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Biel

Oranges Haus wird ein Fall für das Verwaltungsgericht

Das Ehepaar Zysset hat entschieden, in der Frage nach der Farbe seines Hauses das Verwaltungsgericht anzurufen. Unterstützt wird es dabei von der SVP Biel. Diese hat ihm einen Rechtsanwalt vermittelt: den Langenthaler SVP-Grossrat Patrick Freudiger.

Willy Zysset erklärte gestern auf seiner Terrasse, dass er den kantonalen Entscheud an das Verwaltungsgericht weiterziehen werde. Reto Probst
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Lino Schaeren

Willy Zysset hat eine wichtige Ankündigung zu machen. «Eine in meiner Sache», sagt er. Zysset sitzt auf seiner Terrasse an der Mettstrasse 108 in Biel, im Hintergrund leuchtet die Hausfassade in Orange. Zu seiner Linken sitzt Adrian Dillier, Präsident der SVP Biel. Zu seiner Rechten Patrick Widmer, 2.-Vize-Präsident der SVP Biel und Gemeinderatskandidat mit dem Anspruch, am 25. September neuer Stadtpräsident von Biel zu werden. Zysset sagt, in sachlichem Ton, dass seine Frau Marie und er entschieden haben, den Entscheid der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern nicht zu akzeptieren und eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzureichen.

Zysset hat sein Haus, zuvor beige-braun, 2014 in einem satten Orange streichen lassen. Dass der Auftrag an die Maler der Firma von Bekim Ajruli später für solchen Wirbel sorgen würde, damit hat er damals wohl nicht gerechnet. Doch dazu später mehr.

Gestrichen wurde das Haus, obwohl die nötige Baubewilligung nicht eingeholt wurde. Die städtische Behörde teilte ihm, inzwischen hatte er nachträglich ein Gesuch gestellt, mit, dass er das neugestrichene Haus wieder umzustreichen habe. Der Kanton stützte den städtischen Entscheid am 17. August: Der neue Fassadenanstrich sei aufgrund seiner Farbintensität und Leuchtkraft nicht bewilligungsfähig, hiess es im Entscheid (das BT berichtete).

«Chancen stehen sehr gut»

Da er etliche nicht minder bunte Häuser auf Stadtgebiet orte, sei er der Meinung, dass der Grundsatz der Gleichberechtigung im Fall des Hauses von seiner Frau und ihm «schwer verletzt» worden sei, führt Zysset aus. Man sei nicht bereit, den «willkürlichen Charakter des städtischen Entscheids» zu akzeptieren, noch die Leichtigkeit, mit der die kantonale Behörde ihren Entscheid getroffen habe, hinzunehmen.

In seinem Kampf gegen die Behörden kann Zysset auf die SVP Biel zählen, die das orange Haus im Wahlkampf zum Thema gemacht hat. Mehrfach betonte die Partei zwar, wäre nicht Wahljahr, man würde Zyssets dennoch unterstützen, nutzte aber die Gelegenheit, gegen SP-Stadtpräsident Erich Fehr zu schiessen, dessen Präsidialdirektion die Abteilung Stadtplanung unterstellt ist, und ernannte nach eigenen Angaben den Anwärter auf das Stadtpräsidium, Widmer, zum SVP-Ansprechpartner für die Zyssets.

Die Bieler Partei hat eine Petition für das orange Haus lanciert, die bis heute über 1700 mal unterzeichnet wurde. Zudem haben die Politiker dem Ehepaar inzwischen einen Rechtsanwalt vermittelt, den Langenthaler SVP-Grossrat Patrick Freudiger. Mit diesem wurde eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht geprüft. «Patrick Freudiger kam zum Schluss, dass unsere Chancen vor Gericht sehr gut stehen», sagt Zysset.

«Ich wusste nicht, wie weiter»

Die SVP hat den Kampfeswille von Zysset gestärkt, den er noch im August verloren hatte, wie er damals nach dem kantonalen Entscheid im BT sagte. Auch sagte Zysset noch vor zwei Wochen, er könne sich einen Weiterzug des Entscheids finanziell nicht leisten. Hier hat die Partei offenbar ebenfalls Unterstützung zugesichert, auch wenn das nicht so direkt kommuniziert wird.

