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Wochenkommentar

Keine Toleranz
 für die Intoleranz

Die Geschichte klingt konstruiert, so sehr bestätigt sie alle Vorurteile über nordafrikanische Migranten, die Laxheit des Schweizer Fürsorgesystems und die Nachgiebigkeit des Asylwesens.

Tobias Graden, Teamleiter Wirtschaft

Da flieht ein libyscher Mann vor dem Diktator, er ist gefährdet, weil er sich für die Muslimbruderschaft engagiert. Die Schweiz hilft ihm, er erhält Asyl. Seine «Dankbarkeit» äussert sich nicht etwa dadurch, dass der Mann eine Landessprache lernt und Arbeit sucht. Nein, er, der als vergleichsweise gebildet gilt, unternimmt keinerlei Integrationsschritte, ist darum auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar und wird jahrelang von der Sozialhilfe unterstützt. Schliesslich, der Diktator ist mittlerweile gestürzt, reist er mit seinem libyschen Pass mehrmals in sein Herkunftsland. In der Schweiz predigt er, Allah möge doch bitte die Ungläubigen vernichten, unter anderem die Christen; also jene, die ihm in Nidau Schutz vor Verfolgung gegeben und ihn all die Jahre alimentiert haben. Es ist ein grotesker Hohn.

Man könnte nun mit den Schultern zucken und sagen, man habe es hier halt mit einem schmarotzerischen Irrläufer zu tun, das sei ein Einzelfall, und ein Teilzeit-Imam habe ja kaum wirksamen Einfluss auf die Gemeinschaft der Bieler Moschee. Aber so harmlos ist es leider nicht. Fast wöchentlich gibt es mittlerweile Attentate islamistischer Extremisten, die in Europa auf Passanten losgehen, mit Autos, Lastwagen, Bomben oder Messern, ihrer Bestimmung zum Jihad folgend. Predigten wie die eines Abu Ramadan sind gewiss nicht der einzige Faktor, der muslimische Männer zu Terroristen macht, doch sie tragen dazu bei. Sie sind Teil der Ideologie, welche die Gewalt gegen «Ungläubige» nicht nur rechtfertigt, sondern zur Pflicht erklärt. Hält er sich an diese Logik, müsste der rotbärtige Nidauer Frührentner es begrüssen, wenn auch auf dem Zentralplatz Menschen niedergestochen werden.

Und mit ihm tun dies offenbar jene, die in Biel solchen Predigten lauschen, und das sind womöglich nicht wenige. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Verein Arissala dem Nidauer Imam die Auftritte in seiner Ar’Rahman-Moschee nicht schon längst untersagt hat? Warum startet die Moschee jetzt nicht eine Charme-Offensive, lädt zu Begegnung und Diskussion ein, distanziert sich von Radikalismus und schafft Transparenz? Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Man mauert, will unter sich bleiben, weist Journalisten ab. Allzu weit hergeholt dürfte die Vermutung daher nicht sein, dass zumindest ein guter Teil der Moscheegänger eher die Werte des Imams unterstützt als jene der Mehrheitsgesellschaft. Dass religiöser Fundamentalismus unter Muslimen in Westeuropa kein Randphänomen ist, hat eine Studie von 2013 hinlänglich gezeigt und empirisch erhärtet (Ruud Koopmans, WZB).

Forderungen nach einer offiziellen Ausbildung von Imamen nach hiesigen Standards, die Aufwertung von muslimischen Gemeinden mit solchen Imamen nach dem Modell der Landeskirchen mit dem Ziel, ihre finanzielle, kulturelle und ideologische Abhängigkeit von ausländischen Geldgebern und Einflussnehmern zu verringern, zielen in die richtige Richtung. Es ist auch an der Mehrheitsgesellschaft, zu ihrer Verwirklichung Hand zu bieten. Doch man braucht sich nichts vorzumachen: Das ist noch lange nicht die ganze Lösung des Problems. Wer radikales, fundamentalistisches Gedankengut teilt, wird sich nicht die Predigten eines von der Eidgenossenschaft zertifizierten Imams in einer Landessprache anhören, sondern sich mit Gleichgesinnten anderswo treffen.

Es fragt sich darum, ob die heutigen juristischen Instrumente ausreichen, um die Verbreitung radikaler, Gewalt propagierender Inhalte in hiesigen Moscheen zu bekämpfen. Denkbar wäre es, nicht kooperierende Orte als illegal zu betrachten und deren Moscheetätigkeit unter Strafandrohung zu verbieten. Um es mit dem Philosophen Karl Popper zu sagen: «Im Namen der Toleranz sollten wir uns das Recht vorbehalten, die Intoleranz nicht zu tolerieren.»

E-Mail: tgraden@bielertagblatt.ch

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