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Corona-Blog

«Keine Angst, das geht vorbei!»

Kürzlich habe ich einen Tweet gelesen. Da stand in etwa: «Der Müll muss raus - was soll ich anziehen?» Was für ein Satz. Zuerst darüber gelacht. Dann nachgedacht. Und genickt. Dann wurde ich nachdenklich. Dann panisch. Dann traurig.

Symbolbild: Keystone
  • Dossier

Vom Bett zur Dusche zum Kaffee. Hin und wieder (viel zu oft) zum Kühlschrank. Zum umfunktionierten Corona-Homeoffice-Schreibtisch. Hin und wieder auf den kleinen Balkon zum frische Luft schnappen und Sonne tanken. Vogelgezwitscher hören. So in etwa sieht mein Arbeitsalltag aus. Rein physisch. Draussen herrscht Stille. Drinnen toben hunderte was-wäre-wenn-Fragen im Kopf.

Und dann, hin und wieder gehe ich raus. Zum Einkaufen oder um die Trottinett-Liebe meines Zweijährigen zu befriedigen. Dann erfasst mich ein Gefühl, das ich, seit ich etwa 14 war, nicht mehr kenne. Ich bin nervös. Meine Hände sind kalt. Schwitzig zugleich. Mein Herz klopft. Ich höre das Blut in meinen Ohren pulsieren.

Corona macht jede Oberfläche zum potenziellen Feind. Jeder Mensch, der dir ein bisschen zu nahe kommt, wird zur Bedrohung. Und bei all dem sollte man seine Coolness bewahren und vor allem für den Nachwuchs so viel Normalität ausstrahlen wie möglich. Purer Stress. «Fass dir nicht immer ins Gesicht.» Befielt die Stimme in meinem Kopf. Das notorische Haare aus dem Gesicht streichen wird mir erst jetzt richtig bewusst. Habe ich jetzt einen Tick? Bekommen wir am Ende alle eine Zwangsstörung? So wie Jack Nicholson in «Besser geht’s nicht»? Das wäre fatal für mich bei all den Pflastersteinen vor dem Altstadthaus. Werden wir Türklinken nie wieder gleich anschauen können wie vor Corona und Covid-19? Werden Menschenansammlungen irgendwann wieder ihre Bedrohung verlieren, soziale Interaktion wieder eine unschuldige Entspanntheit bekommen?

Die Corona-Zeit ist eine Zeit, in der die Unschuld der Welt stirbt. Endgültig. In der die Welt uns zeigt, wie verletzlich wir sind. Und unsere Systeme erst recht. Wie schnell alles zusammenbricht. Dass mit Mutter-Erde nicht zu Spassen ist. Frag die Dinosaurier! Und mein inneres Auge drängt mir einen Cartoon auf: Die Erde sagt verzweifelt zu einem anderen (unbekannten) Planeten: «Ich habe Menschen!» Worauf dieser entgegnet: «Keine Angst, das geht vorbei!»

Simone K. Rohner, Redaktorin

srohner@bielertagblatt.ch

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