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Biel

Mit ihrer Arbeit hilft sie, Leben zu retten

Barbara Biribicchi hat kein Problem damit, Blut zu sehen. Mit gutem Zureden schafft sie es, den Blutspenderinnen und -spendern im Zentrum in Biel die Angst vor der Nadel zu nehmen.

"Dass jemand ohnmächtig wird, kommt eher selten vor", sagt die 63-jährige Barbara Biribicchi. Bild: Raphael Schaefer
  • Dossier

Aufgezeichnet: Carmen Stalder

Ich bin Pflegefachfrau und seit 2012 in der interregionalen Blutspende tätig. Angefangen habe ich auf der Equipe: Ich bin also von Bern aus in die verschiedenen Dörfer gefahren, um dort Blutspendeaktionen durchzuführen. Seit 2017 bin ich hier in Biel als Zentrumsleiterin angestellt. Wir haben immer am Montag, Dienstag und Donnerstag geöffnet, jeweils von 15.45 bis 20 Uhr. Unsere Arbeit ist in drei Teile aufgeteilt. Als Erstes nimmt eine Blutspendenfachfrau an der Rezeption die Spender in Empfang, übergibt den Fragebogen und instruiert, wie man ihn ausfüllen muss.

Danach geht es in die Anamnese, wo die Spendetauglichkeit überprüft wird. Da geht es etwa um Tätowierungen: Wenn sich eine Spenderin hat tätowieren lassen, darf sie erst in vier Monaten wieder spenden. Das liegt daran, dass beim Tätowieren kleine Hautverletzungen entstehen und wir wollen sicher sein, dass alles gut verheilt ist und es keine Infektionen gibt. Wenn eine Frau vor weniger als einem Jahr geboren hat, darf sie noch nicht spenden. Und wenn jemand im Ausland war, müssen wir fragen wo genau. Für Afrika, Asien oder Europa gibt es verschiedene Wartefristen.

Obwohl die Fragen teils sehr persönlich sind, sind die Spenderinnen und Spender sehr offen. Klar, manchmal müssen wir die Fragen etwas umformulieren, damit sie nicht zu direkt daherkommen. Ein Beispiel dafür sind Partnerwechsel: Da muss ich nachfragen, ob es einer oder mehrere waren. Gerade jüngere Spender genieren sich da manchmal ein wenig. Aber ich sage dann zu ihnen: Ich war auch einmal jung, das ist doch ganz normal. Die Erfahrung zeigt, dass es einfacher ist, wenn man etwas von sich erzählt. Anschliessend messen wir Blutdruck, Puls und das Hämoglobin, um zu prüfen, ob die Spendewillige zur Spende zugelassen ist.

Wenn alles in Ordnung ist, geht es in den Spenderaum, wo wir das Blut abnehmen. Bis die nötigen 450 Milliliter Blut im Beutel sind, dauert es ungefähr zehn Minuten. Es ist sehr wichtig, davor und danach genug zu trinken. Nach der Spende ersetzt der Körper das abgenommene Volumen innert 24 Stunden. Da jeder Mensch verschieden ist, ist es manchmal eine Herausforderung, die beste Vene zu finden. Innerhalb von zwölf Minuten sollte die benötigte Menge im Beutel sein. Andernfalls können wir nicht mehr alle Produkte herstellen.

Bei Erstspendern liegt die grösste Angst bei der Nadel. Ich frage in solchen Situationen nach der Schule oder den letzten Ferien, um für Ablenkung zu sorgen. Vor dem Stechen sage ich, dass sie nicht zuschauen müssen und tief einatmen sollen. Wenn sie daran denken, einzuatmen, steche ich. Viele sind dann erstaunt, dass sie den Stich kaum spüren. Dass jemand ohnmächtig wird, kommt selten vor. Bei jungen Spenderinnen, die nur knapp 50 Kilogramm schwer sind und nicht genug getrunken haben, kann es schon passieren. Wichtig ist, dass sich die Spender melden und sagen, dass sie sich nicht gut fühlen. So können wir früh genug reagieren. Von uns sind immer eine bis zwei Personen im Spenderaum, um ein Auge auf alle zu haben. Nach der Spende wird der Arm verbunden und im Bistro kann man sich mit Sandwiches, Früchten und Getränken bedienen. Es ist wichtig, sich hinzusetzen, etwas zu trinken oder etwas Süsses zu essen. Wenn man sich gut fühlt, darf man 15 Minuten später nach Hause.

