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Titelgeschichte

«Ich hatte sehr viel Glück im Leben»

Der zurzeit in Biel lebende Pianist Peter Aronsky trat an weltberühmten Festivals wie dem Lucerne Festival, den «Proms» oder den Salzburger Festspielen auf. Er leitete verschiedene Klassikfestivals in St. Moritz, darunter «Snow and Symphony». Während der
Coronakrise spielte er online 57 «Balkonkonzerte». Nun schmiedet der 75-jährige Musiker und Konzertveranstalter neue Pläne.

Peter Aronsky: «Biel ist eine tolle, farbige Stadt. Ich kenne keinen anderen Ort mit einer so grossen Seeanlage.» Peter Samuel Jaggi

Annelise Alder

«Wir sind sehr glücklich hier», sagt Peter Aronsky. In der Tat wähnt man sich fast wie im Paradies. Der Garten grenzt direkt an den Bielersee. An der kleinen Anlegestelle schlagen sanfte Wellen an zwei vertäute Ruderboote. Der Blick in die Weite offenbart ein grandioses Panorama mit Schneebergen am Horizont.

«Biel ist eine tolle, farbige Stadt. Ich kenne keinen anderen Ort in der Schweiz mit einer so grossen Seeanlage», schwärmt der 75-jährige Pianist. Peter Aronsky fühlt sich nicht nur am Wasser, sondern auch in den Bergen wohl. Nach St. Moritz, wo er ein weiteres Haus besitzt, darf er aber nicht. «Mein Arzt hat mir die Reise ins Engadin aufgrund meiner Herzprobleme verboten», sagt er. Doch die Zeit wird kommen, in der der Pianist und Konzertveranstalter wieder ins Bündnerland zurückkehren kann. Peter Aronsky wuchs zwar in Zürich auf, doch er ist eng mit dem Engadin verbunden. Bereits als Kind reiste er regelmässig in den Nobelkurort in die Skiferien. Vor 30 Jahren liess er sich in St. Moritz nieder. Dort leitete er während insgesamt 15 Jahren verschiedene Klassikfestivals. Doch dann zwangen ihn gesundheitliche Probleme zum Rücktritt. Auch das Klavierspielen, sein eigentliches Metier, musste er zeitweilig aussetzen. Peter Aronsky beklagt sich dennoch nicht. Im Gegenteil: Beim Rückblick auf sein in vielerlei Hinsicht atemberaubendes Leben schwingt auch Stolz mit.

Erfolgreich bereits in jungen Jahren

Die Kindheitsjahre waren nicht nur einfach. «Es war schwer, mit meiner Mutter auszukommen, denn sie war sehr ehrgeizig», sagt er. Bereits als Kind lernte er Violine und Klavier spielen. Im Alter von zwölf Jahren trat er erstmals als Solist in einem Orchesterkonzert auf. Das Lehrdiplom an der Musikhochschule absolvierte er im Alter von 17 Jahren. Eine Seltenheit, ebenso das Prädikat «mit Auszeichnung», das er für sein Konzertdiplom erhielt. Zu seinen Lehrern an der Musikhochschule in Zürich gehörte Hans Andrea. «Er war ein hervorragender Pädagoge», erzählt Peter Aronsky. Zudem besuchte er Meisterkurse beim legendären Pianisten Géza Anda. Seine erste Stelle erhielt der junge Pianist im Alter von 17 Jahren an der Musikschule in Dietikon, mit 19 wurde er Lehrer am Seminar in Wetzikon. «Das war eine sehr gut bezahlte Stelle. Doch weil sich parallel zu dieser Tätigkeit meine Karriere als Konzertpianist so gut entwickelte, wollte ich die Stelle künden. Der Rektor gewährte mir ein Jahr Urlaub, in der Annahme, dass mir Sicherheit wichtiger sei als meine Karriere und ich zurückkommen würde», erzählt er. Doch Peter Aronsky ist bis heute nicht nach Wetzikon zurückgekehrt.

Bereits während seiner Zeit an der Zürcher Musikhochschule trat der angehende Konzertpianist im Ausland auf. Dort wurden Agenten auf ihn aufmerksam, sodass sich nach und nach viele Auftrittsmöglichkeiten ergaben. «Ich habe viel Kammermusik gemacht und ich bin mit berühmten Sängerinnen aufgetreten wie Lucia Popp oder Agnes Baltsa». Auch die damals weltbekannte Schweizer Sängerin Lisa della Casa wollte ihn kennenlernen. «Ich besuchte sie nach einem Konzert in ihrem Solistenzimmer und stand unglücklicherweise auf die Pfote ihrer Deutschen Dogge, die sie immer dabeihatte», erzählt er. «Sie hat mir diesen Fauxpas jedoch verziehen», fügt er schmunzelnd hinzu.

