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Brügg

Jetzt fängt die Arbeit erst an

Die klare Zustimmung zum Planungskredit ist für das Spitalzentrum und die Gemeinde Brügg ein klares Bekenntnis. Bis die Bagger für den Neubau auffahren, könne aber noch viel schiefgehen, sagt Verwaltungsratspräsident Thomas von Burg.

Wo heute noch grüne Wiese wächst, soll 2028 das neue Spitalzentrum seinen Betrieb aufnehmen. Matthias Käser

von Carmen Stalder

«Heute ist ein super guter Tag für Brügg», begann Gemeindepräsident Marc Meichtry (Brügg for you) seine Siegesrede. Kurz davor hat Gemeindeschreiber Beat Heurer das Resultat der gestrigen Abstimmung verkündet: Knapp 80 Prozent der Stimmbevölkerung hat dem Planungskredit von 1,55 Millionen Franken zugestimmt. Dieses deutliche Bekenntnis zur Neuansiedlung des Spitals in Brügg sorgte bei allen Verantwortlichen für Überraschung.

Thomas von Burg, Verwaltungsratspräsident des Bieler Spitalzentrums (SZB), hat jedenfalls mit einer tieferen Zustimmung gerechnet. Bei mehreren Wetten habe er auf 68,3-Prozent Ja-Stimmen getippt – nun schulde er dem Spitaldirektor Kristian Schneider eine «sehr gute Flasche Bordeaux» und seiner Frau ein Nachtessen. Auch Meichtry hat eine Wette verloren und muss für den Parteivorstand als Grillmeister fungieren.

Es sind Wetteinsätze, welche die beiden noch so gerne einlösen dürften. Schliesslich haben sowohl der Gemeindepräsident als auch der Verwaltungsratspräsident im Vorfeld des Urnengangs betont, wie wichtig und zukunftsweisend diese Entscheidung sei – für die Entwicklung der Gemeinde Brügg, insbesondere aber für die Gesundheitsversorgung in der Region. Zufrieden mit dem Wahlresultat zeigte sich auch Biels Stadtpräsident Erich Fehr (SP), er freue sich sehr über die starke Unterstützung.


Wichtigkeit hat zugenommen

«Ein grosser Wunsch ist in Erfüllung gegangen», sagte von Burg. Damit bezog er sich einerseits auf die hohe Stimmbeteiligung, andererseits auf die locker erreichte Zweidrittelmehrheit, die er angestrebt hatte. Marie-Pierre Fauchère, Kommunikationschefin bei der SZB AG, vermutet, dass die vergangenen Monate dem Projekt zusätzlichen Antrieb verliehen haben: «Das Corona-Jahr hat bei der Bevölkerung das Bewusstsein für die Bedeutung von öffentlichen Spitälern geschärft.»

Von Burg betonte allerdings, dass die grosse Arbeit erst anfange. Das Ja zum Planungskredit sei noch kein definitives Ja zum neuen Spitalzentrum. Schliesslich steht 2023 die entscheidende Abstimmung an, bei der die Brüggerinnen und Brügger über die Zonenplanänderung befinden (siehe Infobox). Noch in diesem Herbst entscheidet zudem der Grosse Rat über die Refinanzierung des Spitalneubaus. Dabei geht es darum, die 2011 für das Umbau- und Sanierungsprojekt am jetzigen Standort gesprochenen 78 Millionen Franken stattdessen für den Neubau zu verwenden. Gegenüber dem «Journal du Jura» gibt sich der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) zuversichtlich, dass die Umwidmung durchkommt: «Es wäre schade, das Projekt für eine Renovierung zu blockieren, die nicht das bietet, was für eine moderne Gesundheitsversorgung benötigt wird.»

