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Biel

«Es war ein Unfall»

Bei einem Brand in der Bieler Altstadt ist Ende November 2019 ein Mann gestorben. Gestern ist der Angeklagte vor Gericht gestanden. Er spricht von einem Unfall.

Das Feuer war am Montag, 25. November um 17 Uhr in einem Gebäude an der Bieler Obergasse ausgebrochen. Bild: bt/a

Am 25. November 2019 brach mitten in der Bieler Altstadt ein Brand aus und zerstörte mehrere Wohnungen. Dabei kam ein 55-jähriger Mann wegen einer Rauchgasvergiftung zu Tode. Die anderen Bewohner wurden über das Dach des Gebäudes gerettet.

Der Mieter im zweiten Stock, wo das Feuer ausgebrochen war, wurde noch am gleichen Abend verhaftet. Als erstes wurde er für eine fachärztliche Begutachtung in eine Klinik eingewiesen. Seit dem 14. Februar 2020 sitzt der 39-jährige Bieler in Untersuchungshaft (das BT berichtete).

 

Schizophrenie,
Suchtmittel-Abhängigkeit

Gestern begann am Regionalgericht Berner Jura – Seeland der Strafprozess. Der Angeklagte wirkte ruhig und gefasst, er trug einen schwarzen Jogginganzug und blaue Basketball-Schuhe. Damit sieht der Enddreissiger jünger aus, als er ist. Wenn man ihn so betrachtet, fällt es schwer, eine Beeinträchtigung zu erkennen. Aber das ärztliche Gutachten spricht eine andere Sprache: Der Mann leidet seit Anfang der 00er-Jahre an einer akuten paranoiden Schizophrenie. Zudem besteht eine Suchtmittel-Abhängigkeit.

Wenn er seine Medikamente regelmässig einnimmt, kann er quasi ein normales Leben führen. Er ist der bildenden Kunst zugetan, besonders der Malerei: «Vor dem Brandunfall bereitete ich mich auf eine Ausbildung zum Bijoutier vor», erklärte er.

Sobald er seine medikamentöse Behandlung aussetzt, beginnen die Probleme: Es entwickeln sich «Phasen der Dekompensation», wie die Gutachter erklären. Dann begeht er Ladendiebstähle. Dafür wurde er von Geschäften mit Zutrittsverbot belegt. Ausgerechnet in einer solchen Phase geschah der Brand in der Altstadt. Der Angeklagte bestreitet den Vorfall nicht: Vor dem Verlassen der Wohnung habe er einen vollen Aschenbecher in einen Abfallbeutel gekippt, in dem sich Papiertaschentücher befanden. «Ich rauchte damals drinnen, weil es mir auf der Terrasse zu kalt war.» Das Feuer sei von ihm niemals gelegt worden: «Es war ein Unfall.» Der Tod seines Nachbarn habe ihn tief berührt: «Danach habe ich viel geweint.»

Der Staatsanwalt stellte in seiner Anklage fest, dass dem Tod des Mannes eine «fahrlässige» Handlung zugrunde liegt. Allerdings erachte er zum heutigen Zeitpunkt eine stationäre Massnahme als angezeigt. Damit fordert er im Grunde die zwangsweise Unterbringung von in einer psychiatrischen Klinik. Trotz allem ist sich die Anklage sicher: «Der Vollzug einer Strafe hat keinen Sinn, wenn der Beklagte im Moment des Geschehens schuldunfähig war.»

 

Kausalzusammenhang bestritten

Dann hatte der Strafverteidiger das Wort. Er bestritt den Kausalzusammenhang zwischen dem Brandunfall und der psychiatrischen Erkrankung seines Mandanten. Der Anwalt stellte klar, dass die Krankheit und der Unfall zwei Paar Schuhe sind: «Auch gesunde Personen werfen gelegentlich aus Unachtsamkeit einen glühenden Zigarettenstummel in einen Papiersack.» Daher plädiert der Rechtsvertreter für eine ambulante medizinische Behandlung mit Begleitung durch einen Beistand. Der Gerichtsfall sei keine Strafsache, sondern Angelegenheit der zivilen Behörden, nämlich der städtischen Abteilung für Erwachsenenschutz. Die Einrichtung einer fürsorgerischen Massnahme sei die weniger nachteilige Lösung für seinen Mandanten, so der Fürsprecher. Er erinnerte daran, dass der Mann seit Februar 2020 ohne medizinische Betreuung» in U-Haft lebe. Deshalb verlange er die unverzügliche Freilassung. Das Urteil wird morgen verkündet.

Julie Gaudio/pl

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