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Biel

Pflegepersonal nutzt Impfangebot: 
70 Prozent sind geschützt

Die Mehrheit der Pflegekräfte am Spitalzentrum Biel ist vollständig gegen Covid-19 geimpft. Einige sind weiterhin unentschlossen. Dies seien vor allem Personen, die gegenüber dem Impfen generell kritisch seien, sagt ein leitender Arzt.

Der Arzt Charles Béguelin schätzt, dass gut zwei Drittel der Mitarbeitenden des SZB vollständig geimpft sind. Bild: BT/A

Julie Gaudio/pl

Frankreich führt die Impfpflicht gegen das Covid-19-Virus für Pflegepersonal ein. In Italien gilt diese Massnahme seit drei Monaten. Andere europäische Länder erwägen vergleichbare Vorschriften. Die Schweiz setzt auf einvernehmliche Regeln, obwohl auch hier ähnliche Forderungen genährt werden.

Wie die Pflegekräfte des Spitalzentrums Biel (SZB) der Impfempfehlung nachkommen, erfahren wir im Gespräch mit Charles Béguelin, leitender Arzt Innere Medizin/Infektiologie.

Charles Béguelin, wie hoch 
ist der Anteil der geimpften Mitarbeitenden im SZB?

Charles Béguelin: Die genauen Zahlen sind mir nicht bekannt, aber ich weiss, dass etwas mehr als zwei Drittel gegen Covid-19 geimpft sind.

Beobachteten Sie Vorbehalte gegen die Impfung, als die ersten Lieferungen im SZB eintrafen ?

Anfang Februar standen nur wenige Dosen zur Verfügung. Dafür gab es umso mehr Impfwillige. An erster Stelle meldeten sich jene, die mit den verheerenden Auswirkungen der Krankheit konfrontiert waren. Wir legten die Reihenfolge der Personen, die zuerst eine Impfung erhielten, nach Kriterien fest. Dabei wurden die eigenen gesundheitlichen Risikofaktoren und die Kontakte mit den Patienten berücksichtigt.

Haben sich die Pflegekräfte 
bei Ihnen über die Zusammensetzung der Impfstoffe erkundigt?

Als die Impfdosen in kleinen Mengen eintrafen, hiess es vor allem: «Warum kommt er zuerst dran und ich muss warten?» Heute erreichen mich vorwiegend personenbezogene Fragen wie: «Ich leide an einer Glutenallergie. Gibt es ein Risiko für Nebenwirkungen nach der Impfung?»

Haben Sie am SZB Informationsanlässe zur Impfung 
veranstaltet?

Wir haben Informationen über verschiedene Kanäle vermittelt. Die allgemeinen Fragen wurden von den Medien beantwortet. Auf unserem Intranet stellen wir die wissenschaftlichen Daten zur Verfügung. Bisher wurde das Thema an Sitzungen im Rahmen der einzelnen Abteilungen erörtert. Wir planen Informationsveranstaltungen für die gesamte Belegschaft des SZB.

Jetzt stehen genügen Impf-
dosen für alle Erwachsenen zur Verfügung. Wie verläuft die Impfkampagne im SZB?

Wie in der restlichen Bevölkerung ist die Impfwilligkeit ins Stocken geraten. Jene, die sich entschieden hatten, sind geimpft. Bei den Unentschlossenen finden sich viele, die auch andere Impfungen ablehnen.

Wie werden Sie diese Personen motivieren?

Im Zuge der Lockerung der sanitarischen Massnahmen werden wir Sitzungen im kleineren Rahmen ohne Maske abhalten, sofern die Teilnehmenden geimpft sind. Beim Kontakt mit Patienten und in Räumen, wo sich diese aufhalten, gilt weiterhin die Maskenpflicht. Wir denken über ein Erkennungszeichen nach, mit dem man Geimpfte von Ungeimpften unterscheiden kann. Allerdings können solche Massnahmen als diskriminierend empfunden werden. Trotzdem bleibt das Thema aktuell, denn wir betreuen Patienten, die sich nur geimpften Pflegekräften anvertrauen.

Erwägt das SZB eine Impfpflicht für das Pflegepersonal?

Nein, ich bin kein Verfechter drastischer Massnahmen. Vielmehr gilt es, Unentschlossene zu überzeugen. Trotzdem bereiten uns nicht geimpfte Personen Sorgen, sei es für Patientenwohl oder in der Spitallogistik. Wir können nicht auf Mitarbeitende verzichten, die wegen Quarantäne zuhause bleiben müssen.

Was sagen Sie den Skeptischen, die Nebenwirkungen der Impfung befürchten?

Die kurzfristigen Nebenwirkungen sind bekannt und gewöhnlich harmlos. Hingegen ist der Beobachtungszeitraum noch kurz, aber wir wissen aus der Geschichte der Impfmedizin, dass die Risiken von späteren Komplikationen klein sind. Zum Beispiel konnte keine wissenschaftliche Studie belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen einer Impfung und dem Autismus gibt. Zudem greift die RNA-Technik, die in den neuen Impfstoffen angewendet wird, nicht in unser Erbgut ein. Ebenso werden dem Körper keine Viren gespritzt, wie dies bei den meisten Impfstoffen der Fall ist.

Bleibt die Impfung die einzige Lösung zur Überwindung der Covid-19-Pandemie?

Ja. Wir konnten das Virus rasch entschlüsseln, in kurzer Zeit ausserordentlich gute Impfstoffe entwickeln und diese industriell herstellen. Die allgemeine Erwartung und die finanziellen Mittel haben die Forschung zu dieser Meisterleistung beflügelt. Dass die Immunisierung wirkt, ist bewiesen. Die Entwicklung der Covid-Daten ist der Beleg dafür.

 

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Die Impfbereitschaft 
in Pflegeheimen

In den vier Alterspflegeheimen der Stadt Biel sind rund 70 Prozent des Pflegepersonals geimpft, bestätigt Emanuel Amrein, Generalsekretär der Direktion Bildung, Kultur und Sport: «Diese Mitarbeitenden gehörten zu den ersten, die in einer Zeit geimpft wurden, wo die Skepsis noch etwas grösser war.» Die Impfung sei von Anfang an freiwillig gewesen. Heute sei die allgemeine Begeisterung verflogen. Dennoch drängten einige wenige vor den Sommerferien auf einen Termin, so Amrein. 
Die Stadt Biel plane kein Impfobligatorium für Angestellte 
von Pflegeheimen, «solange der Schutz der Pensionäre gewährleistet ist», ergänzt der Generalsekretär. jga/pl

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