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Biel

Landverkauf steht auf der Kippe

Der Gemeinderat will die Brache beim Ausgang der Taubenlochschlucht an eine Investorin verkaufen. Die Linke im Bieler Stadtparlament versucht dies an der heutigen Sitzung zu verhindern: Sie fordert eine Abgabe im Baurecht.

Bild: Matthias Käser

Lino Schaeren

Es ist ein Geschäft, das kaum positive Emotionen weckt. Die Brache direkt beim Ausgang der Taubenlochschlucht in Biel hat in den vergangenen rund zehn Jahren immer wieder für Diskussionen und Ärger gesorgt. 2004 stimmte der Bieler Stadtrat dem Kauf des Areals Drahtwerke Bözingen und der Finanzierung der anstehenden Abbrucharbeiten zu und sprach dafür einen Kredit von insgesamt 2,39 Millionen Franken. Ziel war eine umfangreiche Neugestaltung des Areals, die vor allem die Freilegung der Schüss sowie den Abriss der bestehenden Industriegebäude und eine entsprechende Neubebauung vorsah.

Nur konnte der gesprochene Kredit bei Weitem nicht eingehalten werden – zweimal musste das Parlament für den Gebäudeabbruch und die Entsorgung einen Nachkredit sprechen. Bis heute hat die Stadt deshalb nicht wie vorgesehen 2,39, sondern 
4,2 Millionen Franken in das Drahtwerke-Areal investiert.

Nun soll ein Schlussstrich gezogen werden: Der Bieler Gemeinderat beantragt dem Stadtparlament heute, das brachliegende Grundstück an die private Investorin Priora AG zu verkaufen. Der Verkaufspreis: 3,3 Millionen Franken. Der Kaufrechtsvertrag, und das ist für den Gemeinderat entscheidend, sieht zudem vor, dass die Priora AG die anfallenden Kosten für die Altlastensanierung im Umfang von 1,6 Millionen übernehmen muss. Die Investorin möchte auf der Parzelle eine Wohnüberbauung und ein Hotel realisieren.

 

Neue Berechnungen gefordert

Dass das Land nun verkauft werden soll und unter dem Strich ein Minus für die Stadt von mindestens 900 000 Franken resultieren würde, stösst vielen Stadträten sauer auf. «Das ist eine leidige Geschichte», sagt FDP-Fraktionschef Stefan Kaufmann. Pascal Fischer, Präsident der Fraktion SVP/Die Eidgenossen, spricht von einem blauen Auge, das man sich bereits zugezogen habe, «und das lässt sich nicht rückgängig machen». Deshalb wird der Landverkauf von den Fraktionen SVP/Die Eidgenossen, FDP, PRR, EVP/BDP und PSR geschlossen oder grossmehrheitlich unterstützt.

Es sei finanziell gut für die Stadt, wenn diese Parzelle verkauft werde, sagt Kaufmann. «Einen finanziellen Verlust fahren wir sowieso ein; und je länger wir mit der Altlastensanierung warten, desto teurer wird es.»

Ganz anders sehen das die Grünen und ein Grossteil der SP-Fraktion. Beide stellen heute einen Rückweisungsantrag. Sie fordern: Die Stadt solle das Land nicht an die private Investorin verkaufen, sondern im Baurecht abgeben. Dies, da die Stadt längerfristig Baurechtszins kassieren könnte und gleichzeitig die Kontrolle über das Land behalten würde. Eine Abgabe im Baurecht würde allerdings bedeuten, dass die Stadt Biel die Kosten für die Altlastensanierung selber tragen müsste.

Dana Augsburger-Brom, Präsidentin der SP-Juso-Fraktion, glaubt nicht wie der freisinnige Kaufmann daran, dass die Stadt sowieso ein Minusgeschäft machen würde. Dieser sagt, dass sich bei einer Abgabe im Baurecht «die Investitionen mit dem Baurechtszins nicht amortisieren» lassen würden. Augsburger-Brom hält entgegen: «Wenn man längerfristig denkt, sind wir uns da nicht so sicher. Zudem legen wir auf weitere Argumente wert und nicht nur auf Zahlen.» Genossen und Grüne glauben, dass über die Zeitdauer von 60 Jahren oder mehr der Nutzen für die Stadt deutlich grösser wäre, als bei einem einmaligen Verkauf, auch finanziell. Die Grünen verlangen deshalb mit ihrem Rückweisungsantrag vom Gemeinderat, die Mehrkosten bei einer Abgabe im Bauland auszuweisen – unter Berücksichtigung des höheren Landwerts nach der Altlastensanierung.

 

Unterstützung durch die GLP?

Allerdings wird die Ratslinke in ihrem Vorhaben heute Abend nicht geeint auftreten. Die Grünen und die deutschsprachigen Sozialdemokraten können nicht mit grosser Unterstützung des Parti Socialiste Romand (PSR) rechnen. Glenda Gonzalez-Bassi, Präsidentin der welschen Genossen im Bieler Stadtrat, sagt, dass eine Fraktionsmehrheit einen Landverkauf aus finanzieller Sicht für sinnvoll erachte und deshalb dem Gemeinderat folgen werde. Dennoch dürfen sich die Rückweisungswilligen noch Hoffnungen machen. Denn Max Wiher, Präsident der GLP-Fraktion, sagt: «Die Landabgabe im Baurecht ist uns grundsätzlich sympathisch.»

Wiher unterstützt zudem die Ansicht, dass eine Abgabe im Baurecht nach den langjährigen Baurechtszinszahlungen nachhaltig sei, während man bei einem Landverkauf einen finanziellen Verlust einfahren würde. Die Rückweisung des Geschäfts werde man deshalb unterstützen, es sei denn, der Gemeinderat präsentiere noch triftige Gründe, die für den Verkauf sprechen würden. Auch für die Rückweisung stimmen wird Reto Gugger, Präsident der EVP/BDP-Fraktion, obwohl sich eine Fraktionsmehrheit für den Verkauf ausgesprochen hat.

 

Variante Baurecht offeriert

Die bebaubare Fläche der Parzelle beim Ausgang der Taubenlochschlucht (rund 3000 Quadratmeter) wurde 2014 durch die Stadt zum Verkauf oder zur Abgabe im Baurecht ausgeschrieben. «Die federführenden Stellen der Stadt Biel haben sich nach Prüfung der eingegangenen Angebote schliesslich für den Verkauf an die Priora AG ausgesprochen», schreibt der Gemeinderat in seinem Bericht an das Parlament.

Damit sei das aus wirtschaftlicher Sicht beste Angebot gewählt worden. Weiter schreibt der Gemeinderat, dass die ausgewählte Priora AG auch neben dem Kauf auch für eine Variante Baurecht offeriert habe. Die städtischen Stellen aber seien zum Schluss gekommen, dass die Altlasten-Problematik nur mit der Variante eines Kaufgeschäfts optimal im Interesse der Stadt gelöst werden könne.

Stichwörter: Biel, Landverkauf, Gemeinderat

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