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Fundstücke

Liebe Leser, wir brauchen Ihre Hilfe: Wer lüftet das Geheimnis dieser Nagelschuhe?

Aus der Schüss werden sehr viele uralte Nagelschuhe gefischt. Stammen sie etwa von einem vergessenen Friedhof? Das BT möchte das Geheimnis um diese historischen Fundstücke lüften. Und dazu brauchen wir Ihre Hilfe, liebe Leser. Aktualisiert

Das sind einige Exemplare der ominösen Nagelschuhe aus der Schüss. copyright: carole lauener/bieler tagblatt

Der Gartenbauer Heinz Peter besitzt in La Heutte im Berner Jura Wasserkraftwerke. Im Rechen vor einem Werk findet er seit Jahren uralte Nagelschuhe: Winzige Schuhe von Kindern, elegante Damenschuhe und Herrenschuhe. Unklar ist, woher die Schuhe kommen, die die Schüss anspült, und aus welcher Epoche sie stammen.

Wer weiss mehr über Nagelschuhe im Allgemeinen oder über die Schuhe, die aus der Schüss gefischt werden? So viel haben unsere Recherchen bereits ergeben: Nagelschuhe wurden von der reicheren Bevölkerung bis etwa zum Jahr 1850 getragen. Da sie sehr kostbar waren, wurden sie als Glücksbringer in Kamine eingemauert. Und es war Brauch, Nagelschuhe als Danksagung in Kirchen zu hinterlassen. LT

Können auch Sie uns etwas über die angespülten Nagelschuhe sagen? Wir sind sehr an Ihrem Wissen interessiert. Schreiben Sie an lteuscher@bielertagblatt.ch oder kommentieren Sie direkt hier unter dem Artikel.

 

Erste Feedbacks:

 

Das sagte Wasserkraftwerk-Besitzer Heinz Peter zum Geheimnis der angeschwemmten Nagelschuhe:

„Es hat mir mal jemand gesagt, dass die etwas "besser" gestellten Leute früher mit ihren Schuhen begraben wurden. Die vielen Nagelschuhe, die angeschwemmt werden, sind meistens in einem noch brauchbaren Zustand. Dies lässt mich vermuten, dass sie von einem vergessenen Friedhof stammen könnten.

Dutzende  Nagelschuhe, die ich im Rechen gefunden habe, waren aber in einem schlechten Zustand, deshalb habe ich sie weggeworfen. Alles in allem sind aber sicher über hundert Stück angeschwemmt worden.

Die Schüss hat früher nicht nur in La Heutte, sondern auch weiter oben im Tal grosse Schlaufen gemacht. Zwischen den Jahren 1800 und 1850 wurde ein neuer Kanal für die Schüss gebaut. Vielleicht befindet sich beim neuen Bachbett ein vergessener Friedhof, der nun langsam ausgespült wird. Da der Boden im Tal sehr schwer und klebrig ist, wurden die Nagelschuhe konserviert. Die Knochen der Toten hingegen wurden zwischen den Steinen in der Schüss zerrieben.

Dies alles ist aber nur meine Theorie und basiert allein auf meiner Fantasie.“


BT-Leser Hannes Hübner hat folgende Theorie aufgestellt:

„Gegenstände werden je nach Wassermenge und Eigengewicht schneller oder langsamer vom Bach mitgeschleift. Und vor allem: Je länger sie im Wasser sind, desto weiter werden sie mitgespült. Somit könnten die Kinderschuhe irgendwo in La Heutte ins Wasser gefallen sein und sind vielleicht innerhalb eines Monats bis zum Wehr gewandert, da sie leicht sind. Die Schweren Eisenschuhe kommen vielleicht aus den Bergen um St.Imier herum und haben 100 Jahre bis zum Wehr gebraucht.

Im Übrigen ist kaum zu glauben, was und wo die Leute alles wegwerfen oder verlieren. Ich bin oft im Wald um Frinviller herum unterwegs, und habe dort im letzten Jahr zum Beispiel drei römische Schuhnägel gefunden, aber auch Blei-Kugeln von Jägern, und um einen Bunker herum zehn verschiedene Patronen, die frühestens aus der Zeit des 2. Weltkriegs und spätestens aus dem Jahr 1973 stammen.

Somit bin ich wenig erstaunt ob der vielen Funde im Fluss. Denn gerade Flüsse sind ja auch in der Archäologie bekannt als richtig gehende „Fundstücksammler“.

Übrigens: Nägel in der Schuhsohle waren schon den alten Römern bekannt, wie unter diesem Link nachzulesen ist. Bevor es Kautschuk-Sohlen gab, wurden die Nägel besonders in den Bergen als Rutschstopper eingesetzt."

 

Hannes Hübner glaubt nicht, dass die Nagelschuhe auf das Jahr 1850 zurückgehen

Hübner hat inzwischen weiter recherchiert:

Ich bedauere, Ihnen wohl mitteilen zu müssen, dass Ihre Schätzung bzgl. Alter von ca. 1850 wohl nicht stimmt…

Ich war vorhin noch im Landesmuseum und habe dabei etwas Spannendes beobachtet. Tatsächlich gibt es „Nagelschuhe“ schon seit mehreren hundert Jahren; z.B. auf Bild 1 ein flaches Paar aus dem Jahre 1901. Was allerdings spannend ist, ist die Tatsache, dass dieses Paar statt nur „Stollen“ auf der Sohle auch sog. „Krallen“ am Sohlenrand aufweist. Ganz im Gegensatz zum Paar Soldatenstiefel von 1916 auf Bild 2, welches nur „Stollen“ aufweisen. Besonders spannend ist, dass die Stiefel rechts im Bild 2 auch „Krallen“ haben, diese aber im Jahre 1914 gefertigt wurden. Das Paar ohne Krallen wurde erst in der zweiten „Ausstattungswelle“ an die Soldaten abgegeben, eben nicht zum Beginn des Krieges, sondern in der Mitte.

Und ich glaube mich zu erinnern, dass die Schuhe, die Sie im BT abgelichtet hatten, aber keine Krallen besassen, also nicht vor 1916 im Verkehr waren..?

 

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