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Biel

«Ich esse etwa 300 Gramm Marroni pro Tag»

Er ist wieder da: Marronimann John Gut. Seit 1920 versorgt seine Familie Biel mit heissen Marroni. Mit den ersten Marroni der Saison ist Gut sehr zufrieden.

Symbolbild: Keystone

Interview: Mengia Spahr

John Gut, Sie nehmen die Marroni mit blossen Händen aus dem Kohlefeuer. Ist das nicht furchtbar heiss?

John Gut: Man verbrennt sich schon regelmässig die Hände. Das ist Berufsrisiko. Ich sage einfach: Die ersten 100 Jahre verbrennt man sich, dann gewöhnt man sich daran.

Essen Sie selber viel Marroni?

Ich esse etwa 300 Gramm pro Tag, das macht rund 50 Kilogramm pro Saison. Ich bin mein bester Kunde. Ich liebe diese Herbst- und Winterfrucht, seit ich ein kleiner Junge war. Marroni zu essen, macht glücklich. Ein Marroni braucht 2000 Stunden Sonne, bis es reif ist. Die Früchte strahlen diese Wärme aus, das spürt man von innen. Marroni sind das gesündeste Fast Food, das es gibt. Dass auch mal ein Wurm drin ist, ist ein gutes Zeichen. Es gibt ja viele Dinge, in die der Wurm gar nicht mehr rein geht. Im Moment haben wir aber wirklich Bombenware, sogar ganz ohne Würmer.

Woher kommen denn Ihre Marroni?

Die jetzigen kommen aus dem Piemont. Wir haben einen Agenten in Italien, der für uns die besten Marroni sucht. Ohne ihn ginge es nicht. Damit dieses Geschäft gut funktioniert, braucht es wunderbare Leute im Hintergrund. Das sind keine Disponenten oder so, das sind richtige Freunde.

Essen Sie Marroni nur in gebratener Form?

Ja.

Keine Vermicelles?

Nein. Ich habe zwar Konditor-Confiseur gelernt, aber ich stehe überhaupt nicht auf Vermicelles.

Was macht der Marronimann im Sommer?

Während der Saison arbeite ich täglich 14 Stunden an sieben Tagen die Woche. Im Sommer kompensiere ich meine Überzeit und bin Pilger. Auf dem Pilgerweg hat man Zeit, über Sinn und Unsinn nachzudenken. Das tut dem Kopf gut, dem Geist und dem Körper. Es gibt mir die Kraft, im Winter weiterzuarbeiten. Dieses Jahr bin ich zum vierten Mal nach Santiago de Compostela gelaufen. Ich war drei Monate unterwegs und bin erst Ende September zurückgekehrt.

Dann haben Sie nicht damit gerechnet, am 1. Oktober die Saison einzuläuten?

Nein, ich beginne schon lange nicht mehr am 1. Oktober. Ich beginne erst, wenn die guten Marroni auf dem Markt sind. Bis alles hier organisiert ist, habe ich jeweils schlaflose Nächte. Bevor ich vor einer Woche anfing, habe ich sechs Tests gemacht mit verschiedenen Sorten. Ich brate die Marroni, prüfe sie auf die Grösse, den Geschmack und die Schälbarkeit. Später in der Saison verkaufe ich auch Clementinen und Orangen, aber im Moment sind sie noch nicht gut. Man muss ihnen Zeit lassen, um zu reifen.

Wie erleben Sie die Stimmung auf dem Bahnhofplatz?

Die Stimmung ist viel weniger bedrückt als letztes Jahr. Jetzt sieht man wohl Lichtblicke, wir haben gewisse Freiheiten zurückerlangt.

Die letzten Tage war auch das Wetter toll.

Es war etwas zu warm für Marroni. Wir mögen es natürlich, wenn wir zwischen fünf und zehn Grad haben – und Nebel.

Da sind Sie ja in Biel nicht am falschen Ort.

Ja, ab heute wird es gut. Wir sind froh.

Stichwörter: Marroni, Biel, Essen

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