Nach der Spende wird das Blut in einem klimatisierten Schrank bei 20 bis 24 Grad zwischengelagert. Später kommt ein Chauffeur vorbei und bringt es nach Bern ins Labor. Dort werden alle Tests gemacht. Falls etwas nicht in Ordnung ist, wird der Spender kontaktiert. Andernfalls wird das Blut freigegeben und in seine Bestandteile zerlegt: rote Blutkörperchen, Blutplättchen und Plasma. Rote Blutkörperchen kann man 42 Tage lagern, Blutplättchen sieben Tage und Blutplasma kann man einfrieren und zwei Jahre aufbewahren. Aufgrund dieser beschränkten Haltbarkeit müssen wir immer schauen, dass wir zu genügend Spenden kommen. Je nach Bestellungen gelangen die Produkte in die Spitäler in den Kantonen Bern, Waadt und Wallis, die innerhalb der interregionalen Blutspende zusammengeschlossen sind. Wenn irgendwo ein Katastrophenfall wäre, hilft man einander natürlich unter den verschiedenen Blutspendediensten in der Schweiz aus.

Wir haben sehr viele regelmässige Spenderinnen und Spender. Ein Beweggrund fürs Spenden ist sicher, etwas Gutes zu tun: Mit einer Stunde Zeit kann man Leben retten. Wenn jemand im familiären Umfeld oder im Freundeskreis Blut benötigt, denkt man plötzlich, das könnte ich ja auch machen. Einmal gab es einen Freundeskreis, in dem ein Kind Blut gebraucht hat. Es kamen ganz viele Leute, die deswegen spenden wollten. Da musste man dann erklären, dass wir es sehr begrüssen, dass sie Blut spenden kommen, dass es aber keine Garantie gäbe, dass ihr Blut diesem Kinde zugutekommt. Die Empfänger wissen nicht, von wem die Spenden sind.

Auf der Equipe in den Dörfern ist es ein sozialer Anlass. Man trifft einander, kann sich austauschen. Das war auch ein Grund, wieso viele in der Corona-Zeit Blut gespendet haben – weil sie danach noch gemeinsam einen Kaffee trinken durften. Unter den Spendern hat es mehr Männer, weil sie ununterbrochen ein Leben lang spenden können. Frauen dürfen nicht spenden, bevor sie schwanger werden möchten, ebenso wenig während und nach der Schwangerschaft. Spendende müssen mindestens 50 Kilogramm schwer sein. Es gibt viele junge Frauen, die das nur knapp erreichen. Die ältesten Spender sind 75 Jahre alt.

Momentan sind wir froh um jede Spende. Bei der Anzahl an Spendern beobachte ich jedoch eine abnehmende Tendenz, viele langjährigen Spender erreichen das Höchstalter. Grundsätzlich ist es eine Wellenkurve: Mal haben wir genug, mal sind wir auf jeden Spender angewiesen. Worum wir immer sehr froh sind, sind Leute mit der Blutgruppe 0 negativ. Diese können allen Patienten Blut geben.

Das Schöne an der Arbeit ist für mich, etwas Sinnvolles zu tun. Als Pflegefachfrau ist es zudem schön, dass ich es mit gesunden Menschen zu tun habe – und dass es hier im Blutspendezentrum geregelte Arbeitszeiten gibt. Ich mag den zwischenmenschlichen Kontakt. Zudem schätze ich die organisatorischen Aufgaben: Pläne schreiben, schauen, dass der Betrieb läuft, neue Mitarbeiterinnen einarbeiten – das macht es interessant.

Stichwörter: Mein Montag, Blutspenden

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