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Hotelranking

Region Biel auf dem zweitletzten Platz

500 000 Internet-Kommentare wurden ausgewertet und 90 Regionen miteinander verglichen. Die Region Biel ist auf Platz 89 gelandet. Allerdings gibt es Milderungsgründe.

Das Hotel "Villa Lindenegg" in Biel. copyright: matthias käser

von Lotti Teuscher

Innerhalb der letzten 20 Jahre hat sich die Zahl der Hotelgäste in Biel und der Region verdoppelt, und zwar ohne dass neue Hotels eröffnet wurden. Ärztekongresse werden hier abgehalten, Anlässe wie Beachmania bringen hunderte Gäste in die Region, die Auslastung der Hotels ist merklich gestiegen. Es scheint, als seien die Unterkünfte in der Stadt und Umgebung beliebt. Und nun das: Laut einer Studie der Hochschule für Wirtschaft und Tourismus schneiden Biel und Region bezüglich Hotellerie sehr schlecht ab, wie die «Sonntagszeitung» feststellte.

Für die Untersuchung wurden eine halbe Million Kommentare ausgewertet, die Gäste von Schweizer Hotels im Jahr 2014 im Internet abgegeben hatten. Am beliebtesten sind, in dieser Reihenfolge, die Hotels in Samnaun (90,2 Punkte), Gstaad (88,5) und Appenzell (87,9). Schlusslichter bilden die Städte Winterthur (73,5), Biel (72) und als letztklassierte Gemeinde Sion (71,4 Punkte, Bewertungen siehe Infobox unten).

90 Regionen bewertet

Insgesamt 90 Regionen wurden bewertet, Biel rangiert auf Platz 89. Ein Glanzlicht ist das nicht, aber, wie Thomas Allemann sagt, Mitglied der Geschäftsleitung des Dachverbandes Hotelleriesuisse: «Auf einer Sechserskala würde dies immerhin einer Note zwischen 4 und 4,5 entsprechen.» Ungenügend sind die Hotels sowie deren Dienstleistungen zumindest nicht.

Grundsätzlich gilt, so Allemann, dass Geschäftstouristen Hotels kritischer bewerten als Feriengäste. Grund: Touristen wählen das Hotel nach ihren persönlichen Bedürfnissen aus, sie sind häufig Stammgäste und dementsprechend zufrieden. Geschäftsreisende buchen ihre Hotels in der Regel nicht selber, im Vordergrund stehen Lage und Preis: Destinationen für Geschäftsreisende erzielen gemäss der Studie deshalb generell weniger Punkte.

Zudem gibt es bei den Bewertungen einen Röstigraben: Romands scheinen strenger zu sein als Deutschschweizer, was die Studie ebenfalls untermalt: Selbst die Top-Destinationen am Lac Léman mit Seeanstoss, Alpenblick, mediterranem Flair, vielfältiger Kultur und Hotels in allen Kategorien erreichen lediglich die zweitletzte von fünf Stufen, sie werden mit «teilweise kritisch» bewertet. Die Hotels im Kanton Aargau, dessen Umgebung landschaftlich weniger reizvoll ist, erreichen hingegen die Bewertung «zufrieden». Biel, das direkt auf dem Röstigraben liegt, beherbergt zahlreiche kritische Romands.

Ein drittes Kriterium, das die Anzahl Punkte beeinflusst, ist die Kategorie der Hotels. 5-Sterne-Häuser erreichen im Durchschnitt 90 Punkte, während 3-Sterne-Hotels rund 80 Punkte erzielen und nicht klassifizierte Betriebe deutlich darunter liegen.

Ein Blick auf Swisshotels.com, die Homepage, welche die Bewertungen der vielen Internet-Plattformen zusammenfasst, bringt allerdings Erstaunliches zu Tage: Das Bieler 4-Sterne-Haus Mercure Hotel Plaza erhält 78 Punkte, das 3-Sterne-Hotel Fontana in Twann 80 und das «Weisse Kreuz» in Lyss erzielt, trotz nur drei Sternen, gar 85 Punkte.

Nicht alle Hotels

«Die Aussagen betreffen Durchschnittswerte aller Betriebe einer Kategorie», hält Allemann fest: «Selbstverständlich gibt es auch 3-Sterne-Hotels mit sehr guten Bewertungen.» Damit ein Hotel in der Studie berücksichtigt wurde, braucht es eine bestimmte Anzahl Bewertungen. Auf der Liste finden sich deshalb nicht alle Hotels aus der Region. Um sich dennoch eine Übersicht zu verschaffen, empfiehlt Allemann einen Blick auf die Bewertungsplattform Trip Advisor. Auf der Skala von ein bis fünf Punkten erreichen die beiden Bieler Hotels Continental und Metropol lediglich 3 Punkte. Noch schlechter bewertet mit 2,5 Punkten sind das «Dufour» sowie das «Worbenbad» in Worben. Zum Vergleich: Die Villa Lindenegg erhält 4,5 Punkte, «Plaza», «Elite» und «Arthus» werden mit je 4 Punkte bewertet.

