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Biel

Langfinger lieben Weihnachten

Ende der 60er-Jahre kamen in Biel Warenhäuser auf. Mit ihnen nahm besonders während der Adventszeit die Zahl der Ladendiebstähle stark zu. Das ist heute nicht anders.

Ab in die Tasche: Bieler Läden verschärfen während der Adventszeit ihre Überwachung. Patrick Weyeneth/a
  • Dossier

von Carmen Stalder

Weihnachten gehört für den Detailhandel zu den wichtigsten Zeiten im Jahr. Doch nicht nur die Läden machen in der Adventszeit gute Geschäfte, auch Diebe sind derzeit öfters unterwegs: Das heisst es unter anderem bei den Bieler Filialen von Loeb und Manor und bei Marmelade. Gemäss Kapo gingen im Dezember 2017 im Kanton 185 Meldungen wegen Diebstahls ein – was im Vergleich zum restlichen Jahr nicht besonders viel sei. Allerdings wird die Polizei von den Ladenbesitzern nur bei Bedarf gerufen. Grundsätzlich ist das Thema Diebstähle in der Weihnachtszeit kein neues Phänomen. Das BT hat vor 50 Jahren den Polizeikommissär Jean-Pierre Köhli einen Artikel zum Thema schreiben lassen:

Mit der Zunahme von Selbstbedienungsläden und Warenhäusern wächst die Gefahr der Versuchung. Gerade vor der Festzeit nehmen deshalb die Warenhausdiebstähle und natürlich auch die Taschendiebstähle in erschreckendem Masse zu.


Detektive suchen Diebe

In der Vorweihnachtszeit und vor den Festtagen ist die Besucherfrequenz in den Manor-Filialen höher als sonst, dementsprechend gebe es auch mehr Diebstahlsversuche, sagt Mediensprecherin Sofia Conraths. Konkrete Angaben zur Anzahl Vorkommnisse und Schadensummen kommunizieren weder Manor noch Coop.

Mario Schneider, Geschäftsführer der Bieler Loeb-Filiale, vermutet, dass sich die Diebe im dichten Gedränge weniger beobachtet fühlen. Man verstärke deshalb in der Adventszeit die Überwachung: Neben Sicherheitsangestellten in Uniform und in Zivil sind auch Ladendetektive unterwegs. Zudem ist die meiste Ware gesichert. «Allerdings gibt es Diebe, die eine Zange oder Schere dabeihaben und damit die Sicherung oder die Etikette entfernen.»

Die Motive des Warendiebstahls sind eigentlich selten in der Armut oder der Bedürftigkeit zu suchen, vielmehr sind Arbeitsscheu, Raffgier, Leichtsinn, Gelüste und Naschhaftigkeit, Besitzgier, Geltungsbedürfnis, verschiedene psychische und physische Störungen (Pubertät, Schwangerschaft, Menstruation usw.) oder Alkoholismus die Triebfedern.

Die Täter können in zwei Gruppen aufgeteilt werden: Gelegenheitsdiebe, die aus einer spontanen Laune etwas mitgehen lassen oder organisierte Banden, bei denen oftmals mehrere Diebe gleichzeitig zuschlagen. Begehrt sind unter anderem Artikel aus der Parfümerieabteilung oder Markenkleider, sagt Mario Schneider von Loeb. Gestohlen werde immer, sagt Sarah Spiess von Marmelade. «In unserem Laden hat es auf engem Raum sehr viele kleine ‹Dingelis› die man einfach einpacken kann.»

Die Stadtkinder werfen ihre begehrlichen Blicke auf die verlockenden Auslagen der Selbstbedienungsläden, wo sie sich nur allzu oft im wahrsten Sinn des Wortes selbst bedienen. Diese Schelme unter den Kindern und Jugendlichen bilden aber nur einen kleinen Prozentsatz der Warendiebe. Unvergleichlich viel mehr Erwachsene aller Altersstufen und aus allen sozialen Schichten frönen dem Laster und die allermeisten Warendiebstähle werden von Frauen begangen.


Polizeimänner erweichen

Wird ein Dieb erwischt, kennen die Geschäfte kein Pardon. «Wir informieren in der Regel die Polizei und bringen den Diebstahl zur Anzeige. Zudem können Hausverbote ausgesprochen werden», sagt Sofia Conraths von Manor. Die gleichen Massnahmen kennt man bei Loeb: Egal wie teuer die geklaute Ware war, bei Diebstahl greife man rigoros durch. Die Konfrontation mit der Polizei ist dann eine eher unangenehme Sache – sowohl heute als auch vor 50 Jahren.

Die meisten beginnen mit Erklärungen, manche Frauen beginnen zu heulen, andere stellen sich dumm oder spielen die beleidigte Leberwurst oder sie mimen tiefe Zerknirschung. Oft versuchen die Erwischten mit den merkwürdigsten Vorschlägen, die «Sache zu arrangieren». Die Frauen lassen alle Minen springen, um die Polizeimänner zu erweichen.

Im BT-Artikel von 1968 gibt der Polizeikommissär den Lesern verschiedene Tipps, wie sie sich vor Diebstahl schützen können. Er schliesst mit folgenden Worten:

Ehemänner, seid vernünftig beim Zuteilen des Haushaltungsgeldes! Spielt nicht den Geizhals. Überlegt, was Eure Ehefrau braucht, um die Familie richtig ernähren und kleiden zu können. Schon manches Mal hat der Egoismus eines Ehemannes, der rücksichtslos einen Grossteil seines Verdienstes für seine eigenen «Bedürfnisse» verbrauchte, die Frau zum Diebstahl verleitet und sie auf die Anklagebank getrieben.

Im Verhältnis zu all den Kunden, die derzeit auf der Suche nach Geschenken durch die Stadt strömen, machen die Diebe zwar nur einen Bruchteil aus. Die Ladenbesitzer jedoch wären froh, wenn sie sich neben klingelnden Kassen nicht auch noch um Langfinger kümmern müssten.

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