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BDP/CVP

Nach dem Absturz soll es aufwärts gehen

Nach den Verlusten vor vier Jahren wollen BDP und CVP die Mitte-Parteien im Bieler Stadtrat wieder stärken. Das Bündnis setzt sich ein für den Bildungsstandort, gegen innerstädtischen Schwerverkehr und für die Unterstützung der Gewerbetreibenden.

Ein Sitzgewinn ist das Ziel: Mohamed Hamdaoui, Sandra Lo Curto und Reto Gugger (von links) an der Bieler Madretschstrasse. Bild: Matthias Käser
  • Dossier

Lino Schaeren

Es ist ein ungleiches politisches Trio, das für die Stadtratsliste «Vereinte Mitte» zum Wahlspaziergang mit dem BT erscheint. Da ist Sandra Lo Curto, Präsidentin der Bieler CVP; also jener Partei, die vor vier Jahren aus dem Bieler Parlament abgewählt wurde. Da ist der ehemalige Sozialdemokrat Mohamed Hamdaoui, der den Genossen vor anderthalb Jahren den Rücken gekehrt, zur CVP gewechselt und den Christdemokraten damit unverhofft wieder in den Stadtrat verholfen hat. Und da ist Reto Gugger, der nach der Wahlschlappe für die Mitte-Parteien 2016 als letzter BDP-Vertreter im Parlament übrig geblieben ist. So unterschiedlich die Hintergründe sein mögen: Die drei finden im Wahlkampf durchaus gemeinsame politische Überzeugungen und Ansichten.

Treffpunkt bei der Primarschule Madretsch. Ein Ort, der symbolisch für Biel stehe, glaubt Mohamed Hamdaoui. Biel sei Bildungsstadt, sei Kommunikationsstadt. Doch es fehle an Schulraum, und der vorhandene sei allzu oft marode. Das gilt auch für Madretsch: Das unmittelbar hinter der Primarschule gelegene Collège secondaire des Platanes muss in absehbarer Zeit neu gebaut werden. Reto Gugger wird dann bestimmt den Finger auf die Erstellungskosten legen. «Viele weitere Schulanlagen müssen erneuert werden», sagt er. «Dabei graut mir schon jetzt vor den Kosten.» Der 47-jährige Bankfachmann findet: Biel müsse bei Bauvorhaben vom hohen Ross herunterkommen, bescheidener werden. Als schlechtes Beispiel führt Gugger den Erweiterungsbau für die Schulanlage Champagne an. Dieser soll rund 49 Millionen Franken kosten. Die Bürgerlichen versuchten vergangenen Monat im Stadtrat vergeblich, noch vor der Projektierungsphase ein Kostendach von 40 Millionen zu installieren.

Hamdaoui indes findet, dass es nicht ausreiche, alleine den Schulraum auf Vordermann zu bringen. «Wenn wir Bildungsstadt sein wollen, müssen wir auch gute Bedingungen für die Wirtschaft schaffen», sagt er. Dem 56-jährigen Journalisten fehlt eine städtische Vision, um die jungen Leute, die dereinst den Campus Biel besuchen werden, nach Abschluss des Studiums in der Stadt zu halten. Deshalb, so Hamdaoui, sei ein «gefährlicher» Vorstoss der Juso im Stadtrat mitunter ein Grund für ihn gewesen, die Sozialdemokraten zu verlassen.

Die Juso-Motion hatte ein komplettes Verkaufsverbot von städtischem Land gefordert. Die Vertretenden der Liste «Vereinte Mitte» sind sich indes sicher, dass es weiterhin eine Flexibilität brauche, um den Wirtschaftsstandort zu fördern. Weiter geht es an die Mühlebrücke. Thema hier: der Verkehr. Den drei Mitte-Politisierenden bereitet vor allem der Schwerverkehr Sorge. Dieser quere Biel trotz A5-Ostast weiterhin über die Seevorstadt sowie die Bözingen- und Solothurnstrasse. «Das ist unhaltbar für die Anwohnenden», meint Gugger. Und: Die Altstadt werde wegen des Schwerverkehrs wie durch einen Graben von der Neustadt getrennt. «Dabei ist die Altstadt ein Rohdiamant, der erst ohne den Verkehr richtig zur Geltung kommen kann», sagt Mohamed Hamdaoui. Auch er setzt sich für die Anwohner ein, nicht nur an der Hauptverkehrsachse, sondern auch in den Quartieren: Verkehrsberuhigungen, sagt der CVP-Mann, seien schön und gut, aber es fehle oft der Dialog mit den Quartierbewohnenden. Als neuste Negativ-Beispiele nennt er dabei die beschlossenen Massnahmen im Linde-Quartier und am Bahnhofplatz.