Das Risiko, dass das Grossprojekt doch noch scheitere, sei durch das Abstimmungsresultat gesunken, sagte von Burg. «Es ist allerdings kein Freipass und wir können noch manche Fehler machen.» Ein Nein in zwei Jahren wäre für das Spitalzentrum fatal: Bis zur Zonenplanänderung werde man bereits 13 Millionen Franken in das Projekt investiert haben, so der Verwaltungsratspräsident. Ausserdem werden nun wohl alle Kräfte in die aufwendigen Planungsarbeiten gesteckt – schliesslich geht es darum, 60'000 Quadratmeter Land zu überbauen und rund 200 Millionen Franken in ein neues Spital zu investieren, das während Jahrzehnten die Gesundheitsversorgung für Biel, das Seeland und den Berner Jura sicherstellen muss.


Gedämpfte Erwartungen

Er sei keineswegs siegesgewiss in den Tag gestartet, gab Marc Meichtry zu Protokoll. Ihm seien in den vergangenen Wochen und Monaten viele kritische Voten zugetragen worden. «In meiner eigenen Strasse lagen Zustimmung und Ablehnung in einem 50/50-Verhältnis.» Daraus habe er geschlossen, dass die Abstimmung doch noch schiefgehen könnte. Erfreut zeigte er sich auch über die für seine Gemeinde geradezu historisch hohe Stimmbeteiligung: An Gemeindeversammlungen taucht jeweils nicht einmal zehn Prozent der Stimmbevölkerung auf, an der vergangenen Urnenabstimmung waren es 25 Prozent und nun hat gar mehr als jede zweite stimmberechtigte Person mitentschieden. Der engagierte Gemeindepräsident hat sich bereits das nächste Ziel gesetzt: An der Abstimmung in zwei Jahren soll die Zustimmung noch deutlicher ausfallen. «Dann haben wir unseren Job perfekt gemacht.»

Sowohl Meichtry als auch von Burg betonen, weiterhin auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen zu sein und nun das Vertrauen der Brügger in das Projekt verstärken zu wollen. Die Sorgen der Anwohnerinnen – etwa bezüglich des Verkehrs oder der wiederholt thematisierten Helikopterflüge – nicht ernst zu nehmen, wäre nun «der grösste Fehler», sagte von Burg.

Die Gemeinde Brügg geht noch im laufenden Jahr den Projektwettbewerb für die Freiraumgestaltung an. Insgesamt sollen 30 Millionen Franken in die Umgebung investiert werden – bezahlt durch das SZB sowie diverse Förderprogramme. «Beim Freiraum soll die Bevölkerung ab der ersten Stunde mitreden», verspricht der Gemeindepräsident.

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Das sind die nächsten Schritte

  • September 2021: Entscheid des Grossen Rates des Kantons Bern über die Refinanzierung des Spitalneubaus.
  • ab 2021: Projektwettbewerb Freiraumplanung (Federführung Gemeinde Brügg).
  • ab 2022: Projektwettbewerb Spitalbau (Federführung Spitalzentrum Biel AG).
  • 2022: Öffentliche Mitwirkung Zonenplanänderung «ZPP Brüggmoos».
  • 2023: Abstimmung der Gemeinde Brügg über «ZPP Brüggmoos (Gemeindeversammlung) sowie Beschlussdes Gemeinderates über die Überbauungsordnung «Spitalneubau» und «Sportpark».
  • 2023: Einreichung Baugesuch Spitalneubau.
  • 2023: Öffentliche Mitwirkung über Anpassungen der Uferschutz-Planung.
  • 2024: Abstimmung der Gemeinde Brügg über Anpassungen der Uferschutz-Planung (Gemeindeversammlung).
  • Nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens ist für die Realisierung des Spitalneubaus mit rund vier Jahren zu rechnen.

 

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Das Ergebnis der Abstimmung im Detail

Stimmberechtigte: 2690
Gültige Stimmausweise: 1434
Leere Stimmausweise: 9
Stimmbeteiligung: 53,4%
Ja-Stimmen:1135/79,6%
Nein-Stimmen: 290/20,4%

 

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