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Westast

Jetzt prüft die Opposition Alternativen

Mehrere Gruppen führen Kampagnen gegen den geplanten, über zwei Milliarden Franken teuren Autobahnabschnitt im Westen der Stadt Biel. Aus Angst vor dem grossen Loch werden Bäume markiert, Unterschriften gesammelt und Alternativen geprüft.

Die Dimension war vielen nicht bewusst»: Gabriela Neuhaus über die Baummarkierungsaktion. Bild: Peter Samuel Jaggi
  • Dossier

Deborah Balmer

«Biel notre Amour». So heisst die jüngste Gruppierung, die sich gegen den geplanten Autobahnabschnitt im Westen der Stadt Biel wehrt. Sie ist eine von mehreren Gruppen, die gegen das Projekt opponiert. «Biel notre Amour» sammelt derzeit mit einer gleichnamigen Petition Unterschriften gegen «die gigantische Zerstörung von nie da gewesenem Ausmass».

Innert kürzester Zeit schaffte man es auf 4000 Unterschriften (siehe Infobox). Unterschreiben kann auch, wer nicht in Biel lebt. «Es besteht ein nationales Interesse, dass der Westast nicht gebaut wird», sagt Urs Scheuss, Sekretär von «Biel notre Amour». Auch wegen den hohen Kosten. Die Forderungen: Das geplante Projekt soll so schnell wie möglich sistiert, die zwei Anschlüsse in der Stadt verhindert werden. Der Westast zerstöre Biel: Der Verein beklagt die rund 745 Bäume, die gefällt und die über 100 Häuser, die abgerissen werden. Mit dem Bau werde das Grundwasser gefährdet, man werde auf unabsehbare Zeit den geliebten Strandboden verlieren und die Ruhe. «Soweit darf es nicht kommen!», heisst es.

«Die Region ist gespalten»
Scheuss ist überzeugt, dass die Region stark gespalten ist, was den Westast angeht. «Ein grosser Teil der Bevölkerung will die Autobahn, wie sie geplant ist, nicht.» Doch wie will man ein bereits geplantes Projekt noch verhindern? «Wir sammeln weiter Unterschriften und werden die Petition dann dem Bundesrat übergeben», sagt Scheuss weiter. Auch grosse nationale Organisationen wie der VCS und der WWF unterstützen die Petition.

Bereits zweimal sind in der Stadt über 700 Bäume markiert worden, die wegen der Autobahn gerodet werden. «Biel notre Amour» unterstützte diese Aktion. Doch dahinter stand eine Gruppe von besorgten Bürgern (siehe Zweittext). Die Journalistin Gabriela Neuhaus war für die Medienarbeit verantwortlich und sagt: «Wir wollten damit zeigen, was alles auf dem Spiel steht.»

Unter anderem werden am Strandboden, am Verresiusplatz und am Dammweg viele alte Bäume verschwinden. Auch die Alleen an der Salzhaus- und der Neuenburgerstrasse sind betroffen.

«Die Dimension war vielen nicht bewusst und deshalb lösten die Baumaktionen viele heftige Reaktionen aus», sagt Neuhaus.

Die Baummarkierungs-Aktionen seien aber nur eines von vielen Puzzlesteinchen, um die Leute zu sensibilisieren. Denn Neuhaus  wehrt sich auch mit der IG «Häb Sorg zur Stadt» gegen die Autobahn in der geplanten Form (siehe Infobox). Auch das Ziel dieser Interessensgemeinschaft ist es, den Weg für Alternative frei zu machen. Irgendwann könnte der Druck der Opposition laut Neuhaus so gross werden, dass auch die Behörden der Stadt Biel sagen: «Wir wollen das Projekt nicht.» Dann würde laut Neuhaus der Bund folgen und davon abkommen, ein solch «teures Autobahnstück zu realisieren, dass man in der Region gar nicht will», hofft sie.

«Wir wachsen weiter»
Die grösste und wohl bekannteste Gruppe im Kampf gegen den Westast ist das Komitee «Westast – so nicht!». 1650 Mitglieder zählt es unterdessen und man beabsichtigt, noch weiter zu wachsen, wie Lars Mischkulnig sagt. Er ist Vorstandsmitglied des Komitees, das ebenfalls den Bau des Westasts in der geplanten Form verhindern will. Vor allem die beiden Anschlüsse Bienne-Centre und Seevorstadt sind dem Komitee ein Dorn im Auge. Dabei geht es ganz spezielle Wege: «Wir prüfen derzeit Alternativen zum Westastprojekt, die ohne die beiden Anschlüsse auskommen», sagt Mischkulnig. Zu gegebener Zeit werde man über Details informieren, sagt der Bieler Architekt. Die Arbeitsgruppe bestehe aus Komitee-Mitgliedern und setze sich aus Fachleuten und interessierten Bielern und Nidauern zusammen.

