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Prävention

Erster Suizidrapport in Biel

Nach Winterthur, Zürich und St. Gallen soll auch in Biel ein Suizid-Netzwerk für Fachleute eingeführt werden. Personen aus der Praxis vernetzen sich. Die Prävention wird dadurch stärker gefördert.

Patrick Furrer

Alle acht Stunden nimmt sich hierzulande ein Mensch das Leben. Der Bund veröffentlicht heute die neueste Statistik. Die blossen Zahlen lassen die Tragik dahinter nur vage erahnen. Dennoch sprechen sie eine deutliche Sprache: In der Schweiz sterben jährlich über 1000 Menschen bei einem Selbstmord. Suizid ist einer der häufigsten Gründe für frühzeitigen Tod, auch wenn die Rate zuletzt leicht gesunken ist.

Suizid lässt viele Menschen, Angehörige aber auch anderweitig Betroffene, mit Angst, Unklarheit und Hilflosigkeit zurück.

Mehr als Selbsthilfegruppe
Speziell junge Menschen sind oftmals völlig überfordert, wenn jemand aus ihrem Umfeld sich das Leben nimmt. In Biel wurde im Herbst 2013 nach Vorbildern in Zürich und Bern die Selbsthilfegruppe «Nebelmeer» gegründet. Sie richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene in der Region, die ein Elternteil verloren haben (das BT berichtete).

Der Impuls dazu kam vom Rotary Club Nidau-Biel und der Frauenabteilung InnerWheel. Dort kam auch die ergänzende Idee für einen Suizidrapport auf, wie er in Zürich, Winterthur und St. Gallen schon existiert.

Dieser Rapport gehe weit über die Idee einer Selbsthilfegruppe hinaus, sagt Mitinitiant und Rotarier Urs Aebi. Denn «der Ansatz muss in der Prävention liegen, auch wenn Selbsthilfegruppen einen Zweck erfüllen». Gemeint ist: Man muss den Suizid ansprechen, bevor es dazu kommt.

Vernetzung der Fachleute
Die Idee des Suizidrapports ist es, Entscheidungsträger und Fachleute aus der Praxis zusammenzuführen und sie zu vernetzen. Teilnehmer sind sowohl Präventionsfachpersonen und Selbsthilfegruppen, aber eben auch Institutionen und Organisationen wie die Ambulanz, die Polizei, Psychiater, Seelsorger, Kirchen oder die SBB.  «Auch diese Leute haben oft Probleme, mit Suiziden umzugehen», sagt Aebi, der das als Arzt aus eigener Erfahrung weiss.

Ein Polizist müsse beispielsweise wissen, was er Angehörigen im spezifischen Fall empfehlen kann. Dafür muss er das Angebot und andere Institutionen kennen. Bei der Vernetzung ortet Aebi in der Region gegenwärtig ein Manko.

Grosses Interesse am Anlass
Der erste Suizidrapport Biel-Bienne findet heute Abend statt. Finanziert wird er vom Rotary Club, unterstützt von der Klinik Linde, wo Urs Aebi Vizepräsident des Verwaltungsrates ist. Aebi erhofft sich eine gute Diskussion – und dass die Idee ankommt. «Der Rotary Club gibt mit dem ersten Suizidrapport quasi Initialzündung. Unsere Hoffnung ist, dass sich die direkt betroffenen Organisationen dem Thema annehmen und eine andauernde, wiederkehrende Veranstaltung entsteht.» Die Sensibilität soll gestärkt werden.

Die Erfahrungen aus den Rapporten in Zürich und Winterthur hätten gezeigt, dass die Vernetzung funktioniere.

Rund 30 Personen werden am ersten Suizidrapport teilnehmen. «Das zeigt, dass wir einen Nerv getroffen haben», sagt Aebi.

Auch Biels Sicherheitsdirektor Beat Feurer und eine Vertreterin des Erwachsenen- und Kindesschutzes nehmen teil. Abteilungsleiter Bruno Bianchet ist zwar persönlich verhindert, aber auf das Ergebnis des Erstversuchs gespannt. «Es gibt bisher nichts Vergleichbares in der Region», sagt er, «eine Vernetzung macht sicherlich Sinn». Gerade beim Thema Suizid, das nach wie vor tabuisiert werde.

 

********** Hilfe für Betroffene

• Nebelmeer Biel: Selbsthilfegruppe für Jugendliche:  www.nebelmeer.net
• Verein Refugium für Hinterbliebene nach einem Suizid: Tel. 0848 001 888 oder www.verein-refugium.ch
www.ipsilon.ch: Dachverband Suizidprävention
• Verein Regenbogen: Selbsthilfevereinigung für Eltern: Tel. 0848 085 085 oder www.verein-regenbogen.ch
• Dargebotene Hand: Tel. 143

 

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