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Justizvollzug

Kein Urlaub für Häftlinge

Weil die Ansteckungszahlen aufgrund der Virusvariante Omikron 
so hoch sind, dürfen Eingewiesene momentan keine Hafturlaube antreten. Das löst auch Ängste aus.

Symbolbild: Keystone

Wie der Berner Regierungsrat letzte Woche vermeldete, sind aktuell und vorerst befristet bis am 24. Januar Ausgänge und Urlaube von Personen in Haftanstalten ausgesetzt. Diese Massnahme soll eine Ausbreitung der ansteckenden Omikron-Variante in den Justizvollzugseinrichtungen mindern, den gesundheitlichen Schutz der eingewiesenen Personen und der Mitarbeitenden gewährleisten sowie den Betrieb aufrechterhalten.

In der Region betrifft diese aktuelle Verschärfung die Justizvollzugsanstalten in Witzwil und St. Johannsen. Im Regionalgefängnis Biel hingegen, das primär ein Untersuchungsgefängnis ist, gibt es ohnehin keine Urlaube. Die Sicherheitsvorkehrungen für die Besuche, die nur durch eine Scheibe getrennt stattfinden, halten auch der neuen Situation mit der Omikron-Variante stand.

 

Wichtig für Haftdauer

Im Massnahmenzentrum St. Johannsen sind Ausgänge und Urlaube sehr wichtig für das Erkennen des therapeutischen Fortschritts und zur Gestaltung eines sozialen Netzwerkes, in das ein Eingewiesener nach dem Massnahmenvollzug einmal entlassen würde, erklärt Manfred Stuber, Direktor des Massnahmenzentrums. Die Urlaubssperre habe deshalb bei manchen der Inhaftierten Sorgen und Ängste ausgelöst: «Man macht sich Sorgen um die Dauer der eigenen Massnahme, aber auch um die eigene Gesundheit», so Stuber. Olivier Aebischer, Leiter Kommunikation beim Amt für Justizvollzug des Kantons Bern präzisiert, die Hafturlaube seien für die sich im Vollzug befindenden Personen wichtig, um sich zu bewähren. Dies hat nämlich einen Einfluss darauf, wie lange eine Massnahme dauert.

 

Keine Überraschung

Der Haftalltag ist schon lange geprägt durch die Pandemie: verstärkte Hygienemassnahmen, mehr Kontrollen und das Tragen von FFP2-Masken. Sowohl in St. Johannsen als auch in Witzwil lege man Wert darauf, offen und transparent mit Covid-19 umzugehen. Die Mehrheit der Eingewiesenen hätte daher bereits geahnt, dass eine weitere Ausgangs- und Urlaubssperre kommen würde. «Fortgeführt wird jedoch die tägliche Arbeit der Gefangenen, was ihnen Struktur und trotz allem ein gewisses Mass an Normalität gibt», sagt Balz Bütikofer, Direktor der JVA Witzwil.

Wenngleich die Arbeit durch etliche Schutzmassnahmen, die die Gefängnisse mittragen, mehr geworden ist, stösst nun auch der temporäre Urlaubsentzug bei den Vollzugsanstalten auf Verständnis. «Wir haben gegenüber unseren Eingewiesenen eine besondere Fürsorgepflicht. Die Gefahr, dass sich die Eingewiesenen im Ausgang oder Urlaub anstecken und das Virus in die Vollzugseinrichtung einschleppen könnten, ist aktuell sehr gross», sagt Olivier Aebischer vom Kanton. Bislang seien alle Anstalten in der Region gut durch die Pandemie gekommen, auch aufgrund der hohen Impfbereitschaft. Doch mit Omikron müsse man nochmals besondere Vorsicht walten lassen. Der Unmut unter den Inhaftierten sei wohl vergleichbar mit jenem in der pandemiemüden Bevölkerung.

Sachurlaube, etwa für ein Vorstellungsgespräch oder familiäre Ausnahmesituationen, können weiterhin gewährt werden. Je nachdem, wie sich die Situation entwickelt, wird der Regierungsrat in den nächsten Tagen über die Aufhebung oder Weiterführung der Massnahme befinden. Theresia Mühlemann

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