Wie will «Westast – so nicht!» ein Bauprojekt verhindern, von dem der Bundesrat sagt, er sei nicht bereit, weitere Varianten zu prüfen? «Wir sind überzeugt, dass eine intelligente Alternative, welche die Stadt und Natur nicht zerstört, von der Bevölkerung getragen wird.» Auch Behörden und politische Gremien «werden hoffentlich erkennen, dass nur ein Projekt, das die Verkehrsprobleme wirklich löst, von der Bevölkerung akzeptiert wird». Das Komitee vertritt die Meinung, dass die beiden Anschlüsse Verkehr in die Stadt pumpen, statt ihn rauszunehmen.  

Es soll unterdessen auch bürgerliche Stadträte geben, die den Westast kritisch betrachten. So hatte Patrick Widmer (SVP) in der Wochenzeitung «Biel-Bienne» kürzlich gesagt, man müsse auf den Anschluss Bienne-Centre verzichten.  

Nochmals zurück zu den markierten Bäumen: Die Stadt Nidau hat es offensichtlich verpasst, die Plakate zu entfernen. «Vielen Dank für den wichtigen Hinweis. Die Plakate werden in den nächsten Tagen auch auf Nidauer Seite entfernt», hiess es gestern von offizieller Seite her per Mail.

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Baumaktion: Mehrere Personen müssen mit Busse rechnen

Zweimal hat eine Gruppe von besorgten Bürgern in Biel und Nidau Bäume markiert. Bei beiden Aktionen waren laut Gabriela Neuhaus zwischen 50 und 70 Leuten am Werk, die über 700 Bäume markierten, die im Zuge des Westast-Baus von einer Rodung betroffen sind. Bei der ersten Aktion Mitte Juni haben die Teilnehmer die Bäume mit Trauerflor, Absperrband und bunten Plakaten gekennzeichnet. «Unersetzlich» leuchtete die rote Schrift auf den gelben Plakaten bei der zweiten Aktion Ende Juli. Erneut wurden über 700 Bäume markiert. Neuhaus, verantwortlich für Medienarbeit, sagt:«Nach der ersten Aktion gab es auf den Sozialen Medien sehr viele Reaktionen.» Das zeige, wie der Widerstand gegen das 2,2 Milliarden Franken teure Teilstück der A5 wachse.

Beide Male habe man als Vorbereitung die Pläne des Projekts studiert, um wirklich all die Bäume zu markieren, die daran glauben müssen. So sind beispielsweise auch Bäume auf Plätzen wie dem Robert-Walser-Platz betroffen, der als Installationsplatz für Baumaschinen vorgesehen ist.  

Die Gruppe entschied sich, die Aktion ein zweites Mal durchzuführen, weil die Biel und Nidau die Markierungen schnell wieder entfernen liessen. In Nidau hängen die Plakate nach der zweiten Aktionen allerdings immer noch.
Mehrere Personen müssen übrigens mit einer Busse rechnen. Denn bei der Aktion handelte es sich laut dem Polizeiinspektorat der Stadt Biel um ein illegales Plakatieren.

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«Westast so nicht!»

  • Das Komitee «Westast – so nicht!» zählte vor einem Jahr 100 Mitglieder. Heute sind es 1650.
  • Das Komitee ist nicht grundsätzlich gegen die Autobahn oder den Netzanschluss, bekämpft aber die beiden Anschlüsse inmitten der Stadt.
  • Es sei ein Irrglaube, dass die Anschlüsse die Verkehrsprobleme lösen. Nur 18 Prozent des Verkehrs sei Transitverkehr.
  • Der Westast bringe nichts und koste nur viel. Die Bauzeit dauere zu lange.

Link: www.westastsonicht.ch

IG «Häb Sorg zur Stadt»

  • Die Interessensgemeinschaft «Häb Sorg zur Stadt» sieht sich als offene Gruppierung und Ergänzung zum Komitee «Westast – so nicht!». Weil eine Vereinsmitgliedschaft nicht jedermanns Sache ist, wie Gabriela Neuhaus im Namen der IG sagt.
  • Viele, die bei «Häb Sorg zur Stadt» aktiv sind, sind aber auch Mitglied im Komitee.
  • Die Website der IG steht als Informations- und Austausch-Plattform gegen das A5-Westastprojekt zur Verfügung.

Link: www.westast.ch

«Biel notre Amour»

  • «Biel notre Amour» ist der Trägerverein, der die gleichnamige Petition lanciert hat. Mit der Petition werden Unterschriften gegen den Westast in der geplanten Form gesammelt.
  • Die Petition soll Ende Sommer dem Bundesrat überreicht werden.
  • «Biel notre Amour» ist auf Facebook aktiv und hat eine Website.
  • Die Zusammenarbeit mit der IG «Häb Sorg zur Stadt» und dem Komitee «Westast – so nicht!» ist eng.

Link: www.bielnotreamour.ch

Stichwörter: Biel, A5 Umfahrung, Westast, Protest

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