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Referendum

Erich Fehr will mehr Einfluss für die Städte

Vertreterinnen und Vertreter der Städte und Gemeinden fordern mehr Einfluss auf Bundesebene. Einer von ihnen: Biels Stadtpräsident Erich Fehr. Sein Vorstoss kommt aber nicht überall gut an.

Symbolbild: Keystone

Beni Gafner

Das Neinsagen ist in der Demokratie schweizerischer Ausprägung zentral. Kommen 50 000 gültige Unterschriften zusammen und sagt auch eine Mehrheit im Stimmvolk Nein, gehen Gesetzesvorschläge, über die sich Bundesrat und Parlament zuvor jahrelang gebeugt haben, in Rauch auf.

Nein sagen: Das sollen künftig auch die Städte dürfen. Und zwar auf Bundesebene. Der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr (SP) forderte in einem Gastbeitrag in der NZZ die Einführung eines Städtereferendums. Die kleinen Kantone hätten angesichts des geltenden Ständemehrs ein zu starkes Gewicht – und das, obwohl 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung in urbanen Räumen lebten.

Die Verfassungsbestimmung, wonach der Bund «Rücksicht auf die besondere Situation der Städte und der Agglomerationen sowie der Berggebiete» zu nehmen habe, sei heute kaum mehr als toter Buchstabe, meint Fehr. Jedenfalls, wenn es um die Städte gehe. Das habe sich gerade in der Bewältigung der Coronakrise gezeigt. So habe der Bundesrat die Städte in seine Massnahmen nie wirklich einbezogen.

Eine vergleichbare Bestimmung, wie sie Fehr für die Städte fordert, kennt der Bund bereits für die Kantone. Ergreifen acht von ihnen das Referendum gegen ein Bundesgesetz, kann das Stimmvolk ebenso abschliessend bestimmen, wie wenn zuvor 50 000 gültige Unterschriften gesammelt worden wären.

Ein einziges Mal ergriffen die Kantone bisher ein solches Kantonsreferendum. Das war im Jahr 2003. Elf Kantone befürchteten damals starke Einbussen bei ihren Steuereinnahmen und ergriffen deshalb das Referendum gegen ein grosses Steuerpaket. Die Volksabstimmung vom 16. Mai 2004 gewannen die Kantone.

Analog dazu sollen nun also auch acht Städte eine Volksabstimmung verlangen können, wenn ihnen ein Bundesgesetz nicht passt. Fehr zeigt sich überzeugt, dass daraus eine Stärkung der Städte resultieren würde, «welche die Entwicklungs- und Innovationsmotoren unseres Landes sind».

In der Aufarbeitung der Coronakrise macht Ständerat Hannes Germann (SVP, SH) dieselben Beobachtungen wie Biels Stadtpräsident Fehr. «Die Leistungen der Gemeinden erhielten in der öffentlichen Wahrnehmung zu wenig Aufmerksamkeit», bemängelt der Präsident des Gemeindeverbandes.

Als unhaltbar bezeichnet es Germann, dass in den oft verkürzten Vernehmlassungen zu den Covid-Massnahmen des Bundesrats nur die Kantone sowie die Sozialpartner angehört wurden – nicht aber die Städte und Gemeinden, wie zuletzt von ihm im Ständerat und von Kurt Fluri (FDP, SO) im Nationalrat gefordert.

Trotzdem bezeichnet Germann den Vorstoss von Erich Fehr als befremdend und irritierend. Befremdend sei, dass nur den Städten ein Referendumsrecht eingeräumt werden soll. «Das ist erstens eine Diskriminierung gegenüber Agglomerations- und Landgemeinden sowie dem Berggebiet; zweitens giesst es in der gegenwärtigen Diskussion um einen Stadt-Land-Graben unnötig Öl ins Feuer.»

Irritierend sei Fehrs Vorschlag, weil der Städteverband vor vier Jahren eine vergleichbare Forderung des Gemeindeverbandes nicht unterstützt habe. Damals forderten die Gemeinden ein Referendumsrecht, wenn sich mindestens 200 Gemeinden aus 15 Kantonen gegen ein Bundesgesetz aussprechen würden. National- und Ständerat lehnten das allerdings ab.

Gut möglich, dass im Nachfeld der Covid-Krise jene Kräfte Auftrieb erhalten, die ein Gemeinde- und ein Städtereferendum fordern. Germann wäre bereit, die Forderung nach einer neuerlichen Referendumsmöglichkeit zu unterstützen, wenn diese sowohl Städten als auch Gemeinden offenstehen würde.

Stichwörter: Erich Fehr, Biel, Politik, Stadt

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