«Wir werden Zyssets nach dem 25. September nicht fallen lassen und Lösungen finden», sagt Patrick Widmer lediglich. Zysset bedankt sich für die Unterstützung, «ich wusste nicht mehr, wie ich mich wehren sollte, und dann stand die SVP vor der Tür», sagt er. Seine Frau und er würden nun eine neue Chance erhalten. Dass es ein Geben und Nehmen sei, dessen sei er sich bewusst, «wenn die SVP im Wahlkampf von meinem Fall profitiert, stört mich das nicht weiter».

Zyssets gingen 2014 davon aus, dass sie keine Baubewilligung für den Fassadenanstrich bräuchten, da sie nach eigenen Angaben mündlich bei der Stadtplanung vorstellig geworden seien und man ihnen mitgeteilt habe, dass ein entsprechendes Gesuch nicht nötig sei. Wie der Mitarbeiter hiess, der ihn beraten habe, weiss Zysset allerdings nicht mehr.

«Der Kunde ist König»

Ob eine mündliche Anfrage von Zyssets gemacht wurde, könne man nicht mehr rekonstruieren, sagt Florence Schmoll, Leiterin der Abteilung Stadtplanung, gestern erneut. Ein neuer Anstrich sei jedoch dann bewilligungspflichtig, wenn er als Fassadenänderung gelte. Dies sei der Fall, wenn die Farbe geändert werde. Nicht bewilligungspflichtig ist ein Anstrich, wenn die alte Farbe aufgefrischt werde, sagt Schmoll.

Hätten also nicht die Maler 2014 Zyssets darauf aufmerksam machen müssen, dass der Anstrich in Orange bewilligungspflichtig sein könnte? Das Haus orange gestrichen hat die Firma von Bekim Ajruli. Damals noch mit seiner Maler- und Gipser-Firma in Lengnau beheimatet, hat er inzwischen das Geschäft seines Vaters in Biel übernommen. Er habe sich über die gewählte Farbe gewundert, erinnert sich Ajruli. Es sei das erste Mal gewesen, dass sein Unternehmen eine Fassade in einer solch leuchtenden Farbe gestrichen habe. Hinterfragt habe er die Farbwahl aber nicht weiter, schliesslich habe der Liegenschaftsbesitzer dieses Orange unbedingt gewollt, «und der Kunde ist schliesslich König». Nach einer Baubewilligung habe er nicht gefragt.

«Malermeister in der Pflicht»

Als problematisch stuft diese Aussagen der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband ein. Zwar sei der Kunde König, heisst es auf Anfrage, «doch der Kunde ist auch Laie und will beraten werden. Deshalb zieht er ja auch einen Fachmann bei». Der Verband hält fest, dass das Einholen einer Baubewilligung Sache des Bauherrn sei. «Im Gegenzug gehört die Kenntnis, dass es für eine farbliche Umgestaltung einer Fassade je nach Gemeinde eine Bewilligung braucht, zum Wissen eines Malermeisters.» Der Spezialist sei deshalb in der Pflicht, zumindest darauf aufmerksam zu machen, dass ein Neuanstrich bewilligungspflichtig sein könnte. Anders würde die Sachlage aussehen, wenn Zyssets einen Bauleiter engagiert hätten, die Beratungstätigkeit wäre in diesem Fall in seiner Verantwortung. Das aber haben die Zyssets nicht getan.

Kommentare

ligerius47

Wieder ein Schnellschuss von Fehr. Mit der Anzeige gegen SVP Feurer hat Fehr hundertausende Franken verpulvert. Mit dem kleinen Rentner werde ich kurzen Prozess machen, zumal Frau Egger-Jenzer das gleiche Partei Couleur wie Fehr trägt. Was wäre wohl geschehen wenn ein grosser Immobilien Mogul mit dem er sich am Hockey-Match trifft das Haus rot gestrichen hätte?


ths

Ich habe ebenfalls unterschireben, da ich der Meinung bin, dass Fehr alles andere als Fair-Play bietet ! Im Telebilingue bei Herrn Iten zeigte er sich genervt, und nahm keine Stellung zum Beispiel zum Grünen Block an der Brüggstrasse, bei COOP Tankstelle...ahaaa ja...war ja ne Bieler Immobilien Firma , wohl ein gemeinsamer VIP Kollege von Fehr in der Tissot Arena......Sorry....aber ich hoffe, dass das Verwaltungsgericht mit gleich langen Spiessen urteilt. und Fehr und Rot/Grün einen Denkzettel erhalten....


hwhaldemann

Zieht das durch. Wenn die Behörden der Stadt Biel und des Kantons nichts Wichtigeres zu tun haben, muss man ihnen die Stirne bieten oder noch besser sie ersetzen.


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