Es ist kein Zufall, dass Peter Aronsky häufig mit Sängerinnen und Sängern zusammengearbeitet hat. «Gesang war mir immer wichtig», sagt er. So besuchte er auch einen Chorleitungskurs. Gerne hätte er auch Oper dirigiert, denn: «Die Oper ist für mich die vollkommenste Musikkunst.» Es sollte sich jedoch nicht ergeben, auch weil die Karriere des Konzertpianisten dazu kaum Zeit liess.

Klassik und Schweizer Komponisten

Peter Aronsky ist an den grossen internationalen Musikfestivals aufgetreten, allein acht Mal an den renommierten Salzburger Festspielen. «Ich habe jedes Mal nur Mozart gespielt», sagt er. «Immer mit dem Mozarteumorchester, deren Mitglieder bald meine Freunde wurden. Während der Konzerte im wunderschönen Barocksaal fühlte ich mich jeweils dem Himmel nahe». Peter Aronsky spielt am Liebsten klassische Komponisten, weil er «den harmonischen Klang» mag. Mozart und Chopin schätzt er besonders. «Die Klavierkonzerte von Brahms liegen mir weniger. Deshalb sagte ich ab, als ich angefragt wurde, zusammen mit Herbert von Karajan Brahms aufzuführen.»

Sein Klavierrepertoire umfasst auch Musik des 20. Jahrhunderts, wenn auch mit einem besonderen Akzent. «Ich setzte mich besonders für zeitgenössische Schweizer Komponisten ein. In meinen Klavierrezitals baute ich regelmässig Werke Schweizer Komponisten wie Rudolf Kelterborn, Franz Tischhauser, Leo Nadelmann oder Frank Martin ein. Den Sängerinnen, mit denen ich zusammenarbeitete, riet ich, Lieder von Franz Tischhauser zu singen. Es sind grossartige Gesänge mit teils lustigen Texten, etwa von Theodor Storm.» In Amsterdam spielte Peter Aronsky ein Programm nur mit Werken des Schweizer Komponisten Frank Martin. Seine anspruchsvollen «Préludes» präsentierte er auch an der Expo in Lausanne im Jahr 1964. «Die Musik von Frank Martin ist höchst eindrücklich», sagt er dazu, «aber sehr schwer, auswendig zu lernen. Ich bin jedes Mal fast durchgedreht!»

Skilehrer und Konzertpianist

Die Konzertkarriere des Pianisten beschränkte sich nicht nur auf Europa. Peter Aronsky fasste auch in den USA Fuss. Zu verdanken ist dies seiner Liebe zum Schneesport. «1964 erwarb ich das Bündner Skilehrerpatent. Der Zufall wollte es, dass ein reicher Amerikaner zu meinen Skischülern gehörte. Er hiess Gilbert Mackay. Er finanzierte meine erste Amerikatournee».

In den USA lernte Peter Aronsky weitere damals bedeutende Musikerpersönlichkeiten kennen. Einer von Ihnen war der grosse Dirigent George Szell, «ein strenger älterer Herr». Dass es dazu kommen sollte, ist wiederum Glück und der Weitsicht des Pianisten zuzurechnen. «Ich mietete am Flughafen ein Auto, fuhr aber 200 Meilen in die falsche Richtung. Zum Glück berechne ich für alle meine Treffen immer genug Zeit ein, sodass ich es doch noch zum vereinbarten Termin schaffte.»

Ein Konzert in San Francisco organisierte ein Manager einer Versicherungsgesellschaft, allerdings auf ziemlich unkonventionelle Weise, wie Peter Aronsky erzählt: «Das Publikum, alles Kunden und Bekannte des Managers, hat er per Expressbrief eingeladen, weil das Konzert zwei Tage später stattfinden sollte.»

