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Westast

Plötzlich sind wieder alte Streckenführungen im Gespräch

Diese Woche haben Gespräche zwischen dem Dialogleiter in der Westastdiskussion, Hans Werder, und den verschiedenen Interessensgruppen stattgefunden. Man glaubt daran, dass bis im Sommer eine Lösung auf dem Tisch liegt.

Im Februar 2018 fand in Biel eine von mehreren grossen Demos gegen den Westast statt. Bild: Frank Nordmann/a
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Deborah Balmer

Bis vor vier Monaten harzte es noch mit dem Fortschritt am Runden Tisch in der Westastdiskussion. Es ging sogar so schleppend vorwärts, dass die Behördendelegation genug hatte. Anfang November des letzten Jahres änderte sie deshalb kurzerhand die Spielregeln in der Kontroverse um die Autobahn (das BT berichtete). Man wollte den Prozess beschleunigen und machte deutlich, dass im Sommer 2020 eine Lösung auf dem Tisch liegen muss. Und dass der Kredit von 1,2 Millionen Franken nicht überschritten werden darf.

Neu war auch die Vorgabe, dass der Dialogleiter, Hans Werder, der Behördendelegation am 13. Februar 2020 Rechenschaft über den Stand der Arbeiten abgeben muss. Und dass zuvor mit den Befürwortern, Kritikern und Gemeindevertretern bilaterale Gespräche stattfinden müssen.

Das ist nun in den letzten zehn Tagen geschehen: Nachdem Werder bilateral mit den drei verschiedenen Gruppen geredet hatte, ist klar, dass man in der Diskussion um die Autobahn in der Stadt Biel auf Kurs ist. Die Erfolgschancen auf eine breit abgestützte Lösung seien intakt, heisst es von Gegnern, Befürwortern und Behörden. Dies teilten sie diese Woche an einem Point de Presse mit.

Dies dürfte im Sinne von zahlreichen Bielerinnen und Bielern sein. Zur Erinnerung: Dass es überhaupt zu einer Sistierung des offiziellen Projekts kam, ist auf die grosse Opposition von Westastgegnern in der Stadt Biel und der Region zurückzuführen (siehe auch Infobox).

Bergmännischer Bau

Wie das BT weiss, liegen derzeit in der Kerngruppe fünf mögliche Autobahnvarianten auf dem Tisch. Sprich: Die möglichen Varianten werden derzeit von einem externen Büro aufgearbeitet. Es handelt sich dabei um ein erstes Expertenpapier, das einer gemeinsamen Diskussionsbasis dient. Eine erste Version davon wurde von der Kerngruppe allerdings wegen Fehlern einstimmig zurückgewiesen. Die beschriebenen Varianten sollen nun aber, sobald das Papier vorliegt, in den nächsten Monaten genauer unter die Lupe genommen werden. Welche Vorteile haben die Streckenführungen im Vergleich zum offiziellen Auflageprojekt, welche Nachteile gibt es, was kosten sie? Hans Werder sagt, dass es in einem ersten Schritt um die Eckpunkte geht: «Einer dieser Eckpunkte heisst, dass der Bau bergmännisch passiert, es also keine offene Baustelle geben darf.» Beim offiziellen Projekt war die bis zu 15 Jahre dauernde offene Baustelle in der Stadt umstritten. Bergmännisch gebaut werden könnte beispielsweise das Alternativprojekt der Westast-Befürworter «Westast – so besser». Oder auch der sogenannte Nordtunnel. Eine Variante, mit einer Tunneleinfahrt auf der Höhe der Taubenlochschlucht und einer Ausfahrt irgendwo westlich von Biel. «Der grosse Vorteil bei dieser Nordvariante ist der erwähnte bergmännische Bau und dass sie relativ einfach zu bauen und billiger als andere Varianten ist», sagt Werder.

Dass Autos, die von Bern her in Richtung Neuenburg fahren, den Ostast und dann den Nordtunnel nehmen würden, und nicht doch durch die Stadt fahren, ist für Werder klar. «Einen kleinen Umweg zu fahren, ist bei Autobahnumfahrungen normal», sagt er.

Wieder im Gespräch ist auch die berühmte und schon längst einmal verworfene Seelandtangente. Werder sagt allerdings, dass diese Variante in der Stadt Biel keine Verkehrsprobleme löst.

Als zweiter Eckpunkt gilt nämlich, wenig überraschend, dass die neue Autobahn die Stadt Biel verkehrlich entlasten muss.

Überdachte Mischvariante

Ein weiterer Vorschlag ist eine sogenannte Mischvariante, bei der die Strasse zwar oberirdisch, aber trotzdem teilversenkt durch den Boden verläuft. Die Idee stammt vom Bieler Architekten und Raumplaner Kurt Rohner. Er möchte die bestehende Aarberg- und Ländtestrasse bis zu zweieinhalb Meter absenken, so, dass sie noch nicht in den Bereich des Grundwassers kommt. Danach soll die Strasse überdeckt werden. «Auf der Überdachung wäre Platz für einen Fuss- und Veloweg», sagt Rohner. Auch eine Flanierzone und Restaurants sind vorgesehen. Das Anschlussproblem will er mit grossen Kreiseln lösen.

Der dritte Eckpunkt betrifft die Frage, ob der Bau über einen oder mehrere Anschlüsse verfügen soll oder nicht.

Wie geht es nun weiter? Bis im Sommer wird man sich in der Westastdiskussion auf die langfristigen Varianten konzentrieren. «Sobald wir uns über die Eckpunkte einig sind, werden wir also über die einzelne Varianten reden», sagt Werder. «Intensive Diskussionen gibt es garantiert bei der Frage, ob es Anschlüsse braucht oder nicht.»

Biels Stadtpräsident Erich Fehr (SP) sagte am Point de Presse, dass der Dialogprozess nach einem schwierigen Start nun die ersten Früchte trage. Auch die Stadt glaube an eine Lösungsfindung. «Wir wollen auf keinen Fall eine Spaltung innerhalb der Bevölkerung, sondern wir wollen gemeinsam vorwärtszukommen», so Fehr.

Gelobt wurde am Point de Presse vonseiten der Westastgegnern grundsätzlich das Modell des Rundes Tisches. Dieses würde nach «30 Jahren Blockade» sogar in Städten wie Zürich und Luzern Beachtung finden.

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Was bisher geschah:

  • 2018 wurde der Widerstand gegen die geplante Autobahn im Westen von Biel immer grösser.
  • Ende Dezember 2018 wurde von der A5-Behördendelegation der partizipative Dialog zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen ins Leben gerufen.
  • Am 8. Februar 2019 hat der erste Runde Tisch stattgefunden. Seither diskutieren Vertreter von über 30 Organisationen über eine mögliche Lösung in der Kontroverse um den Westast.
  • Die elfköpfige Kerngruppe macht jeweilige Vorarbeiten. Entscheidungen trifft die grössere Dialoggruppe.
  • Bis im kommenden Sommer werden nun verschiedene 
Autobahn-Varianten diskutiert.
  • Die A5-Behördendelegation besteht aus Vertretern der Gemeinden, Bund und Kanton. 
bal
Stichwörter: Biel, Westast, Hans Werder, Autobahn, A5

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