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Biel

Kaffeemobil stösst Diskussion wieder an

Seit vielen Jahren verlottert am Eingang zum Bieler Stadtpark das historische Pförtnerhäuschen. Der Quartierleist kämpft mit Wildpinklern und bietet den Parkbesuchern Kaffee und Sirup an. Eine Stadträtin fordert Veränderung.

Joergen Marcar parkiert die zu einem Kaffeemobil umgebaute Postkarre vor dem maroden Pförtnerhäuschen des Bieler Stadtparks. Würde dasGebäude eines Tages von der Stadt endlich wieder instand gestellt, freute nicht nur ihn. Copyright Patrick Weyeneth.

Donat Blum

Vergangene Woche wurde im Bieler Stadtpark wieder das Kaffeemobil aufgefahren. Freiwillige kochen auf der umgebauten Postschubkarre Kaffee und Tee und bieten den Parkbesuchern Sirup und selbstgemachtes Gebäck an. Alles gegen Kollekte, und aus dem Bedürfnis heraus, in dem weitläufigen und rege besuchten Park eine Verpflegungsmöglichkeit zu haben.

Das Mobil wurde 2012 vom Stadtparkleist lanciert und seither im Sommer bei schönem Wetter und bei Verfügbarkeit von Freiwilligen aufgestellt. Im letzten Jahr kam es dann allerdings aus personellen Gründen nur noch zu einem einzigen Rollout. Mit neuen Freiwilligen will der kleinste der Bieler Quartierleiste nun wieder regelmässiger mit Kaffee, Sirup und Gebäck im Stadtpark präsent sein.

Verlotterndes Pförtnerhaus?

Mit dem Kaffeemobil wird aber auch eine altbekannte Diskussion wieder angestossen. Warum gibt es in dem beliebten Park eigentlich keine Buvette oder ein vergleichbares gastronomisches Angebot? Und was ist mit dem historischen Pförtnerhäuschen am Haupteingang, das Jahr für Jahr weiter zerfällt und doch geradezu ein ideales Lokal dafür wäre?

Zwischen 2004 und 2009 wurde der Stadtpark umfassend saniert. Einzig das Pförtnerhaus, das 1878 für den damaligen Friedhof als Gärtnerhaus mit «Totenkammer» erbaut wurde, blieb davon unberührt. 2010 hat der Gemeinderat schliesslich 900 000 Franken in der Investitionsplanung für die Erhaltung des neugotischen Hauses eingestellt, und die Arbeiten auf den Zeitraum 2011/2012 projektiert. Sichtbar getan hat sich seither aber nichts.

Postulat an den Gemeinderat

Mit einem entsprechenden Postulat ist die Stadträtin Ruth Tennenbaum Ende Juni an den Gemeinderat getreten. Die Politikerin der Bürgerbewegung Passerelle fordert mit Unterstützung von Politikern der SP, der Grünen, der GLP, der Groupe PSR und der PdA den Gemeinderat auf, «die Einrichtung einer Buvette oder eines Cafés» im Stadtpark zu prüfen. Das Pförtnerhaus wird als Option eingebracht: Die Einrichtung eines Quartiercafés im «leerstehenden und verlotternden Gebäude» sei «prüfenswert».

Ausschlaggebend war für Tennenbaum die Eröffnung der Buvette im neuen Park auf der Schüssinsel. Diese wird von der Stiftung Battenberg betrieben. Tennenbaum hebt die Kooperation mit einer sozialen Einrichtung hervor, die einerseits den sonst nicht wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht, und andererseits niederschwellige Arbeitsplätze schafft. «Und ältere Leute würden sich mit einem Gastro-Betrieb im Park wieder sicherer fühlen», ist Tennenbaum überzeugt. Ähnliche Schritte zur Attraktivierung von Pärken habe sie beispielsweise auch in Zürich miterlebt, wo sie lange gewohnt hat.