Besonders häufig ist Peter Aronsky in London aufgetreten. «Ich durfte dort mit den besten Orchestern spielen wie dem Royal Philharmonic Orchestra oder dem London Symphony Orchestra. Für einen jungen Künstler wie mich war das eine grossartige Erfahrung», sagt er. Im Rahmen der legendären «Proms» in der Royal Albert Hall spielte er dreimal das grosse b-Moll-Klavierkonzert von Peter Tschaikowsky. Doch der Saal behagte ihm nicht: «Es ist schwierig, in diesem grossen Saal den Kontakt zum Publikum herzustellen.» Dank einem anderen denkwürdigen Konzertaufritt in der Themsestadt schaffte Peter Aronsky es sogar einmal auf die Titelseite der «Times», wie er nicht ohne Stolz erzählt: «Einmal bin ich kurzfristig für eine erkrankte Pianistin eingesprungen. Mir blieben nur 10 Minuten Zeit, um mich vorzubereiten.» Die ehrwürdige Tageszeitung titelte ihn am nächsten Tag mit «Samaritan Soloist» – als barmherzigen Solisten.

Peter Aronsky bestritt auch Konzerttourneen. Auf diejenige nach Südamerika begleitete ihn ein Seeländer. «Edwin Hafner galt damals als hervorragender Klavierstimmer. Ich lernte ihn über seinen Sohn Hans kennen, der in Nidau eine Arztpraxis betrieb und mit dem ich gut befreundet war», sagt er. Peter Aronsky wurde übrigens nicht nur in Südamerika, sondern auch auf seiner Indien-Tournee vom Nidauer Klavierstimmer begleitet.

Persönliche Schicksalsschläge

«Ich hatte sehr viel Glück im Leben», sagt Peter Aronsky im Gespräch. Doch der Pianist musste auch persönliche Schicksalsschläge hinnehmen. 1985 starb seine erste Frau an Krebs. Sie hinterliess drei halbwüchsige Söhne. Trost holte er sich bei einem langjährigen Freund in St. Moritz, der ebenfalls Witwer geworden war, wie Peter Aronsky erzählt: «Seine Frau war ebenfalls an Krebs gestorben. Wir beide sind abends oft bei einer Flasche Wein zusammengesessen und haben uns gegenseitig bemitleidet. Eines Tages bot mir mein Freund ein Stück Land am St. Moritzersee zum Kauf an. Das war ein Geschenk des Himmels.» Denn mit dem Haus, das Peter Aronsky an dieser heute noch einmaligen Lage bauen liess, legte er den Grundstein für sein Wirken als Engadiner Konzertveranstalter.

«Ich war dankbar und wollte unbedingt der wunderbaren Engadiner Landschaft etwas Kreatives entgegensetzen», sagt er. Ein Klassikfestival gab es bereits, nämlich die Engadiner Konzertwochen. Schauplatz der Aufführungen bildeten meist die heimeligen Kirchen im Tal. Doch die Zeit mit den grossen Stars der Szene wie Pierre Fournier, Clara Haskil oder auch Wilhelm Backhaus war bereits vorbei.

Potente Sponsoren

Peter Aronsky gelang es, dem Engadin wieder etwas von seinem verlorenen Musik-Glamour zurückzugeben. «Dank meinen Kontakten konnte ich viele grosse Namen der Klassikszene verpflichten.» Dazu gehörten Vesselina Kasarova, Nigel Kennedy oder James Galway. Während 15 Jahren leitete er Musikfestivals wie «Snow and Symphony» oder «Art and Symphony».

Dabei wurden die grossen Luxushotels in die Veranstaltungen miteinbezogen, denn: «Ich wollte unbedingt die wunderbaren Jugendstilsäle der Grandhotels in Konzertsäle umwandeln». Die Winterfestivals fanden jeweils gegen Ende der Saison statt. «Dann sind die grossen Hotels ja meist leer», sagt er. Mit den Kunden und Freunden der Sponsoren als Übernachtungsgäste half er den Hoteliers, das Saisonende noch etwas hinauszuzögern. Denn Peter Aronsky gelang es auch in diesem Bereich, klangvolle Namen einzubinden: «Die Zürich Versicherung war mein erster Sponsor, weil der Chef Rolf Hüppi ein guter Freund von mir ist.» Zu den ersten Sponsoren gehörte auch die Deutsche Bank. Joseph Ackermann, der Manager der Bank rief ihn eines Morgens an, wie Peter Aronsky erzählt: «Hier ist Ackermann, der von der Deutschen Bank. Würde es Sie stören, wenn wir Ihr Festival sponsern?» Peter Aronsky nahm dieses Angebot natürlich dankend an: «Ich sagte ihm, dass mich das riesig freuen würde.»

