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«Sexpo»

Kein Grund, sich zu schämen

An der Aufklärungs-Ausstellung in der «Villa Ritter» können Jugendliche mehr zu den Themen Sexualität, Verhütung und Liebe erfahren. Diese zeigen sich diesbezüglich äusserst aufgeschlossen.

An der «Sexpo» können Frauen zu Männern werden und umgekehrt. Allerdings nur mittels Plakaten und Spiegeln. copyright: bielertagblatt/Julie Lovens

Caroline Beck

Anlässlich des internationalen Tags für Verhütung vom 26. September steht das Jugendzentrum Villa Ritter in der Juravorstadt diese Woche ganz im Zeichen von sicherem Sex. Die Beratungsstelle für Familienplanung, Verhütung und Sexualität des Spitalzentrums Biel (SZB) hat in Zusammenarbeit mit der Aids Hilfe Bern (AHBE) und der Abteilung Jugend und Freizeit der Stadt Biel die «Sexpo» ins Leben gerufen. Bis und mit heute können Jugendliche bis 18 Jahre in der Ausstellung mehr zu den Themen Liebe, HIV, Verhütung und sexuelle Rechte erfahren.


Alles andere als verklemmt
Wer kann sich nicht an seinen ersten Sexualkundeunterricht in der Schule erinnern? Nicht selten folgten früher auf Ausdrücke wie Penis, Scheide oder Oralverkehr peinliches Schweigen und beschämte Blicke zu Boden. Die Gesichtsfarbe wechselte zu hochrot und einige konnten sich vor lachen kaum mehr auf den Stühlen halten. Dass sich dies über die Jahre geändert hat, wird während dem Gang durch die «Sexpo» rasch ersichtlich.


Als Arabel Mettler, Fachfrau für sexuelle Gesundheit des SZB, im HIV-Zimmer der «Sexpo» einer Gruppe von 15-jährigen Knaben Präservative für Männer und Frauen vor die Nase hält und äusserst detailgetreu zu erzählen beginnt wie diese funktionieren, fällt das Lachen aus. Anhand von Comic-Figuren, in den unterschiedlichsten Sexstellungen, zeigt die Expertin, durch was die Infektionskrankheit übertragen werden kann. Äusserst interessiert hören die Jugendlichen zu und stellen bereits erste Fragen. «Wo kann man solche Aids-Tests machen», fragt der Junge im grauen Pullover. Die Antwort, im Spitalzentrum, kommt wie aus der Pistole geschossen, aber nicht von der Expertin, sondern von einigen seiner Mitschüler. Von Berührungsängsten rund um das Thema Sexualität keine Spur.


Der Gang durch die Ausstellung führt als nächstes durch einen Raum mit zwei Skulpturen. In dem Moment kreuzt sich die Jungengruppe mit derjenigen ihrer Klassenkameradinnen. Die noch etwas schüchterne Mädchenschar betrachtet die lebensgrossen Skulpturen, die einen Penis und eine Vulva darstellen sollen, mit Skepsis im Gesicht. Im Zimmer der Geschlechtskrankheiten wie Herpes, Tripper und Syphilis tauen aber auch sie auf, blicken neugierig in ein Mikroskop. Die Jungs verweilen währenddessen im abgedunkelten Raum und lassen sich ungeniert von Mettler den Unterschied zwischen einer Vulva und einer Vagina erklären.


Ein Raum der Unsicherheit
Bilder von Frauen mit femininen Rundungen wie die von Marylin Monroe oder knochigen Models machen einen Grossteil des nächsten Raumes aus. Sogar Männer in Frauenkleidern oder gar ganz in Frauenkörpern sind keine Seltenheit. Der Raum solle zeigen, dass jede Person anders ist und es auch keine Rolle spiele, ob jetzt die Frau Männerkleider trägt, oder Mann lieber Frau sein möchte, so Mettler. Aufmerksam hört die Gruppe der Fachfrau zu, bis aus den hinteren Reihen heiteres Gelächter erklingt. Einige Jungen haben wohl die Körpertausch-Zone entdeckt. Dabei handelt es sich um Plakate von Frauen- und Männerkörpern mit einem Loch an der Stelle, wo deren Gesicht sein sollte und einen Spiegel. Und schon sieht man sein Ebenbild in einem anderen Körper. Wahrlich eine ziemlich lustige Angelegenheit.


Wieder ernst wird die Thematik im Verhütungszimmer. Passend zum Motto ist der Raum mit Luftpolsterfolie abgedeckt. Der Boden ist uneben und soll die Unsicherheit von Frauen, aber auch die von Männern bei der Wahl des richtigen Verhütungsmittels und deren Benutzung symbolisieren, sagt Mettler. Sowohl die Mädchen als auch die Jungen können aber in dem Raum bestens Auskunft geben.


Den Anschein, dass die Jugendlichen während der Führung am liebsten im Boden versinken würden, macht keiner. Eher das Gegenteil ist der Fall. Aufgeschlossen und wissbegierig treten die heutigen Jugendlichen der Sexualität entgegen. Das einstige Schamthema sei zur Normalität geworden, sagt Mettler. Auch die Aussage «Jeder hat Sex, wieso sollten wir uns schämen, darüber zu sprechen», von einer Gruppe von Mädchen unterstreicht Mettlers Einschätzung. 

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