Leist wünscht sich das auch

Joergen Marcar, Präsident des Stadtparkleits, begrüsst den Vorstoss. Bereits 2012, als das Kaffeemobil lanciert wurde, äusserte der Leist im BT den Wunsch, dass das Pförtnerhaus mit einem Bistro belebt würde. Davon erhofft sich Marcar nicht nur eine weitere Attraktivierung, sondern vor allem auch eine befriedigende Lösung der Toilettensituation im Park. Derzeit kann im Anbau des Pförtnerhäuschen zwar eine öffentliche Toilette benützt werden. Diese ist aber kostenpflichtig. Das führt dazu, dass nicht nur Kinder die Büsche statt dem Häuschen aufsuchen. Gerade grösseren Familien ist eine Gebühr von einem Franken pro Toilettengang auch kaum zu zumuten, findet Marcar.

Hinter den Kulissen sei etwas im Gange, hört man aus verschiedenen Quellen. Bei der Abteilung Liegenschaften der Stadt Biel weiss man schliesslich mehr. Die Abteilung hat den Auftrag eine Ausschreibung für den zukünftigen Betrieb des Pförtnerhäuschens auszuarbeiten. Eine Nutzung im soziokulturellen Bereich mit gastronomischem Angebot ist vorgesehen. Der Betrieb durch eine soziale Institution wird angestrebt. Beat Bommer, Leiter Liegenschaften, hofft, die Ausschreibung bis Ende Jahr vom Gemeinderat absegnen lassen zu können. Eine Veröffentlichung würde somit Anfang 2018 möglich. Die Sanierung würde danach in enger Absprache mit dem ausgewählten sozialen Betreiber vollzogen. Aufgrund der Deklaration des Parkes als «öffentliche Zone» sind private Bewerber ausgeschlossen. 

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Soziale Gastronomie bereichert neuen Park

Am westlichen Eingang des Parks auf der Schüssinsel betreibt neu eine Stiftung im Auftrag der Stadt Biel eine Buvette. So wie sie Stadträtin Ruth Tennenbaum auch für den Stadtpark fordert.

Eigentlich liegt sie zwischen den beiden Flussläufen der Schüss an idyllischster Lage. Am anderen Ufer wird aber an einer Wohnsiedlung sowie am neuen Omega-Gebäude gebaut und die kioskartige Buvette kann ohne gedeckte Sitzplätze nur bei schönem Wetter öffnen. Die Anfrage der Stadt hat die Stiftung Battenberg sehr kurzfristig erreicht. Aus gastronomischer Sicht nicht die idealste Ausgangslage. «Aber das braucht einfach Zeit. Es ist ein Abtasten», sagt Michel Baehler, Abteilungsleiter Gastronomie, der an diesem Nachmittag den Verkaufsladen des vieleckigen, grünen Würfels hochklappt.

Betrieb dank Synergien

Im Innern befindet sich auf engstem Raum eine Küche mit Fritteuse, Kühlschrank, Spülmaschine und Steamer. Für die Gäste hat die Buvette neben Getränken Chicken Nuggets, Pommes, hausgemachtes Gebäck, Salate und Eis im Angebot. Am Wochenende kommen zwei Pastagerichte und unter der Woche – derzeit nur mittwochs – ein Mittagsmenu dazu. Alles hergestellt in der hauseigenen Küche und Bäckerei, wo die Stiftung «Menschen mit besonderen Bedürfnissen» ausbildet. Also Menschen, die mehr Zeit und Geduld brauchen als durchschnittliche Lernende.

Die Klienten werden grösstenteils von der IV und teilweise vom RAV vermittelt. Ziel ist es, die jungen Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Dafür werden sie von den rund 90 Mitarbeitenden der Stiftung eng betreut. Im gastronomischen Bereich heisst das, dass sich um die derzeit zwölf Lehrlinge in Patisserie, Küche, Restaurant und Catering zehn festangestellte Mitarbeitende kümmern.

Ausbildung vor Profit

Die Synergien, die mit dem integrativen Auftrag der Stiftung einhergehen, sind es, die den Betrieb einer Buvette auf der Schüssinsel erst möglich machen. Für einen gewinnorientierten Gastronomen wäre der Auftrag wenig interessant. Die grosse Abhängigkeit vom Wetter erfordert eine hohe Flexibilität bei Personal- und Lebensmittelplanung, die schwer zu gewährleisten ist. Und die Lage und die geringe Grösse der Küche schränken die Umsatzmöglichkeiten markant ein.