Gute Freunde, gute Geschäfte

Die Deutsche Bank blieb während zehn Jahren Peter Aronskys finanzieller Partner. Während dieser Zeit entwickelte sich «Snow and Symphony» von einer Wochenendveranstaltung zu einem dreiwöchigen Event. Weitere Festivals kamen dazu wie «Golf and Symphony», das später zu «Art and Symphony» mutierte, später gingen die Anlässe in den «Graubünden Festivals» auf. Jährlich eine Million Franken generierte Peter Aronsky von seinen Sponsoren.

«Ich habe natürlich auch andere Firmen angefragt. Eine war Sunrise. Sie war zwar interessiert, aber sie hatte damals im Jahr 1998 keine Sendebewilligung in St. Moritz, weshalb ein Sponsoring für sie nicht in Frage kam. Ich versprach ihnen eine Sendebewilligung, wenn sie das Festival unterstützen würden.»

«Das schaffen Sie nie, wir haben es bereits mit unseren besten Anwälten versucht», war ihre Antwort. Doch es hat geklappt, wie Peter Aronsky erzählt: «Ich hatte ja gute Freunde in St. Moritz. Die gesamte Direktion der Sunrise kam mit dem Helikopter für die Schlussverhandlungen eingeflogen.»

Sponsoring ist ein gegenseitiges Geschäft, das war dem gewieften Konzertveranstalter natürlich klar. Er setzte deshalb alles daran, seine Finanzierungspartner mit teils spektakulären Aktionen zufriedenzustellen. Für Fiat liess er ein Auto von einem Pistenfahrzeug auf die Bergstation des Skigebiets transportieren und die Zürich Versicherung durfte auf allen Bergbahnen Werbung platzieren. Das Konzertpublikum kam auch nicht zu kurz. Nicht nur gelang es ihm, klangvolle Namen und grosse Orchester ins Engadin zu locken. Peter Aronsky selbst sorgte für einzigartige Musikerlebnisse, darunter ein Klavierrezital bei Vollmond auf der Bergstation des Piz Corvatsch auf 3303 Metern mit anschliessender gemeinsamer Talfahrt auf den Skiern.

Künstlicher Hall, Pizza, Champagner

Auch neue technische Errungenschaften gehen auf das Konto des wirbligen Konzertmanagers. Weil sich die Speisesäle der Grandhotels akustisch schlecht für Orchesterkonzerte eignen, tüftelte Peter Aronsky zusammen mit dem renommierten Tontechniker Jürg Jecklin an einer Möglichkeit, ihre Klangqualität aufzubessern. Die Philharmonica Marchigiana unter der Leitung von Gustav Kuhn diente als Experimentierfeld. Der Ort des ersten Orchesterkonzerts mit technischem Support: Der grosse Speisesaal des berühmten Hotel Palace St. Moritz. Ein paar Studierende von Jürg Jecklin halfen mit bei der Mikrofonierung. Das Ziel: künstlicher Hall.

Das Ergebnis: Es übertraf alle Erwartungen, wie Peter Aronsky erzählt: «Nach den ersten paar Takten des Orchesters habe ich fast geweint vor Freude. Man wusste damals ja nicht, ob künstlicher Hall mithilfe von Mikrofonen tatsächlich funktioniert. Zudem war das eine kostspielige Angelegenheit». Das Risiko hat sich offenbar gelohnt – und blieb nicht ohne Folgen, wie eine weitere Anekdote aus dem reichhaltigen Fundus Peter Aronskys illustriert: «Aus Dankbarkeit über das gelungene Experiment gab ich dem Palace den Auftrag, dem Orchester in der Pause Champagner und Pizza zu servieren. Die Rechnung, die ich anschliessend erhielt, hat mich fast umgehauen. Sie betrug dreitausend Franken!»

Schaden, gesundheitliche Probleme

Leidenschaftlicher persönlicher Einsatz: So könnte man das Lebensmotto des Peter Aronsky umschreiben. Im Festivalbüro waren nämlich nur gerade drei Personen angestellt, davon war einer ein Praktikant. «Für die Fotos war meine Frau zuständig.» Peter Aronsky hatte 1990 nämlich wieder geheiratet. Unterstützt wurden die Veranstaltungen zudem von unzähligen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. «Beim gemeinsamen Abschlussessen kamen jeweils gut 50 Personen zusammen», erinnert sich der Konzertveranstalter.

