Sie sind hier

Abo

Zugvögel

Internationale Wintergäste verlassen Biel bald

Sie sind ungefähr so gross wie eine Haustaube, wirken aber um einiges eleganter: In Biel überwintern zurzeit an der Schüss einige Hundert der Lachmöwen. Bald zieht es sie wieder weg.

Die Lachmöwen tragen zurzeit ihr schlichtes Kleid. Erst zur Paarungszeit wechseln die Kopffedern zu einem Braunton. Bild: Raphael Schaefer

Deborah Balmer

Akrobatisch fliegen sie hoch, wenden geschickt und blitzschnell über der Schüss und fliegen dann nur wenige Meter über dem Wasserspiegel flussabwärts davon. Die Lachmöwen, die seit letztem Herbst in der Stadt Biel überwintern, fallen auf. Erstens, weil sie zahlreich sind: Geschätzt sind es einige Hundert, die Biel zu ihrem Winterdomizil machten. Und zweitens sind die äusserlich schlichten Möwen nicht zu überhören: Wenn sie im grossen Schwarm unterwegs sind, kommunizieren sie eigentlich ständig miteinander. Und das klingt dann manchmal so, als würden sie lachen. Damit ist auch schon der Name erklärt.

Scheu scheinen die internationale Gäste gar nicht zu sein. Weil sie hier Futter finden, überwintern sie mitten in der Stadt und stören sich auch nicht daran, wenn sich Fussgängerinnen und Fussgänger ihnen bis auf wenige Meter nähern. Ganz anders würden sie sich verhalten, wenn man ihnen in der unbelebten Natur begegnen würde.

 

Die Mittelmeermöwe ist 
viel grösser

Oben grau und unten weiss: Die Lachmöwen sehen zuerst einmal nicht anders aus als andere Möwen. Doch im Vergleich zur grossen Mittelmeermöwe, die sich in den letzten Jahren in Biel immer stärker ausgebreitet hat und die Grösse eines Bussards erreicht, sind sie viel kleiner. Lachmöwen haben etwa die Grösse von Haustauben und gehören damit zu den kleinsten ihrer Art. Die rotorangen Schnäbel wirken filigran und haben an der Spitze einen schwarzen Punkt. Und damit schnappen sich die Möwen sie so manches Brotstück.

Wer derzeit an der Schüss oder am Bielersee Enten füttert (eigentlich sollte man laut Ornithologen kein Brot füttern, weil es oft schimmlig ist und somit schädlich), muss damit rechnen, dass ihm eine Lachmöwe das Brot in der Luft wegschnappt, bevor es die Enten erwischen. Denn Lachmöwen sind wendig und schnell. Die Nahrung ist es, die die Vögel im Winter in die Städte bringt. Nicht nur in Biel, in vielen Schweizer Städten sind die Lachmöwen im Winter zu beobachten: von Basel über Zürich, Luzern und Bellinzona. Alles, was sie brauchen, ist ein Gewässer wie eben die Schüss.

Die meisten Lachmöwen sind Wintergäste und sie verlassen Biel und die Schweiz zwischen Ende Februar und Anfang März wieder. Schon bald werden sie sich also auf den Weg in ihre Brutgebiete machen.

Der Biologie Livio Rey von der Vogelwarte Sempach sagt: Zurzeit sind zahlreiche Lachmöwen aus ganz Europa bei uns, um hier zu überwintern. Er kann nur schätzen, wie viele es in Biel sind: «Von den rund 40 000 Lachmöwen in der Schweiz überwintern einige Dutzend bis einige Hundert in Biel. Wir wissen das, weil die Vogelwarte jährliche Zählungen der überwinternden Wasservögel durchführt.» Die Ungenauigkeit liegt daran, dass «die Lachmöwen sehr mobil sind». Sie können sich laut Rey auch der Aare entlang oder weiter südlich am Bielersee aufhalten. Manchmal suchen sie auch auf Feldern in Stadtnähe nach Nahrung.

Bei der Zählung der Lachmöwen helfen der Vogelwarte jeweils freiwillige Helferinnen und Helfer aus der Region.

Laut Livio Rey gibt es auch Lachmöwen, die in der Schweiz brüten. Zwischen 560 und 800 Paare seien es. Die nächsten Brutkolonien befinden sich beim Fanel im Neuenburgersee und bei Sugiez und Salavaux am Murtensee.

Im Winter trägt die Lachmöwe, bei der das Männchen etwas grösser ist als das Weibchen, ein schlichteres Kleid: Die dunklen Kopffedern sind weiss geworden, nur noch hinter dem Auge verrät ein dunkler Fleck die Art.

Erst zur Paarungszeit wird der Kopf wieder dunkel. Man kann bereits Lachmöwen beobachten, die das Kleid geändert haben und das sogenannte Prachtkleid tragen.

Doch wohin führt die Reise die Lachmöwen? Sie ziehen im Sommer an Seen und Flüsse in ganz Europa. Etwa nach Deutschland, Polen oder ins Baltikum und viele andere Länder. Ein kleiner Teil der Lachmöwen trägt einen farbigen Ring mit einem Buchstaben und Zahlen drauf. Wer es schafft, diese zu entziffern, erfährt auf der Website www.mitmachmoewen.de, wo dieses Exemplar erstmals beringt wurde. Und das kann ein Ort sein, der über tausend Kilometer von Biel entfernt liegt.

 

Bei Anblick eines Feindes gibts einen Warnpfiff

Die Bieler Lachmöwen ziehen zurzeit noch die Aufmerksamkeit der Fussgängerinnen und Fussgänger auf sich: Ein Vater mit Kinderwagen bleibt stehen und füttert die Vögel. Jemand fotografiert, wie sie in Reih und Glied auf dem Brückengeländer sitzen. Es sind geschätzt etwa dreissig Stück und es sieht aus, als hätten sie sich abgesprochen. Denn sie schauen alle in die gleiche Richtung. Synchron strecken sie ihre Hälse und stossen Warnrufe aus, wenn ein möglicher Feind naht, das kann zum Beispiel ein Hund sein.

Manchmal sitzt auch eine der Lachmöwen auf einer Strassenlaterne, um den Überblick zu halten und die anderen bei Gefahr zu warnen. Eben vor einem Hund, der die Möwen dabei an ihren natürlichen Feind, den Fuchs, erinnern könnte. Zu den Feinden zählen auch Marder oder andere Möwen.

Stichwörter: Lachmöwen, Zugvögel, Biel, Vogel, Tiere

Nachrichten zu Biel »