Sie sind hier

Abo

Mont Soleil

«Es geht nicht ums Verarbeiten, sondern ums Beobachten»

Andere setzen auf Aktiv-Ferien oder lassen sich bei Wellness-Kuren verwöhnen. «Telebielingue»-Mitarbeiterin Chrystel Breuer dagegen hat zehn Tage lang nach ihrem inneren Frieden gesucht. Für ihre Retraite brauchte sie nicht an einen exotischen Ort zu reisen. Auf dem Mont Soleil im Berner Jura fand sie, wonach sie gesucht hatte: Einen Ort der Ruhe, um jeden Tag stundenlang zu meditieren.

Chrystel Breuer: «Bei mir kamen sehr viele Dinge hoch, auch schöne Erinnerungen. Wir bestehen ja nicht nur aus Problemen. Das Schlimmste war, dass ich mich nicht darauf konzentrieren durfte.» Bild: Peter Samuel Jaggi
  • Dossier

Interview: Peter Staub

Chrystel Breuer, wie kam es, dass Sie in Ihren Ferien einen zehntägigen Meditationskurs gebucht haben, statt sich irgendwo an den Strand zu legen?
Chrystel Breuer: Wie viele andere Menschen bin ich immer sehr beschäftigt. Und die einzige Möglichkeit, einmal eine richtige Pause zu machen, mich für eine gewisse Zeit vollständig von meiner Verantwortung für Arbeit und Familie zurückzuziehen, sah ich darin, mich zwei Wochen lang ganz auf mich zu besinnen.

Gab es dafür einen Auslöser, zum Beispiel in Form einer Lebenskrise?
Ja. Das war infolge zweier tief greifender Ereignisse in der Familie.

Wie kamen Sie dazu, diese Retraite hier in der Gegend zu machen? Andere fahren dafür in den Tibet oder zumindest ein Kloster in der Innerschweiz?
Das war ein Zufall. Ich bin darauf gestossen, wie man das heute halt so macht: Ich recherchierte im Internet mit den Stichworten Retraite und Meditation. So stiess ich auf das Angebot von Vipassana Schweiz und ihrem Kurszentrum auf dem Mont Soleil, das Dhamma Sumeru. Da ich etwas suchte, das nichts mit einer Religion zu tun hat, sondern laizistisch ist, kam für mich ein Kloster nicht infrage. Dhamma Sumeru hingegen hat gepasst. Vipassana ist eine weltweite Organisation. Neben vielen Zentren in der ganzen Welt gibt es auch eines in der Schweiz. Und dieses liegt zufälligerweise im Berner Jura. Als ich auf der Karte entdeckte, wie nahe es bei Biel liegt, wo ich arbeite, dachte ich mir: «Das ist gut.»

Da konnten Sie sich dann einfach für einen Kurs einschreiben?
Das geht alles übers Internet. Ich habe mich angemeldet, wurde aber zuerst einmal auf die Warteliste gesetzt.

Haben Sie vorher noch genauer recherchiert, worum es sich da genau handelt? Sekten zeigen auch nicht immer gleich, dass hinter ihren Angeboten Religionsgemeinschaften stecken?
Ja, das war mir sehr, sehr wichtig. Ich stehe überhaupt nicht auf Sekten oder Gurus. Ich besuchte das Forum des Zentrums, wo ich die Bestätigung fand, dass es sich bei Vipassana nicht um eine Sekte handelt. Später fand ich heraus, dass Freunde von mir und sogar Familienmitglieder einen solchen Kurs absolviert haben. Allerdings nicht in der Schweiz, sondern in Myanmar, dem ehemaligen Burma, und in Indien.

Von Leuten, die eine solche Retraite in einem Kloster machen, weiss man, dass sie dort viel beten. Wie war Ihr Alltag auf dem Mont Soleil?
Im Dhamma Sumeru ist es ganz anders als in einem Kloster. Hier werden nicht stundenlang Mantras gesungen. Und hier wird auch nicht zu einem Gott gebetet. Die Philosophie, die hinter Vipassana steckt, besagt, dass alles, was passiert, aus sich selbst heraus passiert. Und nicht aus irgendeiner aussenstehenden Macht oder Gottheit.