Das Hotel Worbenbad ist seit dem 15. Juli geschlossen. Die Rezeptionistin des Hotels Doufour (namentlich will sie nicht genannt werden) überrascht die schlechte Bewertung: «An unserer Eingangstür hängt das Emblem von Tripadvisor und Holidaycheck. Dieses haben wir dank guter Bewertungen erhalten.» Das Hotel sei noch nie so gut belegt gewesen wie in diesem Sommer, die meisten Gäste seien Geschäftsleute und Handwerker: «Allerdings schreiben Handwerker nur selten Bewertungen.» Gelassen reagiert Adrian Zumofen vom Hotel Continental: «Die Bewertung entspricht der Wahrheit, und Bewertungen sind etwas tolles.»

«Leuchtturm» fehlt

«Da es in der Region Biel vergleichsweise wenige Hotels gibt, wirken sich schlechte Bewertungen stark aus», sagt Allemand. Hinzu komme, dass Biel ein «Leuchtturm» fehle, also ein 5-Sterne-Hotel mit überregionalem Ruf, das das Ergebnis positiv beeinflussen könnte.

Nicht beeinflussen können die Hoteliers die Umgebung. «Ist die Kioskfrau unfreundlich zum Hotelgast, kann es sein, dass er dies, mangels anderer Möglichkeiten, in die Bewertung einfliessen lässt», sagt Allemann. Sei die Stadtbevölkerung hingegen freundlich, fliesse auch dies in die Beurteilung ein.

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Sind Bieler Hotels nicht sauber?

Die Hotels in der als überaus reinlich geltenden Schweiz schaffen es in einer internationalen Sauberkeits-Rangierung nur gerade auf den dritten Platz. Ernster mit dem Reinigen nehmen es die Wirtsleute in der Slowakei und in Bulgarien. Immerhin liegt die Schweiz bezüglich der verliehenen Sauberkeitspunkte nicht weit hinter den Spitzenreitern zurück, wie das Hotelbuchungsportal Hotel.de aufgrund von Gästebewertungen eruiert hat.

Die Slowakei erreichte 8,75 Punkte, Bulgarien 8,70 und die Schweiz 8,66 Punkte auf einer Zehner-Skala. In der Schweiz schlummern die Touristen in St. Gallen auf den saubersten Laken: Die Stadt kommt auf die Sauberkeitsbewertung von 9,18 Punkten. Basel lag leicht dahinter und Churs Hoteliers nahmen den dritten Platz ein. Weniger überzeugend waren die Hotels in Freiburg (8,28), Genf (8,24) und in Biel (7,90 Punkte).  LT

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Region kommt schlecht weg

Roland Schegg, Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Tourismus in Siders, hält fest, dass 4- bis 5-Sterne-Hotels generell besser bewertet werden. Regionen, welche wenig Hotels in diesem Segment haben, seien daher «benachteiligt» im Ranking: «Das ist sicher in Biel der Fall.» Zudem sei die Anzahl Datenpunkte für Biel eher am unteren Limit: «Der Mittelwert kann somit durch wenige Betrieb in die Tiefe gezogen werden», sagt Schegg. In Biel erzielten drei Hotels Werte unter 70.

Biel füge sich ein in den Trend der Schweizer Städte, welche generell einen tieferen Wert erzielen im Vergleich zu den klassischen alpinen Ferienregionen, welche einen hohen Anteil an Stammkunden haben: «In der Bieler Hotellerie wird der Anteil der Transitkunden und Geschäftskunden, welche eher kritisch sind, relativ hoch sein», so Schegg. Auch dies erkläre zu einem Teil die unterdurchschnittliche Performance von Biel und der Region.

Analysiere er die Kommentare über die ganze Schweiz hinweg, stelle er fest, dass das Verhältnis in der Region Biel zwischen positiven und negativen Kommentaren im Vergleich zu anderen Orten in vielen Bereichen deutlich  schlechter sei, so Schegg.  LT
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Bewertungen

• Begeistert (über 90 Punkte) 

• Sehr zufrieden (85 bis 90 Punkte) 

• Zufrieden (80 bis 85 Punkte) 

• Teils kritisch (75 bis 80 Punkte) 

• Oft kritisch (unter 75 Punkte) 

So schneidet Biel im Detail ab: 

• Engere Umgebung des HotelsBiel 1,98 (Bern: 4,01, Schweizer Durchschnitt: 5,55) 

Ambiance in Hotels,  Biel: 1,94 (Bern: 4,4, Durchschnitt: 8,81) 

Essen,  Biel, 2,5 (Bern: 3,99, Durchschnitt: 7,61) 

Gebäude, Infrastruktur, Biel: 4,6 (Bern 12,02, Durchschnitt: 14,3)  LT

 

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