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Frauenförderung

Gleichstellung hinterfragt

Die Bielerin Sandra Schneider und weitere bürgerliche Grossrätinnen möchten am liebsten das Gleichstellungsbüro abschaffen.

Bild: zvg

Für rechtsbürgerliche Politikerinnen und Politiker ist klar: Die Gleichstellung von Mann und Frau ist längst Realität, der Kampf dafür also überflüssig. Jetzt nehmen SVP- und EDU-Grossrätinnen und -Grossräte auch im Kanton Bern einen Anlauf, die Gleichstellungsdebatte zu beenden. Die Gruppe um die Bieler Politikerin Sandra Schneider (SVP) schreibt in ihrer Motion: «Im Gegensatz zu unseren Müttern und Grossmüttern kennt die junge Generation heute keinen ‹Kampf der Geschlechter› mehr.» Auch würden sich viele junge Frauen gegenüber Männern nicht benachteiligt fühlen. Deshalb kommen die Parlamentarierinnen in ihrer Begründung des Vorstosses zum Schluss, dass es künftig auch keine kantonale Fachstelle für Gleichstellung mehr braucht.

Der Berner Regierungsrat – seit einigen Jahren wieder mit einer bürgerlichen Mehrheit – hält jedoch wenig von dieser Idee. Auf über drei Seiten erklärt er den Motionärinnen, weshalb es die Fachstelle eben doch noch brauche. Denn die Gleichstellung sei in der Bundesverfassung zwar verankert, und in vielen Bereichen seien Verbesserungen erzielt worden. Andernorts jedoch hapere es noch immer gewaltig.

So würden sich etwa Karrierechancen und Lohnentwicklung von Männern und Frauen noch immer gewaltig unterscheiden. Bei den Arbeitnehmern mit Vorgesetztenfunktion beträgt der Frauenanteil beispielsweise 35 Prozent, in Geschäftsleitungen grosser Unternehmen 8 Prozent und im obersten Kader der Berner Kantonsverwaltung (ohne Justiz) 24 Prozent. Die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern betrug 2014 in der Privatwirtschaft zudem 20 Prozent. Laut dem Bund sind 40 Prozent dieses Unterschieds nicht durch objektive Faktoren erklärbar. Und auch in der Politik sind Frauen untervertreten. Im bernischen Grossen Rat etwa kommen auf 103 Männer nur 57 Frauen.

Aus all diesen Zahlen zieht der Regierungsrat das Fazit: Es gibt weiterhin Handlungsbedarf bei der Gleichstellung von Mann und Frau. Die mit 210 Stellenprozenten dotierte Fachstelle leiste mit «bescheidenen Mitteln einen wirkungsvollen Beitrag» zur Erreichung dieser im Kanton.

Das letzte Wort hat nun der Grosse Rat. Marius Aschwanden

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