Sie sind hier

Abo

Biel

Eine Werbung, die zum Wahrzeichen wurde

Die Leucht-Werbung «Campari» am Zentralplatz prägt das Stadtbild seit den 50er-Jahren. Doch Leuchten fiel der Schrift nicht immer leicht und seit 2017 trägt der Buchstabe «R» einen schwarzen Rahmen zu viel. Seit gestern ist das anders.

Die neuen Buchstaben sehen zwar gleich aus wie die alten, sind aber mit einer neuen, energiesparenden LED-Technik versehen. Bild: Peter Samuel Jaggi

Hannah Frei

Sieben Buchstaben, 1,2 Meter hoch, insgesamt 10,2 Meter lang, Aluminiumblech und Acrylglas. Das ist die «Campari»-Leuchtreklame am Bieler Zentralplatz. Als sie in den 50er-Jahren vom Getränkeunternehmen «Campari» aufgestellt wurde, hätte sie eigentlich nur Werbung sein sollen. Doch es kam anders: Durch die markante, rote Farbe und den zentralen Standort hat sie sich einen besonderen Platz im Bieler Stadtbild erschlichen. So bezeichnete Florence Schmoll, Leiterin der Bieler Stadtplanung, die Leuchtschrift gegenüber dem «Journal du Jura» als «ein stilbildendes Element des Zentralplatzes». Kein Wunder also, dass sofort auffiel, wenn einer der Buchstaben nicht leuchtete. Anfangs 2017 musste zuerst das «M» aus Altersgründen repariert werden, Ende 2017 wurde dann das «R» bei einem Sturm beschädigt und verschwand bei den Reparaturarbeiten. Später tauchte es in einem Brockenhaus im Jura wieder auf (das BT berichtete). In der Zwischenzeit wurde das «R» aber bereits ersetzt, das Alte landete im Neuen Museum Biel – wo es sich noch heute befindet.

Soweit so gut. Doch geleuchtet hat die Schrift weiterhin nicht. Und das neue «R» tanzte mit seinem dicken, schwarzen Rahmen aus der Reihe. Das fiel auch Matthias Hirsch auf. Der Ingenieur aus Safnern kennt sich mit Leuchtwerbung aus, gründete 2017 mit zwei Kollegen die Firma Led Solution Switzerland und bietet seither Beratung und Projektleitung für eben solche leuchtende Werbung an. Wenn er damals über den Zentralplatz schlenderte, schaute er immer wieder hoch zur «Campari»-Werbung – und schüttelte den Kopf. «Ein solch prominenter Platz, ein solch markanter Schriftzug, und dann leuchtet der nicht?», dachte er sich.

So schrieb er die Firma «Campari» an und wurde von ihnen beauftragt, eine Offerte für den Ersatz zu machen. Gestern war es dann so weit: Der gesamte Schriftzug wurde erneuert. «Das ist ein besonderer Moment für mich», sagte Hirsch, als die Monteure die ersten beiden Buchstaben mit dem Kran nach oben transportierten.

1000 Franken für Schrift

Dass der «Campari»-Schriftzug für die Bieler Bevölkerung einen besonderen Wert hat, zeigte sich gestern auch an den Passanten, die für einen Moment stehen blieben, ihre Handys zückten und ein Bild von den neuen Buchstaben machten. «Ich kann mich nicht daran erinnern, bei einer Installation jemals so viele Zuschauer gehabt zu haben», sagte Hirsch. Bereits am Dienstag, als die alte Schrift demontiert wurde, sei das Interesse mancher Passanten gross gewesen. Einer habe ihn gar gefragt, ob die Buchstaben zum Verkauf stehen würden. 1000 Franken seien für den Schriftzug geboten worden. Doch die Buchstaben gehören weiterhin der Firma «Campari», weshalb Hirsch ablehnte.

Die alte Schrift wird nun für die Firma «Campari» eingelagert. Laut Hirsch habe das Neue Museum Biel, anders als beim «R», kein Interesse bekundet.

Eine Bieler Tradition

Laut Catherine Preiswerk vom Berner Heimatschutz Regionalgruppe Biel-Seeland ist die «Campari»-Werbung nicht der einzige Schriftzug, der das Stadtbild massgebend prägt. Sie unterscheidet zwischen Hausbeschriftungen, wie etwa die Fassadenbeschriftungen «Aeropalace», «Olympia» und «Murtenhaus» bei der Kreuzung Silbergasse/Murtenstrasse, und Leuchtwerbung, neben «Campari» auch «Rolex».

«Beschriftungen haben in Biel eine Tradition», sagt sie. Besonders in den 50er- und 60er-Jahren habe die Stadt Biel zahlreiche solcher Beschriftungen unterstützt. «Mit der Zeit wurden identitätsstiftend für die Stadt», sagt Preiswerk.

Reparatur wäre teurer

Beim «Campari»-Schild bestand auch die Möglichkeit, die alte Schrift lediglich zu reparieren. Doch diese Variante wäre laut Hirsch viel teurer und aufwendiger geworden. Und gemäss dem Befund des periodischen Energiechecks, hätte ohnehin zumindest der komplette elektrische Teil repariert werden müssen, auch wenn er nicht mehr eingeschaltet worden wäre, so Hirsch. Die Installation sei völlig veraltet gewesen.

Eine neue Bewilligung war für die Leuchtreklame nicht nötig. Jedoch brauchte Hirsch die Zusage für das Projekt von der Fachstelle Denkmalpflege. Auch sie habe er davon überzeugen können, dass es besser sei, die gesamte Schrift auszutauschen, statt auf aufwendige Reparaturen zu setzen – unter dem Vorbehalt, dass der neue Schriftzug identisch wird. Das wurde er auch, zumindest äusserlich. Lediglich die Leuchtmittel wurden durch neue, energiesparende LED-Technik ersetzt.

Leuchten sollte die neue Schrift jeweils abends, sobald es dunkel wird. Eingebaut wurde eine astronomische Zeitschaltuhr, die erkennt, wann die Sonne unter- und aufgeht. Trotzdem wird die neue «Campari»-Schrift nicht die ganze Nacht über leuchten. Man wolle schliesslich die Anwohnerinnen und Anwohner nicht stören. Vor Mitternacht wird sie jeweils erlöschen. Hirsch hofft, dass sie trotzdem wieder vermehrt für Aufmerksamkeit sorgen wird und ihre Aufgabe als Wahrzeichen wieder ganz erfüllen kann.

Stichwörter: Biel, Campari, Schriftzug, Werbung

Nachrichten zu Biel »