Aber es gibt dennoch einen religiösen Hintergrund.
Ja, die Meditation geht ursprünglich auf Buddha zurück. Früher stand hinter dem Konzept von Vipassana eine kleinere, geschlossene Gruppe. Da musste man für die Kurse auch etwas bezahlen. Aber als die Gruppe spürte, dass sie in der falschen Richtung unterwegs war, fand sie zu dem zurück, was sie eigentlich immer sagen wollte: Es geht um die Botschaft der Liebe. Eine Liebe, die für alle Menschen auf der Welt offen sein soll.

Die Botschaft der Liebe reklamieren auch Religionen für sich, die aufs Schwert setzen. Aber das ist ein anderes Thema. Sie haben sich also für ein zehntägiges Meditationsseminar angemeldet. Sie wussten nicht genau, was Sie erwartet, aber Sie wussten, Sie dürfen zehn Tage lang nicht sprechen. War das nicht schrecklich?
Man darf nicht sprechen, man muss sein Handy und alle sonstigen elektronischen Geräte abgeben, diese werden weggeschlossen. Ich hatte also keine Möglichkeit, schnell mal zum Handy zu greifen. Auch das Essen ist reduziert. Und man hat einen klar strukturierten Tagesablauf, der um 4 Uhr beginnt und bis 21 Uhr dauert.

Wie war das nun mit dem Schweigen?
Bei allem, was man während dieses Kurses tun soll, damit er erfolgreich ist, war es bestimmt nicht das grösste Problem, nicht zu sprechen. Im Gegenteil, das war sogar angenehm. Es hat einfach gepasst.

Was war dann das grösste Problem?
Die Meditation. Sich von seinen Problemen und Verantwortlichkeiten zu lösen und wirklich in einen meditativen Zustand zu kommen. Wie bei allen Meditationen beginnt man damit, sich auf die Atmung zu konzentrieren. Das geht noch. Aber wir machten das nicht bloss zehn Minuten, wie etwa im Yoga, sondern elf Stunden pro Tag. Es geht um die Atmung und man konzentriert sich auf einen bestimmten Punkt. Das ist sehr schwierig, sich so lange auf eine Sache zu konzentrieren, bis man tatsächlich abschalten kann.

Und dazu verharrt man ständig in der gleichen Stellung. Ist das nicht sehr schwierig und mit der Zeit auch schmerzhaft?
Für manche Leute ist das tatsächlich brutal. Man nimmt eine Haltung ein, die man dann nicht mehr verändert. Wobei man sich in den ersten drei Tagen noch bewegen und auch mal aufstehen darf, das ist noch sehr locker. Wichtig ist in dieser Phase, dass man lernt, sich zu konzentrieren und sich von seinen üblichen Gedanken zu verabschieden.

Die Meditationsstellung ist vorgeschrieben?
Nein, gar nicht. Aber man sitzt schon in der Regel im Schneidersitz. Ab dem vierten Tag wird dann erwartet, dass man jeweils eine Stunde lang in derselben Stellung verharrt, ohne sich zu bewegen.

Wurden Sie am Anfang des Seminars instruiert, wie man richtig meditiert?
Diese Art zu meditieren, die Vipassana heisst, ist fantastisch organisiert. Die groben Linien werden im Voraus erklärt, da man danach ja nicht mehr sprechen darf. Also muss es laufen, ohne dass Fragen beantwortet werden.

Was passierte, nachdem Sie auf dem Mont Soleil ankamen?
Ich meldete mich an, bezog das Zimmer und am Abend gab es ein Gespräch mit einem Manager des Zentrums. Dieser erzählte, wie das Leben im Zentrum organisiert ist und wie der Kurs verlaufen wird. Da wusste ich ungefähr Bescheid.

Wie sah Ihr Tagesverlauf dann aus?
Jeden Morgen um 4 Uhr wurde der Gong zur Tagwacht geschlagen. Dann meditierten wir bis zum Frühstück, das es um 6.30 Uhr gab. Bis zu einem leichten Mittagessen um 11 Uhr meditierten wir wieder. Am Nachmittag und Abend: Meditation. Um 16 Uhr konnten wir Früchte essen, wenn wir wollten. Ein Abendessen gab es nicht.

Wie viele Leute waren in Ihrer Gruppe?
Wir waren 75 Personen, je ungefähr zur Hälfte Frauen und Männer. Da es für diese Kurse sehr lange Wartelisten gibt, kann das Management die Gruppen jeweils so zusammenstellen, dass die Geschlechter zu gleichen Teilen vertreten sind.

