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„Krawattenzwang“

Freitag in der Altstadt

Im persönlichen Blog berichtet Bernhard Rentsch, publizistischer Leiter der Gesamtredaktion und Chefredaktor „Bieler Tagblatt“ wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen/gesellschaftlichen Leben – dies immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Freitag in der Altstadt.

Krawattenzwang: Bernhard Rentsch
  • Dossier

Gerade eben habe ich irgendwo gelesen: „Die Bieler Altstadt ist tot.“ Nein, rufe ich dem Verfasser dieser Zeilen zu. Denn offenbar ist er in letzter Zeit (zu) wenig ennet der Kanalgasse unterwegs. Die Szene der kleinen, kreativen Geschäfte boomt, die Bieler Altstadt kann, darf und muss neu entdeckt werden.

Und ganz bestimmt war der Verfasser dieser Zeilen noch nie an einem „First Friday“ in der Bieler Altstadt unterwegs. Am 6. Mai 2016, also bald vor einem Jahr, haben die drei initiativen Bieler Reto Blösch, Olivier Paratte und Patrick Weiss eine Idee lanciert, die als Geheimtipp zu einem Grosserfolg wachsen könnte. Sogar Regen und auch die kalten Winterabende hat das Konzept überstanden. Am letzten Freitag wurde die Altstadt als Ort der Begegnung so richtig ins Zentrum gerückt und neu lanciert. Mit der warmen Jahreszeit werden die Abende zur Pflicht. Das Flanieren, das Sich-Begegnen, das Entdecken und Kennenlernen haben Hochkonjunktur.

Bravo, rufen die Begeisterten den „Erfindern“ zu. Die Idee wurde zur Realität, die Realität zum Erfolg. Man mag Biel, den Initianten, den Geschäftsinhabern und den Anwohnern diesen Erfolg gönnen.

Aber Achtung: Möge „First Friday“ das bleiben, was es jetzt seit einem Jahr ist. Ein Abend für diejenigen, die auch die restlichen Abende im Monat in der Altstadt arbeiten und leben, ein Abend, an welchem nie die Unvernunft Überhand nehmen kann. Der Erfolg birgt Gefahren, wie sie immer parallel auftauchen, wenn etwas „läuft“. Die Trittbrettfahrer lassen nicht auf sich warten. Klein und fein muss es bleiben, auch wenn man sich im Gedränge wiederfindet. Geschäft sollen diejenigen manchen, die ohnehin Geschäftsinhaber sind. Er sollen keine Marktfahrer oder externe Verpfleger geduldet werden. Lärm entsteht logischerweise, wenn viele Menschen zusammen sind. Am „First Friday“ ist dies nicht anders – nur bitte nicht noch mehr verstärkte Musik. Weitere Themen werden aktuell, wenn eine Masse gesteuert werden soll: Abfall, Toilettenproblematik oder gar Aggressionen. Die sollen die Besucher gleich selber regeln: Das eigene Ghüder nehmen wir mit und entsorgen es ordentlich, selbst wenn nicht alle fünf Meter ein Drecksack steht. Seien Sie so gut! WC-Gänge können erledigt werden, wo Anlagen vorhanden sind – werden Sie da gleich Kunde. Und Gewalt gehört ganz sicher nicht dazu.

Nur so kann die geniale Idee weiter wachsen und gedeihen. Nur so wird der erste Freitag im Monat für alle zum Pflichttermin. Und nur so kann ich allen Totengräbern zurufen: Die Bieler Altstadt lebt!

Link zur Webseite First Friday


brentsch@bielertagblatt.ch

Twitter: @BernhardRentsch

 

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