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Schulfrage

PRR kehrt Schwester den Rücken

Die Verletzungen rund um die Schulfrage in Nidau sind dem Parti Radical Romand zu schwer geworden. Die französischsprachige Partei hat der Schwesterpartei FDP die Fraktionsgemeinschaft gekündigt.

copyright: caroline rutz/bielert tagblatt

Von Deborah Balmer

Die Nachricht ist gestern Vormittag überraschend gekommen. Der Parti Radical Romand (PRR) Nidau schiebt der Schwesterpartei FDP den Riegel. Die Partei hat der FDP die Fraktionsgemeinschaft aufgekündigt und wird im Stadtrat nicht länger mit ihr zusammenarbeiten.
Laut dem PRR-Ehrenpräsidenten Willy Pauli haben an der ausserordentlichen Generalversammlung vom Dienstagabend 30 PRR-Mitglieder den Entscheid, der FDP den Rücken zu kehren, einstimmig angenommen. Neu werden die beiden PRR-Stadträte Jean-Pierre Dutoit und Hanna Jenni im Nidauer Stadtrat mit der Grünen-EVP-Fraktion zusammenarbeiten.
Im letzten November habe die FDP beschlossen, den französischsprachigen Schülern die Möglichkeit eines Schulbesuches in Biel zu entziehen, heisst es in der Mitteilung des PRR. Dies sei ein Affront gegen die liberale Grundhaltung und führe nun zu dem bedauernswerten Entschluss. Der 1969 gegründete PRR setzte sich im Interesse der Bürger von Nidau für eine Schullösung ein, die während langen Jahren von der Stadt mitgetragen worden ist. Die FDP habe derweil die Tatsache, dass in Nidau zwei Sprachkulturen seit Jahren friedlich zusammenleben, nicht berücksichtigt und als ein zu vernachlässigendes Detail eingestuft. «Wir fühlen uns deshalb angegriffen und können deshalb nicht länger mit der FDP zusammenarbeiten», sagt Willy Pauli.
PRR-Präsidentin Annabelle Galley sagte gestern: «Natürlich ist es unangenehm für uns, aber wenn wir keine Unterstützung mehr erhalten, müssen wir uns von der FDP distanzieren. Auch wenn es die gleiche Partei ist.» Die Zweisprachigkeit sei nun mal das wichtigste Thema des PRR.


Ernüchterung bei der FDP
Die FDP hat gestern aus den Medien vom Schritt des PRR erfahren und zeigte sich entsprechend überrascht. «Ich wusste bisher nichts von dieser Entscheidung und bedaure sie ausserordentlich», so FDP-Präsident und Gemeinderat Martin Fuhrer. Der PRR beende damit eine jahrzehntelange konstruktive Zusammenarbeit. Man sei sich zwar zwischen der FDP und dem PRR in der Frage um die französischsprachigen Schüler nicht einig gewesen. «Wir haben aber unsere Haltung immer anständig vertreten und es ist nie persönlich geworden», so Fuhrer. Es sei zudem nicht die FDP gewesen, die den Beschluss in der Schulfrage gefasst habe. «Es war der Nidauer Stadtrat, der den Entscheid überparteilich fällte», schreibt die FDP in einer später am Tag verfassten Medienmitteilung. Und ebenso habe nicht die FDP den Schülern den Schulbesuch in Biel entzogen. «Es waren Eltern von französischsprachigen Schülern, die sich nicht an die jahrelang gültigen Spielregeln hielten und mit ihrer Beschwerde bei der Erziehungsdirektion die Stadt Biel dazu veranlassten, die bestehenden Verträge zu kündigen.
Martin Fuhrer kritisierte gestern zudem das Vorgehen des PRR. «Auch wenn die Zusammenarbeit beendet wird, ist es eine Frage des Anstandes, den Partner zu informieren.»  


