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A5-Westast

Langer Weg zur inhaltlichen Diskussion

Die Spielregeln im Dialog zum A5-Westast sind gestern bereinigt worden. Dabei konnten Befürworter und Gegner des A5-Westasts feststellen, dass sie zumindest bei der Zielsetzung bereits vieles gemeinsam haben.

Dialogleiter Hans Werder will sich derzeit nur nach den eigenen Spielregeln richten. Bild: lsg
  • Dossier

Lino Schaeren

Am 21. Dezember des vergangenen Jahres hat die Behördendelegation entschieden, im festgefahrenen Streit um die Bieler A5-Westumfahrung einen Dialogprozess zu lancieren. Seither ist vieles passiert, so hat etwa der Bund inzwischen auf Antrag des Kantons Bern das offizielle A5-Ausführungsprojekt zugunsten dieses Dialogs sistiert. Die im Prozess involvierten Parteien – die Westast-Befürworter und -Gegner sowie Behördenvertreter – haben sich seither bei ihren Treffen allerdings nicht mit inhaltlichen Fragen auseinandergesetzt. Vielmehr stand die Organisation des Dialogs im Vordergrund. Das soll sich bald ändern, denn gestern hat die sogenannte Kerngruppe, die Vorschläge zuhanden der eigentlichen Dialoggruppe ausarbeitet, die Statuten und damit die eigentlichen Spielregeln für das weitere Vorgehen bereinigt. Dass es bis dahin ein langer Weg war, sind sich alle bewusst. Die Vorarbeit lohne sich aber, findet Catherine Duttweiler, Sprecherin der westastkritischen Kerngruppenmitglieder: «Wenn wir die Grundlagen jetzt sauber definieren, erhöhen wir die Chancen auf einen fairen und offenen Dialog, der breit akzeptiert wird.»

Dem stimmt Gilbert Hürsch, als Geschäftsführer der Wirtschaftskammer Biel-Seeland in der Arbeitsgruppe vertreten, grundsätzlich zu. Er wiegelt allerdings ab: Zum einen sei es gut, jetzt Zeit in die Organisation des Dialogs zu investieren, sonst sei das Misstrauen bei der kleinsten Unstimmigkeit sofort wieder da. «Es handelt sich um einen Prozess, in dem man sich besser kennenlernt.» Andererseits macht er auch beliebt, jetzt, da die Struktur steht, die Schraube anzuziehen: Gehe es nach ihm, müsse die Kadenz der Sitzungen der Kerngruppe nach dem nächsten Treffen der Dialoggruppe erhöht werden, «sonst kommen wir nirgends hin». Es brauche einen klaren Zeitplan mit Meilensteinen: Was will man genau erreichen und bis wann.

Baldige Auslegeordnung
Denn derzeit ist völlig offen, mit welchen konkreten Inhalten sich die Dialoggruppe letztlich intensiv auseinandersetzen will. Vor allem die Westast-Kritiker fordern, den Fächer weit zu öffnen: Es sollen nicht nur verschiedene Varianten der Stadtautobahn diskutiert werden, sondern auch die Seelandtangente, der Juratunnel oder eine optimierte Nullvariante. Der ehemalige Oberkreisingenieur des Kantons Bern, Fritz Kobi, soll diesbezüglich der Dialoggruppe am 27. Mai eine Auslegeordnung präsentieren: Alle Varianten, die bisher diskutiert wurden, und allfällige neue Ideen. Kobi wurde zusammen mit Architekt Han van de Wetering als externer Experte hinzugezogen.

Schranken gibt es derzeit noch nicht: Man frage derzeit niemanden, was man überhaupt dürfe, sagt Hans Werder. Er war von 1996 bis 2010 Generalsekretär von Bundesrat Moritz Leuenberger im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikantin (UVEK) und leitet den Dialogprozess. Was er damit meint: Man will das Spektrum des Dialogs nicht davon abhängig machen, ob der Bund letztlich bereit sein wird, den Netzbeschluss noch einmal zu überdenken.

Dies wäre wohl immer dann nötig, wenn sich die Diskussion wegbewegt von der Frage nach der Notwendigkeit der Anschlüsse im Stadtzentrum; also etwa dann, wenn die Seelandtangente ins Spiel kommt. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten: Anpassung des Ausführungsprojekts, ein neues generelles Projekt oder ein Zurückkommen auf den Netzbeschluss. Jede Option wäre, wenn überhaupt umsetzbar, mit einer unterschiedlichen zeitlichen Verzögerung der Autobahnumfahrung verbunden. Man müsse sich deshalb gut überlegen, was sich lohnt, in die nähere Auswahl zu nehmen, sagte Werder gestern.

Vorerst hat sich die Kerngruppe aber noch nicht mit solchen Fragen befasst. Sie hat hingegen die Zielsetzungen diskutiert und dabei festgestellt: Man ist sich in vielen Punkten, wie die Stadt Biel in Zukunft aussehen soll, einig. Etwa darin, dass das Potenzial des Strandbodens besser genutzt werden soll. Dass mehr Platz her muss für den Langsamverkehr und der öffentliche Verkehr eines Ausbaus bedarf. Nur: Beim Weg dahin bestehen zwischen den Befürwortern und Gegnern des Westasts nach wie vor völlig unterschiedliche Vorstellungen. Trotzdem findet Hürsch, dass die ähnliche Zielsetzung angesichts der Ausgangslage mit völlig abweichenden Positionen bereits ein Erfolg sei. Es müssten nun aber klare Fragestellungen formuliert werden, bevor überhaupt mögliche Autobahn-Varianten verglichen würden: etwa zur Entwicklung und zur Zukunft der Mobilität.

Sekretariat springt ab
Vertreter beider Lager gaben gestern zu verstehen, dass das Arbeitsklima im Dialog nach wie vor sehr positiv sei. Das sieht auch Hans Werder so. Er muss sich allerdings auf die Suche nach einer neuen Sekretariatsleitung machen, wie er gestern vermeldete. Das Kommunikationsunternehmen Infrakom hat sich auf Ende Mai zurückgezogen, nachdem es von den Westast-Kritikern immer wieder hinterfragt wurde. Die Unabhängigkeit des Büros wurde aufgrund früherer Mandate infrage gestellt und auch das Honorar der PR-Firma wurde kritisiert. Werder sagt, dass er den Rückzug von Infraktom ausserordentlich bereue. Nicht zuletzt auch, weil nun Dinge liegen bleiben würden.

Die Westast-Kritiker wollen den Absprung von Infrakom trotz der Kritik nicht als Erfolg verbuchen: Duttweiler sagt, es sei nicht Ziel gewesen, dass sich das Unternehmen aus dem Prozess zurückziehe, der Entscheid sei am Schluss der gestrigen Sitzung überraschend gekommen. «Wir haben genau wie bei den ständigen Experten substanzielle Fragen zur Unabhängigkeit der PR-Firma gestellt, mit dem Ziel, klare Spielregeln zu definieren und Transparenz herzustellen.» Dies sei in einem ersten Schritt mit der gestrigen Bereinigung der Statuten erreicht worden.

 

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