltschutz.

Jean Rossiaud mit Léman-Noten, Copyright: Tanja Lander / Bieler Tagblatt

Lotti Teuscher

Gestern, 19 Uhr, bei der Lagolodge: Über 100 Leute entspannen im und um das Nidauer Restaurant bei einem Feierabendbier oder einem Mineralwasser. Im ersten Stock, in einem stickig heissen Raum, sitzen knapp 20 Personen. Sie reden über Geld – Geld? Franken, Euro oder Dollar kennt jeder. WIR-Geld ist vielen bekannt, dass es Talente gibt, schon weniger (siehe Infobox). In der Lago Lodge geht es um eine Währung, die hierzulande wohl kaum einer kennt: den Léman. Eingeladen hat die Bieler Gruppe «Demain», benannt nach dem gleichnamigen Film, der dazu anregt, eine bessere Welt zu schaffen.

 

Verlust ausgeschlossen

Rund 6000 Alternativwährungen gibt es auf der Welt; auch der Léman ist eine. Die französisch-schweizerische Region Genf-Annemasse mit rund einer Million Einwohnerinnen und Einwohnern hat seit dem 18. September 2015 ihr eigenes Geld. Ein Léman entspricht einem Franken oder einem Euro; der Kurs der Alternativwährung wird den offiziellen Währungen angepasst.

Das Geld, das gegen Léman eingetauscht wird, ist auf einer Bank hinterlegt; wer Léman kauft, geht somit kein Risiko ein. Zinsen werden keine ausbezahlt und auch wer einen Kredit in Léman aufnimmt, bezahlt keine Zinsen. Der Léman ist somit, so wie auch WIR, ein Schwundgeld, das rasch wieder ausgegeben wird, was erwünscht ist.

Der Léman ist zudem eine Währung, die die Welt etwas besser machen soll – man könnte aber auch sagen, dass sie eine Gegenbewegung zur Globalisierung ist.

Ziel sei, lokale Wirtschaftskreisläufe und nachhaltige Produktion zu fördern, sagt Jean Rossiaud, Präsident des Vereins, der den Léman lanciert hat. Also Nähe zwischen den Produzenten, Geschäftsleuten und Konsumenten schaffen. Zudem sollen sich lokale Produzenten besser kennenlernen und vermehrt zusammenarbeiten. Unternehmen, die den Léman einführen, müssen eine Charta unterzeichnen. Dazu gehören ethische und soziale Verantwortung.

Im Gegenzug macht sie der Léman bekannt bei allen, die mit dieser Währung einkaufen. Die Konsumenten sind zugleich Umweltschützer: «Wer lokal einkauft, bewirkt einen positiven Effekt auf das Klima», sagt Rossiaud. Zudem sei der Léman ein demokratisches Bürgergeld. Denn alle können bei der Entwicklung der Währung mitreden.

 

Alternative für das Seeland?

Die Währung existiert als Papiergeld. Da stellt sich die Frage: Ist sie fälschungssicher? Rossiaud beruhigt: «Gedruckt wird das Geld in einer Sicherheitsdruckerei, die auch die Scheine für die Lotterie Romand herstellt.» Mikroschrift, Nummerierung und andere Merkmale schützen die Währung vor Fälschungen. Derzeit wird ein System entwickelt, das es ermöglicht, auch mittels einer Kreditkarte zu bezahlen.

Rund zwei Jahre nach der Einführung hat der Verein, der den Léman herausgibt, 1200 Mitglieder, darunter 260 Firmen und Geschäfte. Letzte Woche wurde eine Wechselstube in Lausanne eröffnet, eine weitere in Frankreich.

Wird es bald auch alternative Währung namens Seeland oder Bieler geben? In der Region steckt das Projekt noch in den Kinderschuhen. Der Vortrag im Lago Lodge war eine erste Einführung. Falls sich Bielerinnen und Seeländer entscheiden, ebenfalls eine alternative Währung einzuführen, wird dies ausser (viel) Zeit nichts kosten: Das Knowhow bieten die Genfer gratis an.

 

Alternative Schweizer Währungen

 

WIR: Die WIR-Bank ist eine gesamtschweizerische Mittelstandsbank, die aus der Selbsthilfeorganisation WIR-Wirtschaftsring-Genossenschaft hervorging. Während der Weltwirtschaftskrise ab 1934 und der damit verbundenen knappen Liquidität, horteten Unternehmen ihr Geld, anstatt es zu investieren, was die Knappheit der Geldmenge noch verstärkte. Mit der Gründung der Wirtschaftsring-Genossenschaft reagierten Gewerbetreibende auf diese Krise mit dieser Selbsthilfe-Initiative. Die Bank hat 60 000 Mitglieder, hauptsächlich KMU.

Talent: Talent Schweiz ist eine Tauschbörse mit eigener Währung. Getauscht werden Waren und Dienstleistungen. Der Tausch wird bargeldlos durchgeführt und auf Talentkonti verrechnet. Wie bei der WIR-Währung bringen positive Kontostände keinen Zins, sondern kosten etwas. LT

Stichwörter: Nidau, Geld, Region, Genf, Währung

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