Im Wahlkampf noch vereint
Erstaunt zeigte sich gestern auch der FDP-Kantonalpräsident und PRR-Grossrat aus Biel, Pierre-Yves Grivel: «Dieses Ei haben ich nicht in meinem Osternest erwartet», sagte er. Gleichzeitig komme die Entscheidung nicht ganz aus heiterem Himmel, da es kein Geheimnis sei, dass es in Nidau zwischen dem PRR und der FDP Probleme gebe. Aus seiner Sicht als französischsprachiger Kantonspräsident in einem zweisprachigen Kanton sei es äusserst unschön, was in Nidau passiere. Den Wahlkampf für die Grossratswahlen hätten die FDP und der PRR ja noch gemeinsam geführt, seien etwa zusammen an einem Stand gestanden. Dass der PRR nun mit den Grünen-EVP eine Fraktion bilde, ist für Grivel etwas, das nur auf Gemeindeebene funktionieren könne. «Auf kantonaler oder nationaler Ebene wäre das schlicht undenkbar.» Denn ideologisch und politisch seien die Parteien zu unterschiedlich. Man werde nun aber von der kantonalen FDP her nicht eingreifen, die Lage «in Nidau aber weiterverfolgen».


«Wir werden einen Weg finden»
Die Co-Präsidentin der Grünen, Carine Stucki-Steiner, sagte gestern: Zwar sei parteiintern noch nichts abschliessend besprochen, doch man sei grundsätzlich offen für den PRR. Denn in der Schulfrage rund um die französischsprachigen Schüler sind die Grünen mit dem PRR einer Meinung. Stucki kann den Entscheid des PRR deshalb auch vollumfänglich nachvollziehen. «Dem PRR geht es schliesslich darum, die Rechte der Romands zu verteidigen, und das scheint gemeinsam mit der FDP nicht mehr möglich zu sein.» Zwar sei man nicht in allen Fragen gleicher Meinung wie der PRR. «Doch das ist ja mit der EVP auch nicht immer der Fall.» Man werde deshalb mit dem PRR einen Weg finden.
Mit dem Wechsel der beiden PRR-Stadträte Jean-Pierre Dutoit und Hanna Jenni wird die Grüne-EVP-PRR-Fraktion neu mit sieben Stadträten im Stadtrat vertreten sein. Zu den Grünen zählen neben Carine Stucki-Steiner, Marlies Gutermuth Ettlin und Raphael Möckli. Die EVP besteht aus Philippe Messerli und Peter Lehmann. Die FDP-BDP-Fraktion besteht neu noch aus zehn statt wie zuvor aus zwölf Stadträten.

Kommentare

rowoltz1955

Unglaubwürdiger geht es wohl nicht mehr! Anscheinend haben die PRR nur noch ein politisches Thema - die Schullösung der französichsprechenden Kinder! Dass diese Partei wegen dieser Unstimmigkeiten (in welcher Fraktion gibt es diese nicht ????) auszieht, kann noch verstanden werden, dass man sich aber bei den Gründen einschleimen muss, kann wahrscheinlich niemand vestehen !!!! Grivel hat da nur teilweise recht, Nidau ist nicht ein Dorf in dem man im kleinen Rahmen politisiert, Nidau hat ein Parlament, eine Parlaments-Fraktion mit einer deratigen Vermischung ist schlichtwegs unmöglich. Es zeigt aber, dass diese Partei sich nur von der Deutsch-Romand-Ideologie leiten lässt und sonst anscheinend keine anderen Themen hat !!! Zum Glück wurden die Vertreter dieser Partei nicht in die Executive gewählt !! Dass die früher mal gut etablierte PRR jetzt nur noch 2 Gewählte Stadträte hat (dies notabene mit Liestenverbindung FDP zeigt doch deutlich, dass sie eigentlich nicht mehr gebraucht wird. Interessant wird es werden, ob die Partei wenigstens so ehrlich ist und die dank der FDP erhaltenen Kommissionssitze, auf die sie eigentlich keinen Anspruch hat, wieder zurückgibt.


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