Meditierten Sie gemeinsam oder suchten sich alle einen Platz im Garten?
Während der Meditationen befanden sich alle im gleichen Raum, Männer und Frauen getrennt. Den Rest des Tages aber waren wir komplett nach Geschlechtern getrennt.

Wenn man solange meditiert, kommen einem wahrscheinlich viele Sachen in den Sinn, die man verdrängt hat. Wie war das bei Ihnen?
Der Sinn des Ganzen ist es gerade, alte Gedanken und alte Schmerzen, die man verdrängt hat, wieder an die Oberfläche zu lassen. Wobei der Sinn nicht darin liegt, diese Gedanken zu verstehen oder den Schmerz zu verarbeiten, sondern nur zu beobachten: Man wird zum Beobachter von sich selbst. Man soll schauen, was in einem passiert. Bei mir kamen sehr viele Dinge hoch, auch schöne Erinnerungen; wir bestehen ja nicht nur aus Problemen. Das Schlimmste war, dass ich mich nicht darauf konzentrieren durfte. Selbst wenn so ein unheimlich schöner Gedanke auftauchte, sollte ich mich nicht lange damit aufhalten. Das war schwierig.

Wenn bei Ihnen ein altes Trauma aufgetaucht wäre und eine Krise ausgelöst hätte: Bestand die Möglichkeit, mit jemanden darüber zu sprechen?
Ja, natürlich. Wir waren während der ganzen zehn Tage mit zwei Lehrern zusammen. Mit ihnen konnte man über seine Probleme sprechen. Es gab in unserer Gruppe ein paar Personen, die sehr stark reagierten. Die wurden gut betreut. Bei mir war das nicht notwendig.

Sie selber hatten also nie eine Krise? Wollten Sie nie abbrechen?
Doch, aber erst gegen Ende, am siebten, achten Tag. Weil ich Schwierigkeiten mit der Meditation hatte. Meine Gedanken drehten sich teilweise im Kreis, schweiften aber auch immer wieder ab. Ich schrieb in Gedanken Briefe an meine Freunde, legte mir im Kopf eine Liste mit Dingen an, die ich machen wollte, hatte Geschäftsideen. Das nervte mich, weil ich unbedingt meditieren wollte. Das war ein echter Kampf.

Konnten Sie Ihre Ideen aufschreiben oder war das untersagt?
Wir hatten jeden Abend eine «offene Stunde», wo wir allfällige Probleme mit den Lehrern besprechen konnten. Da sagte ein junger Mann, dass er eine geniale Geschäftsidee gehabt habe und fragte, ob er ein Stück Papier und einen Stift haben könne, um diese aufzuschreiben. Antwort: «Wenn die Idee so gut ist, kannst du sie nach dem Workshop aufschreiben.» Also nein. Wir konnten nichts aufschreiben.

Das heisst aber, dass Sie doch einmal pro Tag sprechen konnten?
Mit den Lehrern durfte man sprechen, wenn man ein Problem hatte. Mit ihnen konnte man einen Termin vereinbaren, wenn man Privates besprechen wollte.

Wie war Ihre Gruppe zusammengesetzt? Waren das alles Akademiker?
Es hat mich sehr verwundert, dass sie so sehr gemischt war. Es gab einfach alles: Ärzte, Therapeuten, ganz normale Leute wie ich, Studenten, Handwerker. Auch vom Alter her: Der jüngste war etwa 20, der älteste über 70 Jahre alt. Manche der Älteren konnten nicht mehr auf dem Boden sitzen; sie konnten in einem Stuhl meditieren.

Sie haben Ihr Zimmer erwähnt. War das ein Einzelzimmer?
Nein, wir waren vier Frauen in einem Zimmer, mit denen ich nicht sprechen konnte. Ich wusste nicht einmal ihre Namen.

Die sanitären Anlagen haben Sie sich auch geteilt?
Genau. Das Haus ist ein altes Ferienhaus und entsprechend eingerichtet.

