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Juragewässerkorrektion

Noch Vorbehalte gegen ein Mitmachen

Pro Natura, WWF und Birdlife sowie die Stiftung Landschaftsschutz wissen noch nicht, ob sie dem Verein für die dritte Korrektion beitreten. Bei den Statuten arbeiten sie aber mit.

Das Naturschutzgebiet rund um die Radolfzeller Aach am Bodensee gibt einen Eindruck davon, wie sich dei Aare vor den zwei bisherigen Juragewässerkorrektionen von Aarberg nach Büren schlängelte. Bild: zvg
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Beat Kuhn

An der ersten sogenannten Landsgemeinde für eine dritte Juragewässerkorrektion, die im März letzten Jahres in Ins stattgefunden hatte, waren die Vertreter des Naturschutzes und des Landschaftsschutzes noch die grossen Abwesenden gewesen – zumindest am Rednerpult. Über die von ihrer Seite zu erwartenden Forderungen war allerdings viel geredet und gemutmasst worden. An der zweiten Landsgemeinde, die im November in Murten über die Bühne ging, waren dann auch Vertreter von Schutzorganisationen unter den Rednern.

Bedingungen für ein Mitmachen
Raimund Rodewald, Geschäftsleiter der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) sagte damals, dass die SL als Interessenvertreterin des Landschaftsschutzes durchaus dafür sei, dass der Gemüsegarten der Schweiz landwirtschaftlich weiterhin genutzt werde, damit ökologisch unsinnige Importe aus dem Ausland nicht überhand nähmen. Er mahnte jedoch, die heutige Landwirtschaft sei zu überdenken. Verhältnisse wie in der südspanischen Provinz Almería zum Beispiel, wo flächendeckend Gewächshäuser stehen, müssten verhindert werden.

Marcel Liner, der bei Pro Natura für die Landwirtschaftspolitik zuständig ist, erklärte seitens der drei Naturschutzorganisationen Pro Natura, WWF und Birdlife – früher Schweizer Vogelschutz –, man sei grundsätzlich bereit, beim Projekt dritte Juragewässerkorrektion mitzumachen. Bedingung dafür sei aber, dass der entsprechende Prozess «mit mediativem Ansatz professionell moderiert und wissenschaftlich begleitet» wird. Entscheiden werde man an einer gemeinsamen Sitzung, an der auch die SL zugegen sein werde.

Herbert Känzig, Präsident des WWF Freiburg, bezeichnete es als unbedingt nötig, in dem Gebiet grössere und besser vernetzte Naturschutzflächen zu schaffen, um den dramatischen Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen.

«Weiteres Vorgehen»
Das Vierer-Treffen hat am 17. Dezember stattgefunden, wie Liner dem BT im Dezember auf Anfrage beschied. Inhaltlich Auskunft geben konnte er damals allerdings noch nicht, weil erst noch verschiedene Gremien innerhalb der Organisationen über die Angelegenheit befinden mussten – wobei «die jeweiligen Entscheidstrukturen», so Liner, unterschiedlich waren. Bei Pro Natura zum Beispiel sind im Projektperimeter nicht weniger als sechs Vereine involviert, nämlich der Zentralverband sowie fünf betroffene Sektionen.

Inzwischen steht fest, dass sowohl Pro Natura, WWF und Birdlife als auch die SL bereit sind, in der «Vorbereitungsgruppe Statuten» mitzumachen – wobei die SL laut Geschäftsleiter Rodewald allerdings «aus Termingründen nicht an der Vorbereitungssitzung zu den Statuten teilnehmen» kann». Zu mehr als diesem ersten Schritt haben die Schutzorganisationen bis jetzt nicht Ja gesagt, wie Liner denn auch klar macht: «Nach Vorliegen der Statuten und insbesondere des Zweckartikels werden unsere jeweiligen Gremien das weitere Vorgehen beschliessen.»

Die Alternative: der juristische Weg
Noch ist also offen, ob die Schutzorganisationen jenem Verein beitreten werden, der den Weg zur dritten Juragewässerkorrektion bahnen soll. Die Gründungsversammlung für diesen Verein ist im Rahmen einer dritten Landsgemeinde geplant, die auf den 5. April angesetzt ist. Finanziert werden soll das Projekt, das rund eine Milliarde Franken kosten dürfte, dann vom Bund und den fünf involvierten Kantonen.

Falls die Schutzorganisationen dem Verein nicht beitreten und sich an dem Projekt nicht beteiligen können, kann das grosse Folgen haben. Liner: «Wenn wir nicht dabei sind, haben wir wenig Handlungsspielraum.» Konkret: Dann könnten sie nur auf juristischem Weg auf das Projekt einwirken, das dadurch verzögert oder gar verhindert würde. «Das Anrufen der Gerichte ist nichts, was wir gerne machen, sondern immer nur die Ultima Ratio, der letztmögliche Schritt», betont Liner.

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Kritik nicht erst vor Gericht anhören
An den zwei bisherigen Landsgemeinden für eine dritte Juragewässerkorrektion ging es sehr nüchtern zu und her. Sie wirkten eher wie Fachtagungen denn als Forum für die politische Diskussion eines Grossprojektes mit Interessenkonflikten. Extreme Forderungen wie etwa eine völlige Renaturierung, also eine Zurückversetzung des Seelandes in den Zustand vor den zwei Korrektionen, blieben aus. Allenfalls liess an der zweiten Versammlung aufhorchen, dass Marcel Liner Bedingungen für ein Mitmachen der Natur- und Landschaftsschutzorganisationen stellte, derweil noch auf ganz allgemeiner Ebene diskutiert wird. Das weiter anhaltende Misstrauen von Pro Natura, WWF, Birdlife und Stiftung Landschaftsschutz Schweiz lässt nun aber erahnen, dass dieses Projekt zu einem grossen Zankapfel werden könnte – wie es übrigens auch die erste Juragewässerkorrektion gewesen war. Doch es muss das Ziel sein, auch diese misstrauischen Kritiker zu Vereinsmitgliedern zu machen und mit ihnen Kompromisse zu suchen. Denn der juristische Weg womöglich bis vors Bundesgericht wäre der längste und kostspieligste Weg.

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