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Brügg

Er ist den Velos nachgereist

Sein erstes Dreirad teilte er mit seinen neun Geschwistern, heute nennt er 500 Velos unter einem Dach sein eigen: Edy Arnold hat das «Nationale Velo-Museum Helvetia» eingerichtet. Er hat mehr Arbeit als Zeit.

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Tobias Graden

Familie Arnold hatte ein Dreirad und zehn Kinder. Edy, geboren 1940 in Seedorf im Urnerland, war das fünfte Kind, sein erstes Velo, das Dreirad, hatte er zu teilen.
Mit 16 hatte Edy Arnold dann ein richtiges Velo, ein Rennvelo, und sogleich trat er dem lokalen Veloclub bei. Es war eine gute, junge Rennfahrerequipe, viermal war Edy Arnold mit ihr Innerschweizermeister im Mannschaftszeitfahren, und später war er dann dort Präsident, er sorgte dafür, dass der Club ein Vereinshaus bekam, dann hat er den ersten Innerschweizer Radwanderweg organisiert, dann gab es die Volksradtouren, die das Volk abfuhr, 40 bis 60 mal pro Jahr – Edy Arnold gerät leicht ins Erzählen, und er erzählt gern.


Auf Velosuche in Europa
Heute hat Edy Arnold viele Velos. Mehr als genug. Etwa 500, er will ja nicht übertreiben, «es hat einfach einen Haufen Velos da». Weil irgendwann hat das mit dem Sammeln angefangen. Zuerst Velonummern, die früher aus Metall waren und die jedes Velo haben musste. Dann Literatur, Bücher über Velos, und dann eigentlich alles, und eben Velos, viele Velos, aus den Mulden gefischt, dem Alteisen entrissen. Viele hat er restauriert, noch mehr noch nicht, weil, nun, die Zeit, die Zeit.
Später hat er die Velos nicht mehr nur vor der Vernichtung bewahrt, er ist ihnen auch nachgereist. Der Bankangestellte nahm sich manchmal drei Wochen Ferien, lud einen Haufen Velos in einen Transporter, fuhr mit Kollegen nach England, zu den dortigen Sammlern, tauschte, kaufte, verkaufte, auch auf der Heimreise über Holland, Deutschland, Frankreich. Zurück in der Schweiz waren im Transporter mehr Velos drin als bei der Abreise. Seiner Frau ist Edy Arnold dankbar, sie hatte Verständnis für seine Leidenschaft. Am 23. Mai feiert das Paar die goldene Hochzeit, vor 50 Jahren hatte es geheiratet, auf der Einladungskarte zur Hochzeit ist es abgebildet, es fährt zusammen... auf einem Velo.
Als er noch in Altdorf wohnte, hatte Edy Arnold seine Sammlung an mehreren Orten verstaut, ein Lager war auch in Brunnen. 2002 zog er ins Seeland, und die Velos sind nun unter einem Dach, in Brügg, im «Du Pont», in dem Haus, in dem 1883 der nationale Radsportverband als «Schweizerischer Velocipedisten-Bund» gegründet worden war.  
Hier haben seine Velos ein Zuhause gefunden. 2002 organisierte Arnold hier eine erste Ausstellung, mittlerweile ist sie fest im denkmalgeschützten Haus installiert, die Gemeinde hat dafür Hand geboten und ist daran interessiert, die «Nationale Velo-Ausstellung Helvetia» weiter zu institutionalisieren. Das Haus ist buchstäblich bis unters Dach voll mit Velos.


Ferdy Küblers Tebag
Da ist etwa ein Tebag aus den 1940ern, gefahren von Ferdy Kübler. Da ist das Landivelo von 1939, gebaut von Stella, die Uhr hat Arnold weggenommen, «weil die wird gerne geklaut». Das Landivelo als Sportmodell steht daneben. Da ist ein Cycles Wolf, ein Rennvelo von 1947, hergestellt in Biel, es muss noch komplett in den Originalzustand versetzt werden. Da sind weitere Bieler Velos, Cosmos, Zesar, Walco, Baumgartner, Sommer, Estelli. Da sind Velos mit vier Gängen, das Hinterrad hat auf jeder Seite zwei Ritzel. Da sind Velos, die im Vorderlicht anstelle einer Glühbirne eine Kerze haben. Da ist ein Rennrad aus den USA, ein Crescent, von 1903, mit Holzfelgen. Das französiche Terrot von 1900 mit Spezialkettenrad. Das «Carmen» aus Paris von 1898 mit Holzfelgen. Das Swissair-Velo aus den 1940ern. Das Mondia-Kindervelo von 1931, das aus einem Erwachsenenrahmen mit kurzer Gabel und kleinen Rädern besteht.
Und viele, viele mehr. «Nebenan, wo früher das Coop war, habe ich auch noch Velos», sagt Arnold etwas kleinlaut, und steht man mit ihm in diesem Raum, sagt er leise:«Untendran ist noch ein Keller.»


Stürzen muss man können
Hinter den Kulissen wird an der Zukunft der Sammlung und der Ausstellung gearbeitet, Genaueres will Edy Arnold noch nicht verraten, aber auch ihm ist bewusst, dass es an Professionalisierungsbedarf nicht eben mangelt, und es geht auch darum, die Velos der Nachwelt zu erhalten. «Der Markt ist mittlerweile ziemlich ausgetrocknet, und viele Stücke gehen ins Ausland», sagt Arnold.
Seine Lieblingsvelos stehen in der Gaststube. Es sind Hochräder aus den Jahren 1867 und 1872. Mit ihnen nimmt er heute noch an Veteranen-Weltmeisterschaften teil, mehrmals hat er Titel gewonnen. Beim einen sind die Räder mit Eisen beschlagen, man muss aufpassen beim Fahren, es habe ihn auch schon «bäset», «man muss wissen, wie es zu Stürzen gilt». Edy Arnold, 74 Jahre alt, will fit bleiben, so lange es nur geht: «Bis 80 möchte ich schon auf meinen Hochrädern fahren können.»

 

Velomuseum Brügg
• geöffnet jeweils ab Ostern bis Ende November, Samstag und Sonntag 10 bis 17 Uhr
• Gruppen auf Voranmeldung auch Dienstag und Donnerstag
• die Velos befinden sich bis auf ein paar Leihgaben im Besitz von Edy Arnold, die Liegenschaft gehört der Gemeinde
• Betreiber des Museums ist der Verein «Nationales Velo-Museum Brügg». Er zählt rund 100 Mitglieder, kann aber gut Unterstützung gebrauchen.    tg
Link:www.velo-museum.ch

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