Der grosse persönliche Einsatz blieb nicht ohne Folgen. «Ich wollte nicht mehr so viel arbeiten und war auf der Suche nach einer Nachfolge. Eine Geschäftsführerin, die ich eingestellt hatte, hat mich jedoch hintergangen. Der Schaden war riesig.»

Zu den finanziellen Einbussen gesellten sich auch gesundheitliche Probleme. 2013 musste Peter Aronsky nach einer Operation in Samedan notfallmässig mit der Rega nach Zürich transportiert werden, weil sein Herz ausgesetzt hatte. Im Jahr darauf erlitt er genau dasselbe Schicksal. Kurz darauf war ihm die Bauchdecke geplatzt – ein gesundheitlicher Tiefpunkt erreicht.

«Ich wäre dreimal fast gestorben», sagt Peter Aronsky. Zur Erholung kam er in die Klinik Schloss Mammern am Bodensee. Fünf Wochen verbrachte er in der Rehabilitation. Bei seiner Genesung spielt die Musik eine wichtige Rolle: «In einer Kapelle in der Nähe der Klinik stand ein alter Bechstein-Flügel. Darauf spielte ich seit langem wieder ein paar Töne. Das Gefühl dabei vergesse ich nie mehr. Das war ein grossartiger Moment».

Ein Haus mit Badeplatz am See

Peter Aronsky fand wieder ins Leben und zur Musik zurück. Nicht aber ins geliebte Engadin. Noch kann er aufgrund seiner Herzprobleme nicht ins Hochtal reisen, aber: «Bald darf ich wieder zu meinem Haus zurück». In Biel, wo er derzeit lebt, ist ihm offensichtlich sehr wohl. «Wir wollten unbedingt ein Haus mit einem Badeplatz an einem See», sagt er.

Auch zu diesem Haus kam der Pianist per Zufall, wie er erzählt: «Ich fahre ja schon seit 40 Jahren über Biel nach Tramelan, wo wir ein Ferienhaus besitzen. Bei einem Zwischenhalt in der Nähe von Biel stiess ich auf ein Inserat in einer liegengebliebenen Ausgabe der Berner Zeitung. ‹Haus mit Hafen zu verkaufen›, stand da. Wir waren natürlich nicht die einzigen Interessenten. Aber ich verstand mich sehr gut mit dem Verkäufer. Weshalb? Weil er immer am Engadiner Skimarathon teilnahm und jeweils im Hotel Waldhaus am See in St. Moritz logierte, also in unmittelbarer Nähe von meinem Haus.»

Derzeit kümmert sich der Pianist vor allem um seine Gesundheit. «Ich setze mich täglich aufs Trainingsvelo, gehe regelmässig ins Fitnessstudio und wenn ich im Jura bin, reite ich viel.» Auch seine Stimme hat er wieder zurückerhalten. «Wegen dem Schlauch, den man mir während der letzten Operation in den Rachen geführt hatte, konnte ich kaum sprechen. Die Ärzte in Zürich waren ratlos. Im Rotary-Club in Biel lernte ich den Arzt Daniel Althaus kennen. Er löste mein Sprechproblem innert kurzer Zeit», sagt Peter Aronsky über den Bieler Hals-Nasen-Ohren-Spezialisten und fügt hinzu: «Er ist ein Genie».

Balkonkonzerte und Chopin

Klavierspielen ist ebenfalls wieder zu einem täglichen Ritual im Leben des Pianisten geworden. Unmittelbaren Anlass dazu gaben die «Balkonkonzerte», die er während des Lockdowns anbot. «Die Idee dazu kommt eigentlich aus Italien», erzählt er. «Meine Frau schlug mir vor, solche Online-Kurzkonzerte für meine Freunde des Rotary-Club in Biel anzubieten, weil wir aufgrund der Restaurantschliessung nicht mehr zusammenkommen konnten».

Fast täglich um 18 Uhr spielte Peter Aronsky ein «Délice du Piano» von ein paar Minuten für seine Freunde. Das erste Konzert ging am 15. März über den Äther. Seither sind 56 dazugekommen. Sie alle sind heute auf Youtube nachzuhören. Jedes gespielte Werk wurde mit passenden Gemälden illustriert. Dafür zuständig war Lucia Aronsky, die Frau des Pianisten. Viele der präsentierten Bilder stammen von der passionierten Malerin selbst.

