Sie sind hier

Leserfoto des Jahres 2013

Mit nur zwei Farben aufs Podest

Das BT kürt zum sechsten Mal das Leserfoto des Jahres. 2013 fällt auf: Die Siegerfotos begnügen sich oft mit zwei Farben – Schwarz und Weiss. Und: Dieses Jahr stehen mehr Frauen denn je auf dem Podest – und die freuen sich über tolle Preise.

Gestern Abend war Vernissage und Preisverleihung in einem. Gewonnen haben die Farben Schwarz und Weiss. Bild: Pedro Rodrigues

von Clara Gauthey

«Leck du mir, da muess ig grad abhocke», erklärt die diesjährige Jury-Siegerin Eveline Schwab mit freudigem Erschrecken, als sie am Telefon von ihrem Glück erfährt. Die Hobby-Fotografin hätte nicht für möglich gehalten, dass sie gegen 7000 eingesandte Teilnehmerbilder eine Chance hat. «Die Fotos werden immer professioneller, habe ich den Eindruck», sagt die Gewinnerin. Das dachte nach einer ersten Durchsicht auch die Jury. Aber obwohl viel technisch Tolles dabei war: Die beste Technik macht noch keinen Sieger. Auch ein Schnappschuss kann das Rennen machen.


Technik – harte Urteile
Manchmal ist es sogar gerade die technische Perfektion oder der Einsatz des Bildbearbeitungsprogramms, der die Jury-Mitglieder abschreckt: «Das ist die Anwendung eines Rezepts», kritisiert da einer. Oder: «Für das Kamera-Auge gibt es einen solchen Lichtkontrast nicht. Ich spüre keine Idee dahinter.» Letztlich sind es dann aber immer wieder Geschmacksurteile aus dem Moment heraus, persönliche Neigungen der Jury-Mitglieder, welche die Wahl bestimmen. Aber auch die brauchen Mehrheiten.


Erfrischende Horizonte
Dieses Jahr ist mit Jury-Mitglied Daniel Mueller, Direktor des Bieler Photoforums, wieder ein Kenner an Bord der Jury, der sich über viele schöne Entdeckungen bei den Amateuren freute – «jene, die lieben», wie er das Wort gestern Abend herleitete. Zwischen Cliché und glücklichem Moment öffne sich da ein «erfrischend neuer Horizont der Ästhetik», so Mueller. Er lobte den ungewöhnlichen Blickwinkel der Jury-Siegerin, das Sympathische des Pferdemauls, welches gerade Empathie mit dem Protagonisten der Tierwelt entfache.  

Der Sieg – auf Umwegen
Eveline Schwabs Foto mit dem Titel «Maulfalte» wäre übrigens um ein Haar von den Jury-Mitgliedern aussortiert worden, beziehungsweise: Es kam erst in der Rückrunde wieder in die engere Auswahl und überzeugte dann plötzlich auch jene, die es zuvor übersehen hatten.
Eveline Schwab aus Grossaffoltern fand ihr Motiv im Pensionsstall Frauchwil. Die Maulfalte von Zwergpony Nando, dem «Schönsten und Kleinsten» dort, hatte es ihr angetan. Nando bekam zur Belohnung für seine Arbeit eine Möhre, Eveline Schwab eine neue Nikon und einen Acrylglas-Print vom Sponsor Ifolor. Sie selbst reitet ein Ross und zwei Ponys. Die Mutter zweier Kinder fotografiert schon länger mit ihrer Nikon D40. «Ich stelle einfach auf Automatik und drücke ab», sagt sie lächelnd.


Schöner «Putzschmutz»
Vom Podium grüsst auch eine alte Bekannte. Verena von Kaenel aus Biel belegt mit «Frühlingsputz» Platz 2. Ein Foto, das mit der Spannung zwischen Gezeigtem und Verstecktem spielt und uns eine zeitlang Rätsel aufgibt, auch wenn die verschmierte Scheibe ein banales Thema hat: Die schlechte Sicht durch Glas, das geputzt wird und dabei ein graphisches Muster annimmt. 2011 belegte von Kaenel mit «Leuchtende Begegnung» schon einmal den zweiten Platz und im Jahr zuvor Platz 3. Sie schoss ihr Bild am Arbeitsplatz, dem Baspo in Magglingen, wo sie im Café arbeitet. Ihre kleine Leica bekam sie einst vom Vater zu Weihnachten. Im neuen Jahr war sie gleich die erste Wochensiegerin. Das fängt ja gut an!


Fairness und die Farbe Rot
Platz 3 der Jury holt sich Ulrich Andres aus Port. Bei seinem Schnappschuss «Fair Play» stach ihm der rote Ball ins Auge, der auf dem verregneten Spielfeld liegengeblieben war und, so Jury-Mitglied Mueller, «menschliche Präsenz» impliziere, auch wenn das Bild menschenleer sei. Durch die Komposition und die Schrift wird auch die kompetitive Gesellschaft mit ihren Regeln thematisch ins Zentrum gerückt. Schon einmal brachte dem Fotografen die Farbe Rot Glück, nämlich vor vier Jahren, als Andres mit einem roten Boot im Ligerzer Nebel punkten konnte und Platz 1 belegte.


Offene Augen, die strahlen
Online- Siegerin Andrea Zanella ist neu dabei. Letztes Jahr fing die gebürtige Salzburgerin, die mit einem Schweizer liiert ist, Feuer und hat seitdem viele Wochensieger-Fotos im «Bieler Tagblatt» publiziert. Einem Kindheitstraum folgend bestätigt sie der Sieg, den Weg vielleicht auch beruflich weiterzuverfolgen. Stundenlang surfte sie durch die Foto-Foren im Internet, um sich für ihr durchkomponiertes Bild mit Gabel und Löffel zum Thema «Streifen» inspirieren zu lassen. Aber, von den anwesenden Mitgliedern des Foto-Clubs Lyss angesprochen, ist sie auch nicht abgeneigt, einer «echten» Foto-Gemeinschaft beizutreten.
Bis zum Schluss waren in der Jury-Diskussion praktisch alle ihre Bilder vertreten. Nur, dass es eben eine Regel gibt: Keiner kann zwei Mal auf dem Podium stehen. «Man sieht so viel, wenn man mit offenen Augen unterwegs ist», findet Zanella. Nun, ihre Augen sind definitiv offen und das Lächeln strahlend, als sie den Preis von Ifolor-Mitarbeiter Patrick Rudolph empfängt.     

 

 

Unsere Foto-Themen im Jahr 2014
Januar: Familie
Februar: Drei
März: Handwerk
April: Waldleben
Mai: «La vie en rose»
Juni: Lila
Juli: Rasant
August: Massstab
September: Fussgänger
Oktober: Winzig klein
November: Stufen
Dezember: Himmlisch!
Januar 2015: Zeitzeichen    

 

 


                   

Nachrichten zu Biel »