Das Kurszentrum liegt in einer herrlichen Umgebung. Haben Sie etwas davon mitbekommen?
Das Haus selber ist sehr schön und auch schön gelegen, fast zuoberst auf dem Berg. Man hat also eine wunderschöne Aussicht auf das Tal und den Chasseral. Mir hat auch die Ruhe gut gefallen: Es gab keine Autos, keine Flugzeuge, keinen Lärm. Der Park der Anlage ist sehr schön, der eine Teil ist für Männer, der andere für Frauen. Das Gelände ist mit einem Seil markiert, das die Grenze anzeigt. Man soll das Gelände nie verlassen, ja sogar nicht einmal nach aussen schauen.

Wie war das für Sie, als Sie aus dieser Ruhe-Oase wieder in die «Zivilisation»zurückkehrten, mit all dem Lärm und der Hektik?
Für mich war es lustigerweise besonders schwierig, wieder zu sprechen. Eigentlich wollte ich gar nichts erzählen, weil meine Erfahrungen so intim und persönlich waren, diese wollte ich nicht unbedingt teilen. Den Lärm, den Sie angesprochen haben, habe ich als schmerzhaft erlebt.

Hatten Sie auch Schwierigkeiten, sich wieder in den Arbeitsalltag einzufügen, wo es auch hektisch zugeht?
Das war kein Problem, denn ich war ganz ruhig und ging die Arbeit mit ein wenig Abstand an. Aber sehr konzentriert, konzentrierter als vorher, da ich viele Probleme nicht mehr mit mir herumgeschleppt habe. Es war eine sehr gute Rückkehr.  

Sie haben erzählt, dass Sie das Handy abgeben mussten. Für manche Leute wäre das bereits nach zwei, drei Tagen ein Problem. Wann hatten Sie erste Entzugserscheinungen?
Das war eigentlich erst am letzten Tag der Fall. Da wollte ich doch wissen, was draussen los war. Ich war neun Tage von meiner Familie komplett getrennt und wusste nicht, wie es ihr ging. Wobei ich immer die Sicherheit hatte, dass ich von der Zentrumsleitung informiert worden wäre, hätte es einen familiären Notfall gegeben. Aber ich hatte natürlich auch keine Ahnung, was sonst in der Welt passiert ist. Das war komisch, denn normalerweise lese ich täglich Zeitungen und besuche im Internet Informationsplattformen. Die letzten drei Tage fragte ich mich zum Beispiel, ob irgendwo ein Krieg ausgebrochen war. Ob wir nun völlig von der Welt abgeschnitten waren, weil ein Irrer eine Atombombe gezündet hatte. Ich dachte: «Was ist, wenn ich vom Mont Soleil herunterkomme und da ist kein Mensch mehr?»

Das war zum Glück nicht der Fall. Wie erlebten Sie ihre konkrete Rückkehr, als Sie mit dem Funi nach Saint-Imier runterfuhren?
Ich habe mit dem Kondukteur gesprochen, der dort seit vielen Jahren arbeitet und ihn gefragt, ob er Vipassana kennt. Er sagte, dass er nicht genau wisse, was das sei. Aber eines wisse er sicher, sagte er: «Wenn die Leute zurückkehren, sind sie alle glücklich und sie lächeln alle.»

Wie haben Ihre Kinder reagiert, als Sie ihnen Ihre Auszeit ankündigten?
Mein Sohn ist fast 18 Jahre alt. Er war glücklich und sagte spontan: «Schön, dann habe ich zehn Tage lang die Bude frei.» Auch meine erwachsene Tochter, die studiert und nicht mehr zuhause wohnt, hat gut reagiert. Aber klar: Wir haben noch nie so lange nicht miteinander kommuniziert.

Hat Sie das belastet?
Nein, ich war immer während der Pausen in Gedanken bei den Kindern.

Und was sagten Ihre Kinder, als Sie wieder nach Hause kamen?
Sie waren sehr glücklich, was mich gefreut hat. Sie haben auch gemerkt, dass bei mir etwas passiert ist, dass ich mit einer neuen Ruhe zurückgekehrt bin.

Wenn Sie nun mit etwas Abstand auf das Seminar zurückblicken:Was hat es Ihnen nun gebracht?
Es hat mir sehr viel gebracht. Ich bin mit bestimmten Erwartungen angereist und mit ganz anderen Erfahrungen wieder gegangen. Vor allem hat es mir eine innere Ruhe gegeben, die ich sonst so nicht hatte.