Peter Aronsky schmiedet bereits Pläne für die Zeit nach dem Lockdown. «Ich möchte sehr gerne das Klavierkonzert KV 466 von Mozart und das f-Moll-Klavierkonzert von Chopin aufnehmen». Noch weiss er nicht mit welchem Orchester und unter welcher Leitung. «Die Qualität muss stimmen, das ist das Wichtigste.» Die Zeit, in der das kulturelle Leben erst langsam wieder am Anrollen ist, nutzt er auch, um sein pianistisches Repertoire zu erweitern. Sich immer wieder neue Aufgaben stellen: Das bildet das Lebenselixier des vitalen Pianisten und Konzertveranstalters. «Das macht mir eine Riesenfreude.»

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«Les Délices du Piano»

Mondscheinsonate und Minutenwalzer: Um diese beiden Werke von Beethoven und Chopin machen viele Pianisten gerne einen Bogen. Zu sehr sind sie mit Kitsch und Klischee verhaftet. Peter Aronsky dagegen betrachtet sie als «pianistische Delikatessen». Auf seiner vor zwei Jahren erschienen CD-Box «Les Délices du Piano» vereint der 75-Jährige weitere Hits des klassischen Klavier-Kanons, darunter auch Anspruchsvolles wie die «Appassionata» von Beethoven oder die letzte Klaviersonate von Schubert. Die Aufnahmen überzeugen in ihrer Differenziertheit und in ihrem persönlichen Zuschnitt. Den berühmten ersten Satz der Mondscheinsonate etwa befreit der Pianist von jeder Sentimentalität. Das Tempo ist fliessend, der Anschlag kernig.

Peter Aronsky ist auch in Live-Aufzeichnungen zu erleben. Während des Lockdowns spielte er fast täglich sogenannte «Balkonkonzerte». Aufgezeichnet wurden sie mit dem iPhone, denn ursprünglich dienten sie nur als musikalische Trostspender für Freunde und Bekannte. Die 57 Kurzfilme dauern höchstens zwölf Minuten und sind nun auf Youtube nachzuhören. Den klassisch-romantischen Kostbarkeiten, die der Pianist in seinen Häusern in Biel und in Tramelan präsentiert, werden Gemälde und Bildsujets zugeordnet. Die Kurzkonzerte erheben nicht den Anspruch auf musikalische oder filmische Perfektion. Sie berühren aber durch ihren unprätentiösen Gestus. Ein Highlight unter den Aufnahmen bildet Chopin auf einem historischen Pleyel-Flügel. aa

Info: «Les Délices du Piano». Peter Aronsky spielt Werke von Beethoven, Chopin, Mozart, Schubert und Schumann. CD erschienen bei Tudor. – Die Balkonkonzerte sind auf Youtube unter den Schlagworten «Balkonkonzert/Peter Aronsky» zu finden.

Zur Person

  • Geboren 1944 in Zürich, beginnt im Alter von vier Jahren Klavier zu spielen
  • Mit zwölf erstmals Solist in einem Orchesterkonzert
  • Studium an der Musikhochschule Zürich bei Hans Andrea. Konzertdiplom «mit Auszeichnung». Weitere Ausbildung bei Heinz Schröter und Géza Anda. Violinstudium bei Rudolf Baumgartner
  • Regelmässiger Gast in den bedeutenden Musikzentren in Europa und den USA. Auftritt an wichtigen Festivals wie Lucerne Festival, Londoner «Proms» sowie achtmal an den Salzburger Festspielen
  • Klavierpartner u.a. von Lucia Popp, Agnes Baltsa, Vesselina Kasarova, James Galway
  • Uraufführung von Werken der Komponisten Rudolf Kelterborn, Franz Tischhauser oder Leo Nadelmann
  • Während 15 Jahren Leitung der St. Moritzer Musikfestivals «Snow and Symphony», «Golf and Symphony», «Sun and Symphony», «Art and Symphony» sowie das Graubünden Festival, bei denen er national renommierte Künstler und ungewöhnliche Nachwuchsmusiker nach Graubünden einlud und Werkaufträge vergab.
  • Peter Aronsky ist auch Jurymitglied von internationalen Musikwettbewerben. aa
Stichwörter: Peter Aronsky, Musik, Piano, Konzert

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