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Nidau

Er will als Brückenbauer punkten

Tobias Egger (SP) will Stadtpräsident von Nidau werden. Der Jus-Student sitzt seit sechs Jahren im Parlament – und malt sich reelle Chancen aus, Sandra Hess (FDP) vom Thron zu stossen.

Copyright: Peter Samuel Jaggi / Bieler Tagblatt
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Carmen Stalder

Bis zu den Nidauer Gemeindewahlen dauert es noch sechs Monate. Doch schon jetzt ist klar, dass im Rennen um das Präsidium mehr Spannung aufkommen wird als vor vier Jahren. Damals wurde Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP) in stiller Wahl für eine zweite Amtszeit bestätigt. Dieses Mal bekommt sie Konkurrenz: Der SP-Stadtrat Tobias Egger gibt heute seine Kandidatur bekannt und lanciert damit den Wahlkampf.

Trotz seines jungen Alters – Mitte April wird er 26 Jahre alt – kann Egger bereits eine verhältnismässig lange politische Karriere vorweisen. 2012 trat er der Nidauer SP bei, drei Jahre später konnte er im Alter von 19 Jahren in den Stadtrat nachrücken. Nur gerade ein Jahr später übernahm er das Fraktionspräsidium, das er bis heute innehat. In dieser Rolle fungiert er im Parlament als Sprachrohr seiner Partei. Er ist ausserdem Mitglied der Geschäftsprüfungskommission und ist dieser während zwei Jahren als Präsident vorgestanden.

Fehlende politische Erfahrung kann Tobias Egger also kaum vorgeworfen werden. Allfällige Bedenken in diese Richtung kontert er damit, dass dem Stedtli etwas frischer Wind durchaus guttun würde. «Manche Personen sitzen schon länger im Stadtrat, als ich auf der Welt bin.»

 

SP erhebt Regierungsanspruch

Zu seiner Kandidatur sei es nicht ganz ohne Überzeugungskraft von aussen gekommen, sagt Egger. Es sei keineswegs so, dass er das Präsidium seit eh und je angestrebt habe. Doch in den letzten Monaten stellte sich im Vorstand der Nidauer SP heraus, dass keiner der amtierenden Gemeinderäte nach Höherem strebt: Weder Sandra Friedli noch Kurt Schwab oder Marc Eyer wollen sich zur Präsidiumswahl im September stellen.

Nichtsdestotrotz erhebt die Partei einen Regierungsanspruch. Sie stellt derzeit drei von sieben Regierungsmitgliedern sowie acht Parlamentarierinnen – und ist damit in beiden Gremien die stärkste Kraft. Die Zeit könnte also reif sein, um die über 60 Jahre alte Tradition des bürgerlichen Amtsinhabers zu brechen. Mit diesem Vorhaben ist zuletzt Marc Eyer gescheitert, als er bei den Wahlen 2013 gegen Hess angetreten war.

Tobias Egger fiel der Entscheid zur Kandidatur dennoch nicht leicht. Ende Jahr wird er sein Masterstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Basel abschliessen. Eine Option wäre, sich anschliessend dem Erlangen des Anwaltspatents zu widmen. «Ich musste mir darüber klar werden, ob mir aktuell meine berufliche oder politische Zukunft wichtiger ist», so Egger. Am Ende hat er sich für Letzteres entschieden – gemäss dem Motto «aufgeschoben ist nicht aufgehoben».

 

Vertrauensbruch kitten

Egger will der Nidauer Stimmbevölkerung mit seiner Person eine Auswahl bieten. Vor vier Jahren habe sich mit Sandra Hess eine starke Kandidatin präsentiert; indem die anderen Parteien keine eigenen Kandidierenden aufstellten, bewiesen sie der amtierenden Präsidentin ihr Vertrauen. Doch die Ausgangslage habe sich seither verändert, ist Egger überzeugt. Insbesondere im Geschäft Seewassernutzung – die Gemeinde wollte zuerst ein eigenes Fernwärmenetz auf die Beine stellen, musste jedoch nach jahrelanger Planung zurückkrebsen (das BT berichtete) – habe sich die Präsidentin viel Vertrauen verspielt. Diesen Bruch zwischen Gemeinde- und Stadtrat, der gemäss Egger bis heute nachhallt, möchte er kitten.

Auch beim Thema Agglolac habe Hess Mühe gehabt, Mehrheiten zu finden. Dazu, dass sich die SVP gegen das Projekt gestellt und damit dessen Versenkung unterstützt hat, sagt Egger: «Der bürgerliche Schulterschluss hat nicht funktioniert.» Obwohl er Co-Präsident und Mitgründer des Vereins Stop Agglolac ist, sieht er sich nicht als Verhinderer. Viel lieber ist ihm die Rolle des Brückenbauers, der zwar die kritischen Stimmen bezüglich Agglolac in die Regierung einbringen, vor allem aber eine mehrheitsfähige Lösung erarbeiten will.

Das Vermitteln über Parteigrenzen hinweg bezeichnet Egger als eine seiner Stärken. Er könne mit allen zusammenarbeiten und habe in den vergangenen Jahren viele überparteiliche Anliegen durchgebracht. So beispielsweise bei der bereits erwähnten Seewassernutzung: Dass sich Nidau nun trotzdem am vom Energie Service Biel (ESB) übernommenen Fernwärmeprojekt beteiligt, sei nicht zuletzt auch seinem Engagement zu verdanken. «Ich habe viel dafür gemacht, mehrere Sitzungen lanciert und unzählige Telefonate geführt.» Die vorliegende Lösung erachtet Egger nun als grosse Bereicherung für Nidau.

 

Ohne Berührungsängste

Egger bezeichnet sich als liberalen SPler, der in allen Lebensbereichen eher viel als wenig arbeitet. Er charakterisiert sich als ehrgeizig, beharrlich und sehr ehrlich. Ohne zu zögern geht er auch einmal eine Allianz mit dem politischen Gegner ein. Die Nähe zu SVP-Fraktionspräsident Leander Gabathuler sei ihm schon wiederholt als Nachteil ausgelegt worden. «Das ist schade, wir haben schlicht eine ähnlich pragmatische Denkweise.»

Seine Kandidatur für das Präsidium sei keineswegs nur symbolischer Natur. Vielmehr ist es eine Entscheidung, die er reiflich durchdacht hat und hinter der er stehen kann. Tobias Egger glaubt daran, dass er am 26. September gewählt werden könnte. Die Zeit sei gekommen, Verantwortung zu übernehmen. «Es ist einfach, im Stadtrat zu sitzen und zu sagen, was nicht gut läuft. Jetzt will ich den Tatbeweis für meine bisherigen Forderungen erbringen.» Damit es soweit kommt, will er in den kommenden Monaten seine Rolle als Brückenbauer festigen – um im entscheidenden Moment auch auf Stimmen von ausserhalb der SP zählen zu können.

 

Zur Person

  • Tobias Egger wird am 15. April
26 Jahre alt.
  • Er ist in Nidau aufgewachsen und wohnt heute im Zentrum des Stedtli.
  • Noch bis Ende Jahr absolviert er an der Universität Basel seinen Master 
in Rechtswissenschaften. Daneben arbeitet er als Jurist bei der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern.
  • In seiner Freizeit brennt er für Sport und Vereinsleben: Er war Mitglied im FC Nidau, ruderte während acht Jahren im Seeclub Biel, geht gerne Joggen und spielt American-Football bei den Bienna Jets. cst
Stichwörter: Nidau, Wahlen

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