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Biel

Historischer Brunnen zertrümmert

Klammheimlich ist an der Mühlebrücke ein alter Kalksteinbrunnen zerstört worden. Die Denkmalpfleger stehen vor einem Rätsel. Die Baupolizei behält sich eine Strafanzeige gegen die Verantwortlichen vor.

Der schützenwerte Kalksteinbrunnen aus dem Jahr 1860 wurde mit Brachialgewalt abgebrochen. Damit geht ein weiteres Stück «Alt-Biel» verloren. Bild: fup/«Wilhelm Tell», Panoramio

von Patrick Furrer

Wer sich eines denkmalgeschützten Objekts «entledigen» will, hat von Gesetzes wegen strenge Regeln zu beachten. Er muss vorgängig die Denkmalpflege informieren und bei den Behörden ein Abbruchgesuch stellen.

Im Fall des neugotischen Kalksteinbrunnens an der Mühlebrücke 8 in Biel wurde dies unterlassen. Vor eineinhalb Wochen wurde der 150-jährige Brunnen mit Brachialgewalt abgerissen. Weder die städtische Kontrollbehörde noch die kantonale oder kommunale Denkmalpflege war informiert. Mit Presslufthammer und Schlagwerkzeug zertrümmerten zwei Handwerker das Objekt im Innenhof und verfrachteten es als Schutt auf den Laster. Der Schaden ist irreparabel. Wie BT-Recherchen ergeben haben, wurden die Steinreste längst entsorgt.

 

Amtsweg missachtet

Wie es zum unerlaubten Abbruch kam, ist nicht geklärt. Stadt, Kanton, Handwerker, Gebäudebesitzer und Verwaltung sehen sich alle vor ein Rätsel gestellt. Die Baupolizei hat aufgrund der Anfrage des «Bieler Tagblatts» eine Untersuchung eingeleitet. Christophe Winistörfer von der Dienststelle Baubewilligungen und Kontrollen sagt, es sei nie ein Abbruchgesuch eingereicht worden. Die Baupolizei habe von nichts gewusst. «Wir behalten uns vor, weitere Schritte einzuleiten und gegebenenfalls Strafanzeige einzureichen», so Winistörfer.

Der ordentliche Amtsweg wurde offenbar missachtet. Michael Gerber von der kantonalen Denkmalpflege spricht von einem undurchsichtigen Fall. Als Teil des Mühlebrücke-Ensembles komme dem Brunnen «eine hohe Wichtigkeit» zu. «Es ist klar, dass beim Abbruch eines solchen Brunnens der Einbezug der Denkmalpflege nötig ist.»

Unterstrichen wird seine Aussage von seiner Kollegin in Biel, der städtischen Denkmalpflegerin Karin Zaugg. Auch sie sagt, man sei völlig überrascht worden. Die Angelegenheit sei auch deshalb «kritisch», weil nicht zum ersten Mal ein Bieler Brunnen verschwunden ist.

Es soll sogar vorgekommen sein, dass historische Brunnen abtransportiert und gestohlen wurden. Spontan fällt ihr das Beispiel des vor zirka zwei Jahren verschwundenen Lindenhof-Brunnens an der Bözingenstrasse ein. Es handle sich aus denkmalpflegerischer Sicht keineswegs um eine Lappalie.

 

Fragezeichen bei Verwaltung

Beauftragt wurden die Handwerker von der Immofirma Wyssbrod aus Ipsach, die den Gebäudekomplex für ein Besitzerehepaar aus Oberengstringen im Kanton Zürich verwaltet. Chef Ueli Wyssbrod zeigt sich auf Anfrage geschockt über den Vorfall. Nach einer dreiwöchigen Absenz erreichte ihn die Nachricht erst gestern. «Das ist alles sehr tragisch», sagt er. Das Vorgehen entspreche ganz und gar nicht der Vorgehensweise der Firma, die ihm und seinem Bruder Sandro Wyssbrod gehört. «Im Gegenteil», beteuert Wyssbrod, «das Thema Denkmalschutz ist uns sehr wichtig.» Mehrere hunderttausend Franken hat die Firma beispielsweise in das alte Ofenhaus am Bahnweg in Ipsach investiert. Einen Vorsatz habe es bestimmt nicht gegeben. Er wolle der Frage, wo der Fehler passiert ist, sofort nachgehen, verspricht Wyssbrod. Vermutlich sei er aber hausgemacht. Um die Sache zu klären, habe er nun Kontakt zu den Behörden und der Denkmalpflege aufgenommen.

 

Wer sagt die Wahrheit?

Zur Knacknuss könnte die Frage werden, ob die Stadt tatsächlich nie über den Abbruch informiert wurde. Gemäss Christophe Winistöfer hat es auch nie eine Voranfrage von Verwaltung oder Besitzer gegeben.

Die Mitbesitzerin des Gebäudekomplexes, Claudia Trüb, sagt hingegen, ihres Wissens nach habe man der Stadt sogar angeboten, ihr den Brunnen als Geschenk zu überlassen. «Gewisse Abklärungen wurden getroffen», erklärt sie. Doch habe niemand den historischen Brunnen übernehmen wollen. Ein Brunnen, der gemäss Wyssbrod schon seit Langem nicht mehr funktionierte.

 

Kommentare

fup

@christof: Fotografiert wurde der Abbruch von einem Journalisten. Es stellte sich erst danach heraus, dass die Sache dubios ist. Deshalb wurde jetzt aber entsprechend auch dieser Artikel publiziert. Weshalb bei der Stadt niemand irgendetwas gehört oder getan hat? Eine sehr gute Frage.


wilsch28

Dieselben Naturkräfte, die uns ermöglichen, zu den "Sternen" zu fliegen, versetzen uns auch in die Lage, unseren "Stern" zu vernichten. - ICI C'EST L'FRIC


christof

Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehl der Glaube. Da wird laut gehämmert und gearbeitet und ein denkmalgeschützter Brunnen demoliert und NIEMAND sieht und hört das ???? Das Ganze wird auch noch von irgend jemandem fotografiert, sogar mit den beiden Arbeitern. Und alle wollen nichts wissen !! Jemand muss ja diesen Arbeitern den Auftrag gegeben haben und sie auch bezahlen. Ich hoffe nur, dass die Übeltäter gefunden werden. Was nützen 2-3 Parkplätze mehr ??? Denn darum ging es ja.


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