Diese Ruhe spüren Sie auch 14 Tage später immer noch?
Ja. Die letzten zwei Tage auf dem Mont Soleil dienten dazu, uns wieder auf den Alltag vorzubereiten. Wie kann man die innere Ruhe konservieren? Da gibt es Regeln, aber die kann man befolgen oder nicht, wir sind ja freie Menschen. Man kann übrigens auch den Kurs jederzeit abbrechen, man ist ja nicht im Gefängnis. Bei uns ist allerdings niemand vorzeitig abgereist. Die Leute von Vipassana empfehlen, weiterhin zwei Stunden pro Tag zu meditieren. Einmal nach dem Aufstehen und einmal bevor man ins Bett geht.

Das praktizieren Sie nun?
Nein, das ist unmöglich. Aber das wusste ich schon im Voraus. Dennoch habe ich einiges gelernt, das ich auch zwischendurch einsetzen kann, wenn ich die Zeit dafür finde. Und im Alltag werde ich in hektischen Situationen zuerst schauen, was mit mir passiert, bevor ich reagiere.

Das Konzept des Zentrums sieht vor, dass der Kurs nichts kostet, dass man aber etwas spenden kann. Man könnte auch unbezahlte Arbeit für das Zentrum leisten. Wie haben Sie das gemacht?
Ich habe nach dem Seminar etwas gespendet. Aber ich habe auch vor, aktiv zu werden. Wenn ich dazu komme. In der nächsten Zeit wird das nicht der Fall sein, aber irgendwann schon. Das ist auch das, was Vipassana am meisten nützt, denn es fehlt dem Zentrum nicht an Geld, sondern an Menschen, die sich tatkräftig dafür engagieren; für einen, zwei oder zehn Tage. Es gibt viel zu tun, im Garten, im Haus. Man kann Gruppen managen oder kochen. Viel läuft über Freiwilligenarbeit.

Sie haben die Wartelisten für Interessierte erwähnt. Wie lange mussten Sie warten, bis Sie zugelassen wurden?
Zuerst hatte ich mich für eine andere Gruppe angemeldet, das klappte nicht. Bei der zweiten Gruppe ging es dann. Von meiner ersten Anmeldung bis zum Kurs dauerte es ein halbes Jahr.

Wem würden Sie einen solchen Kurs empfehlen?
Meinen Kindern und meinem Mann habe ich bereits geraten, den Kurs zu machen. Ich werde ihn auch meinen besten Freunden empfehlen. Eigentlich allen.


**********************


Zur Person

- Chrystel Breuer ist 48 Jahre alt. Sie hat in Marseille einen Master in Ton- und Filmtechnik gemacht. Die gebürtige Französin spricht deutsch und französisch. Sie wohnt in einem Vorort  von    Basel

- Seit zwei Jahren arbeitet sie bei «Telebielingue», wo sie für die Qualitätssicherung und das Untertitelungs-Team verantwortlich ist.

- Sie hat zwei Kinder, von denen eines studiert und das andere noch zuhause lebt.

 

**********************

 

Vipassana steht allen offen – unabhängig von deren Glauben

Vor 19 Jahren hat Vipassana Schweiz das Meditationszentrum Dhamma Sumeru auf dem Mont Soleil oberhalb von Saint-Imier gegründet. Und zwar in einem ehemaligen Kinderferienheim der Stadt Biel, das 1904 erbaut wurde. Der Kaufpreis betrug 420'000 Franken, der mit Spenden und Darlehen von ehemaligen Absolventen eines Vipassana-Kurses und einem Bankdarlehen abgedeckt wurde. Nach verschiedenen Umbauten und Renovationen bietet das Zentrum seit fünf Jahren Platz für insgesamt 80 Meditierende.
Vipassana Schweiz wurde 1986 als Verein gegründet, mit Sitz in Bern. Mitglied kann nur werden, wer die «Vipassana-Meditationstechnik selber praktiziert und sich bemüht, diese im täglichen Leben anzuwenden», heisst es in einer Informationsbroschüre des Vereins.
Weltweit gibt es etwa 160 Meditationszentren, in Europa neben dem Dhamma Sumeru in der Schweiz unter anderem in Deutschland, Frankreich und England. Die Vipassana-Zentren gehen auf Satya Narayan Goenka, normalerweise nur S. N. Goenka genannt, zurück. Er wurde 1924 im damaligen Britisch-Indien, heute Myanmar, geboren. 1969 leitete er in Indien seinen ersten Vipassana-Kurs. 1980 führte er den ersten Zehn-Tage-Kurs in der Schweiz durch. 2000 war er das letzte Mal in der Schweiz, am Weltwirtschaftsforum in Davos.
Goenka vertrat die Ansicht, dass Buddha keine Religion gelehrt habe, sondern einen Weg zur universellen Befreiung. Deshalb stehe seine Lehre grundsätzlich allen Menschen offen, unabhängig von deren Glauben oder Konfession.

