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Tourismus

Nur gemeinsam sind sie stark

Am Montag hat im Bieler Kongresshaus das zweite Tourismusforum stattgefunden. Thema waren ein regionaler Event mit internationaler Ausstrahlung, die Alte Aare als Tourismusziel und die Wichtigkeit von Partnern wie Jura bernois Tourisme.

Die im Schwadernaugrien bei Dotzigen renaturierte Alte Aare soll nicht nur Tiere, sondern auch Touristen anlocken. Bild: Stefan Leimer

Carmen Stalder

«Mehr Mut» fordert André Lüthi, CEO des Reiseunternehmens Globetrotter Group. Mehr Mut seitens der Tourismusbüros und deren Manager, mehr Mut für innovative Ideen und auch mehr Mut dafür, dem Bauchgefühl zu vertrauen.

Lüthi ist der letzte Redner am Tourismusforum, das am Montag zum zweiten Mal stattgefunden hat. Das Forum, organisiert von Tourismus Biel Seeland (TBS), richtet sich an alle, die beruflich auf irgendeine Weise mit Tourismus zu tun haben: Sei es in der Hotellerie, der Gastronomie, im öffentlichen Verkehr, in einer Gemeinde oder als Event-Organisator. Über 130 Personen sind der Einladung gefolgt.

Auf dem Programm stehen dieses Jahr erfolgreiche Projekte in der Region. Dazu zählt das Royal Arena Festival in Orpund. «Ein Event, der europaweit bekannt ist», kündet Werner Könitzer, der Präsident von TBS und früherer Bieler Regierungsstatthalter, den folgenden Redner an. Nicolas Dähler ist einer der Organisatoren des Hip-Hop-Festivals. «Ich hätte mir nie erträumt, einmal vor Ihnen auf der Bühne zu stehen», sagt Dähler und beginnt dann, von den Anfängen des Festivals zu erzählen.

1999 startete die Veranstaltung mit ein paar 100 Besuchern in Täuffelen als Royal Festival. Mit den Jahren stiegen die Besucherzahlen, das Festival schloss sich mit dem Arena Festival in Orpund zusammen, und heute zählt es zu den grössten Events in der Region. Eine wahre Erfolgsgeschichte. «Die direkte Wertschöpfung unseres Festivals für die Region beträgt eine halbe Million Franken», sagt Dähler. Von den tausenden Musikfans profitieren nämlich auch Verkehrsbetriebe, Gastronomie und Hotellerie.

 

Aus Not eine Tugend gemacht
Bei einem anderen Beispiel geht es um ein Tourismusziel mit geringerer Bekanntheit: die Alte Aare. Seit 2015 und noch bis 2019 läuft das Projekt «Hochwasserschutz und Revitalisierung Alte Aare» unter der Federführung des Wasserbauverbandes Alte Aare (das BT berichtete). Anlass dazu waren die Hochwasser 2006 und 2007 beim Lyssbach und Eichibach. Im Zentrum des Projektes stehen Hochwasserschutzmassnahmen und Aufwertungsmassnahmen für die Natur.

Von den Arbeiten profitiere jedoch nicht nur die Natur, sagt Jörg Bucher, Bereichsleiter Wasserbau im Tiefbauamt des Kantons Bern. «Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht, sodass jetzt auch für die Naherholung und den Tourismus ein Mehrwert besteht.» Dazu gehört, dass bestehende Wanderwege entlang des Flusses aufgewertet worden seien. Der Flusslauf sei nun breiter, er habe neue Seitenarme und Teiche für Amphibien. Wanderer könnten Fische und Vögel beobachten, mit etwas Glück sogar einen Biber.

Bucher empfiehlt eine Wanderung von Aarberg nach Büren, um den aufgewerteten Flusslauf genauer unter die Lupe zu nehmen. Und Könitzer ergänzt: «Das ist eine gute Alternative für alle, die nicht an überfüllten Stränden liegen wollen.»

 

Berner Jura als Partner
Ein Projekt, das erst vor kurzem gestartet ist, widmet sich der gemeinsamen Produktentwicklung von Tourismus Biel Seeland und Jura bernois Tourisme (JbT). Partnerschaft sei im Tourismus sehr wichtig, sagt Oliver von Allmen, Direktor von TBS. Zustande kam das Projekt dank der Neuen Regionalpolitik. Mit dieser fördern Bund und Kantone verschiedene Regionen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung – darunter auch im Tourismus.

Zu den Zielen der neuen Zusammenarbeit gehört, den Bekanntheitsgrad beider Regionen zu stärken, die Logiernächte zu erhöhen und die Zusammenarbeit mit touristischen Leistungsträgern zu fördern, erklärt Guillaume Davot, Direktor von JbT.

Pro Jahr werden dafür drei neue Produkte entwickelt, im Idealfall je eines pro Region sowie ein gemeinsames. Für 2017/18 wurden folgende Themen ausgewählt: «Auf den Spuren von Dürrenmatt und Anker» als gemeinsames Projekt, «Regionale Produkte kennenlernen, erleben, geniessen» von TBS sowie neue geführte Touren in La Neuveville von JbT. Um diese neuen Ausflugspakete zu entwickeln, wurde für die nächsten drei Jahre eigens eine Person angestellt.

 

Tourismuspreis ab 2018
Eine weitere Neuheit kündet Könitzer fürs nächste Jahr an: 2018 will TBS erstmals einen Tourismuspreis verleihen – so wie dies auch der Kanton Solothurn macht. «Der Preis soll innovative Projekte unterstützen», sagt Könitzer, und zwar mit einem Preisgeld sowie Marketingmassnahmen seitens des TBS. Derzeit laufe noch die Suche nach einem Sponsor.

Zurück zu André Lüthi. In seinem Vortrag geht es darum, was die Region Biel Seeland aus der Welt des Reisens lernen könne. So einiges, ist Lüthi überzeugt. Als Tourismusanbieter müsse man den Kunden das bieten, was sie im Internet nicht finden können. Der Mensch stehe dabei im Zentrum. Und eben: «Erfolg kommt nicht von folgen». Sondern vom Mut beweisen.

Ein Apéro mit Netzwerkpflege bildet den Abschluss des zweiten Tourismusforums. Denn wie von Allmen bereits zu Beginn sagte: Ohne Partner kommt man im Tourismus nicht weit. Und diese finden sich am einfachsten bei einem lockeren Austausch mit einem Glas Wein in der Hand.

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Das kann die Region

Analyse von Guillaume Davot,
Direktor Jura bernois Tourisme,
zu den Tourismus-Regionen Biel, Seeland und Berner Jura:

  • Stärken: Vielseitige Landschaften auf kleinem Raum (See, Landwirtschaft, Wald, Jura); kulturelle Vielfalt; intakte Landschaften; Stadt mit kulturellem Angebot und Altstadt; Tradition und Kultur.
  • Schwächen: Wahrnehmung und Bekanntheitsgrad; schwierige Positionierung aufgrund der Vielseitigkeit; Erreichbarkeit (abgesehen von Biel, das auf der Achse Genf-Zürich liegt).
  • Chancen: Trend zurück zur Natur und Entschleunigung; kein Massentourismus; neue Technologien.
  • Bedrohungen: Aufgrund der Vielfältigkeit zu viele Botschaften für den Kunden; ungenügende Kommunikation, um das Angebot bekannter zu machen. mt

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