Die Stiftung hingegen begegnet mit der Buvette einer erhöhten Nachfrage nach Ausbildungs- und Abklärungsplätzen im Restaurationsbereich. Trotzdem sollte die Buvette einst kostentragend sein, sagt Baehler. Dass die Gehälter der festangestellten Mitarbeitenden in einer Mischrechnung aus allen Einnahmequellen der Stiftung finanziert werden, dürfte Baehler aber massgeblich entlasten.

Im Idealfall gewinnen alle

Idealerweise entsteht mit sozialwirtschaftlich geführter Gastronomie eine mehrfache Win-Win-Situation. Bei der Buvette auf der Schüssinsel bedeutet das: Lerneden haben eine Chance auf Ausbildung, IV- und Arbeitslosenkasse werden nach Integration in den Arbeitsmarkt finanziell entlastet, und die Bieler Bevölkerung profitiert von der Attraktivierung des Parks. Offen bleibt, welche laufenden Kosten der Stadt durch die Buvette entstehen, und ob die Konkurrenz durch einen nicht auf Gewinne ausgerichteten Betreiber andere Gastronomen bedroht. Bei den erschwerten Bedingungen, der Lage und den eingeschränkten Öffnungszeiten der Buvette ist Letzteres kaum zu befürchten. Evaluiert wird in zwei Jahren. Die Stiftung Battenberg wurde vorerst nur für zwei Saisons von jeweils Mai bis Oktober verpflichtet. 

Kundschaft anlocken

Für Baehler gilt es nun aber zuerst einmal Kunden zu gewinnen. Bis auf den Tag der Eröffnung bewegte sich der Tagesumsatz im tiefen dreistelligen Bereich. Baehler und die Stfitung haben Werbemassnahmen in der Nachbarschaft ergriffen, kleinere Events sollen folgen.

Potenzial sieht Baehler bei den Bewohnern der direkt angrenzenden Siedlung Jardin Du Paradis, die bis Ende 2018 fertiggestellt und bezogen sein sollte, bei den Mitarbeitenden der umliegenden Firmen und bei den Ausflüglern. Die Buvette liegt direkt am Veloweg zwischen dem Bielersee und der Taubenlochschlucht. Die Velofahrer rasen allerdings noch meist vorüber. Eine sichtbare Aussenbestuhlung, die zum Pausieren einlädt, soll da Abhilfe schaffen. Tische und Bänke können zwar bereits jetzt benützt werden, sie stehen aber noch rund 30 Meter entfernt hinter der Buvette verborgen auf dem Vorplatz der Chapelle Nouvel. Sobald Baehlers Lehrlinge einsatzbereit sind und die Buvette im Team bedient werden kann, werden sie sie hochtragen.

Zudem möchte Baehler die Distanz zu dem rund 500 Meter entfernten grossen neuen Spielplatz noch überwinden. Entweder mit einem Glacé-Velo, das den Verkauf zu den Familien bringt, oder indem es gelingt, die Familien zur Buvette zu locken.

Keine nette Toilette

Eine Möglichkeit dafür wäre die Toilette, die ebenfalls im grünen Würfel untergebracht ist. Sie kostet derzeit auch für Kunden der Buvette einen Franken. Das ist nicht nur zu viel, um Leute vom Spielplatz herzulocken, sondern auch um die Leute vom Wildpinkeln abzuhalten, findet Baehler. Gerne würde er die Toilette mindestens während den Öffnungszeiten gratis zur Verfügung stellen. Auch ein Betrieb im Rahmen der «Netten Toilette» wäre denkbar. Einen Antrag bei der Stadt hat er gestellt. Donat Blum

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Öffnungszeiten

Für die Buvette gelten seit August verlängerte Öffnungszeiten:

  • Mittwoch 11–19 Uhr
  • Freitag 17–21 Uhr
  • Samstag 11–19 Uhr
  • Sonntag 11–17 Uhr. db

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