 

Weder blinder Glaube noch Flucht – Ziel ist die «vollständige Befreiung»

Eine Broschüre zur Vipassana Meditation nach S. N. Goenka (siehe oben) sagt zuerst, was die Methode nicht ist. Vipassana sei «kein Ritual, das auf blindem Glauben beruhe und keine intellektuelle Beschäftigung oder philosophische Erbauung». Auch keine «Erholungskur» und keine «Gelegenheit zur Geselligkeit». Und erst recht soll es keine «Flucht vor den Prüfungen oder Schwierigkeiten des täglichen Lebens» sein.
Positiv formuliert:Es handle sich um eine «Technik, die das Leiden von der Wurzel her» auflöse. Es sei eine «Kunst der Lebensführung», die helfe «konstruktive Beiträge zur Gesellschaft zu leisten». Und eine Methode, die es möglich mache, «Problemen des Lebens ruhig und ausgeglichen zu begegnen». Die Meditation ziele «auf die höchsten geistigen Werte, die vollständige Befreiung und vollkommene Erleuchtung».
Der dafür notwendige «Prozess der Selbstläuterung durch Selbsterkenntnis» sei niemals einfach, man müsse hart daran arbeiten, heisst es weiter. Während des zehntägigen Meditationskurses müssen die Teilnehmer fünf Grundregeln beachten: Sie dürfen kein lebendes Wesen töten und nicht stehlen, sie sollen sich sexuell enthalten, nicht lügen und keine Rauschmittel konsumieren. Zudem müssen sie von Kursbeginn bis zum Morgen des letzten vollen Kurstages «Edle Stille» einhalten: Jede Kommunikation mit anderen Teilnehmern ist untersagt. Nur mit den Lehrern oder dem Management dürfen sie sprechen. Zudem müssen sie während des ganzen Kurses innerhalb des abgesteckten Kursgeländes bleiben.

 

Von der «Kunst zu leben» bis «Mögen alle Wesen glücklich sein»

In einem öffentlichen Vortrag, den S. N. Goenka 1980 in Bern hielt, sprach er davon, dass jeder «Frieden und Harmonie» suche. Vipassana hat diesen Vortrag in einer Broschüre mit dem Titel «Die Kunst zu leben» publiziert. Darin entwickelt Goenka die Grundgedanken, die hinter der Vipassana-Meditation stehen. Davon ausgehend, dass man immer dann unglücklich wird, «wenn sich jemand auf eine Art und Weise verhält», die man nicht mag oder sich etwas abspielt, was man nicht mag, sucht er nach Lösungen, die nicht in der Flucht vor solchen Zuständen endet. Anstatt vor dem Problem davonzulaufen, stelle man sich besser «der Wirklichkeit, wie sie ist».
Ein zentrales Element ist dabei die Beobachtung.  «Jede geistige Unreinheit verliert an Stärke, sobald man sie beobachtet. Sie klingt ab und verschwindet», sagte Goenka. Wobei bei dieser Beobachtung der Blick nach aussen und jener nach innen wichtig seien. Je mehr man solche Selbstbeobachtung praktiziere, desto weniger werde man selbst «etwas tun, das den Frieden oder die Harmonie anderer»störe.
Die Erfahrung der eigenen Realität, die Technik der Selbstbeobachtung werde Vipassana-Meditation genannt. Das dazu gehörende Training verlaufe auf drei Stufen. Man muss versprechen, alles zu unterlassen, was die Harmonie anderer stört. Der zweite Schritt gilt der Herrschaft über den eigenen Geist. Dann erfolge die Läuterung durch Einsicht in die eigene Natur. Goenka schloss den Vortrag mit den Worten: «Mögen alle Wesen glücklich sein.» pst


Was sagen Sie dazu: Meditieren, um weniger gestresst zu sein? Diskutieren Sie mit.

Link: www.sumeru.dhamma.org

Nachrichten zu Biel »