Auch Sandra Lo Curto kritisiert die städtische Verkehrspolitik. Die Durchfahrt erschweren möchte sie allerdings nicht, oder zumindest nicht für alle. Lenkungsmassnahmen wie den wechselseitigen Einbahnverkehr an der Madretsch- und Mettstrasse nennt sie «einen Blödsinn». Die 61-jährige Kommunikationsberaterin ermahnt zudem, das Gewerbe nicht zu vergessen – für sie bedeutet dies unter anderem auch, nicht alle Oberflächenparkplätze in der Innenstadt verschwinden zu lassen, wobei die Bahnhofstrasse unbedingt komplett vom motorisierten Verkehr zu befreien sei.

«Unaufhaltsame Negativspirale»

Die Unterstützung des Gewerbes liegt den Mitte-Vertretenden am Herzen. Weiter geht es denn auch nur einige Meter weiter in die Nidaugasse, zum derzeit leer stehenden Lokal, in dem bis vor kurzem noch das Modegeschäft «Metro» zuhause war. Sandra Lo Curto beklagt das Ladensterben – auch wenn «Metro» in diesem Fall nur den Standort gewechselt hat. «Mir tut das jedes Mal weh, wenn wieder ein Geschäft verschwindet», sagt sie. «Mir kommt das vor wie eine unaufhaltsame Negativspirale.» Reto Gugger beklagt, dass der Mix an Geschäften immer schlechter werde. Die Traditionsgeschäfte würden verschwinden und, wenn überhaupt, durch Filialen grosser Ketten ersetzt. «Dadurch wird Biels Innenstadt x-beliebig, verliert das Gesicht und wird dadurch austauschbar.» Was also tun?

Sandra Lo Curto meint, dass die Stadt mehr Anreize setzen müsse. «Die Stadt muss zeigen, was sie will, innovativ sein.» Die Altstadt, sagt die CVP-Präsidentin, sei mit dem First Friday durch drei Privatpersonen reanimiert worden. «Das hätte auch die Stadt tun können und sie kann es andernorts weiterhin tun.» Gugger lobt zwar die Wirtschaftsförderung durch die Stadt im Bözingenfeld, beklagt aber, dass dabei die kleinen Firmen und Läden komplett vergessen gehen würden.

Das Ziel: ein Sitzgewinn

Was will denn das Stadtrats-Bündnis BDP/CVP bei diesen Wahlen erreichen? Schliesslich gilt es den Absturz von vor vier Jahren aufzufangen, als gleich vier von sechs Sitzen verloren gegangen waren. Damals war noch die BVP mit dabei, die inzwischen aufgelöst wurde. Entsprechend klein ist die BDP/CVP-Liste: Nur 14 Kandidierende präsentieren sich, sechs davon gehören der CVP an, acht der BDP. Gugger spricht trotzdem von einem «guten Mix», auch wenn er sich mehr Frauen auf der Liste gewünscht hätte. Die Verluste der Wahlen 2016 wieder aufzuholen, sei kaum realistisch, sagt der BDP-Mann. Er erhoffe sich aber immerhin einen Sitzgewinn und damit wieder drei Parlamentsmandate für die «Vereinte Mitte».

Die BDP/CVP-Liste

Mohamed Hamdaoui, 1964, bisher

Reto Gugger, 1973, bisher

Kai Noah Muff, 1995

Sandra Gugger, 1973

Servan Grüninger-Egli, 1991

Sandra Lo Curto, 1959

Fabio Lo Manto, 1976

Roland Prétôt, 1969

Davide Russo, 1986

Ilir Shala, 1995

Roman Wey, 1976

Christine Reimann, 1945

Rolf Reimann, 1946

Sandra Weibel, 1992 lsg

Stichwörter: Biel, Wahlen, BDP, CVP

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