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Bieler Wahlen

Romands legen zu

Ab 2021 werden 35 Prozent der Sitze im Bieler Stadtrat durch Romands besetzt sein. Das ist ein grosser Sprung – aber noch kein Abbild der Bevölkerung.

Die èartei Socialiste Romand von Co-Präsidentin Samantha Dunning (Mitte) ist die Partei mit dem höchsten Romand-Anteil. Bild: Matthias Käser

Lino Schaeren

Im Bieler Stadtrat sind sowohl die Frauen als auch die Romands massiv untervertreten. Ab Januar 2021, wenn das neue Parlament erstmals zusammentritt, wird sich das ändern: Die Bielerinnen und Bieler haben am Sonntag sowohl deutlich mehr Frauen als auch Französischsprachige gewählt. Während bei den Frauen mit einem Sprung von 20 auf 30 Sitze die Parität hergestellt wurde, werden die Romands zwar weiterhin in der Minderzahl sein. Mit fünf zusätzlichen Mandaten wird die französischsprachige Minderheit Biels, die inzwischen immerhin 43 Prozent der Bevölkerung ausmacht, aber deutlich stärker vertreten sein.

Insgesamt wurden am Sonntag 21 Romands gewählt. Sie werden ab Januar 2021 also 35 Prozent der Parlamentssitze halten. Das entspricht einem Plus von gut acht Prozentpunkten. Sehr zur Freude von Virginie Borel, Geschäftsführerin des Forums für die Zweisprachigkeit. Sie sagt: «Eigentlich sind wir uns gewohnt, beim Verfechten der Interessen der Zweisprachigkeit kleine Schritte zu machen.» Von 16 auf 21 Romand-Mandate sei aber ein grosser Sprung. «Wir nähern uns einem korrekten Abbild der Bevölkerung in der Politik an.» Für Borel war zudem wichtig, dass die zwei welschen Regierungssitze nach dem angekündigten Abgang von Cédric Némitz und dem Angriff der Mitte-Parteien auf Silvia Steidle gerettet werden konnten. Diese werden traditionell in Biel von den beiden frankophonen Parteien gehalten: Dem Parti Radical Romand (Steidle) und dem Parti Socialiste Romand (Némitz).

Zweisprachige Parteien

Dass die Romand-Vertretung im Stadtrat stark zunimmt, hat hingegen nichts mit dem PRR und dem PSR zu tun. Im Gegenteil: Die welschen Sozialdemokraten haben am Sonntag gar einen Sitz eingebüsst und verfügen neu nur noch über sechs Mandate (der PRR hält deren vier). Das heisst: Die PSR und PRR sind zusammen nur für 10 von 21 französischsprachigen Sitzen verantwortlich. Das ist eine bemerkenswerte Entwicklung, denn noch bei den Wahlen 2012 erzielten die PSR und PRR 12 der 16 französischsprachigen Mandate, 2016 waren es 11 von 16. Bei den diesjährigen Wahlen haben sich nun insbesondere die Grünen und die SVP als zweisprachige Parteien hervorgetan. Beide erhielten am Sonntag zehn Parlamentssitze zugesprochen – und bei beiden sind vier davon an Romands vergeben.

Für Urs Scheuss, Präsident der Grünen Biel, alles andere als Zufall: Man habe sehr bewusst versucht, die Romands zu stärken. Entsprechend waren 40 Prozent der Grünen-Kandidierenden welsch. Gute Romand-Kandidaturen zu finden, sei dabei nicht schwierig gewesen: «Die Grünen sind bekannt als zweisprachige Partei», sagt Scheuss. Eine gute Romand-Vertretung auf der Liste ist allerdings noch kein Garant dafür, dass dann auch die Französischsprachigen gewählt werden. Das zeigt etwa das Beispiel der SVP: Sieben von 30 Kandidierenden waren Welsche, vier von ihnen wurden gewählt. Wobei alle auf den Bisherigenbonus zählen konnten. Oder aber die EVP: Nur gerade drei von 34 Anwärterinnen waren Romands, trotzdem wird eine von ihnen (Kathleen Liechti) ab Januar im Parlament Einsitz nehmen. Und sogar für die GLP, die vielen als reine Deutschschweizer-Partei geläufig ist, schickt mit Gaël Schaffter erstmals überhaupt einen frankophonen Vertreter in den Stadtrat.

Biels DNA

Dass die Repräsentation des französischsprachigen Teils der Bieler Bevölkerung in der Politik inzwischen weniger stark von PSR und PRR abhängt, freut Virginie Borel. «Die Zweisprachigkeit ist inzwischen ein wichtiges Thema für alle Bieler Parteien», sagt sie, es gebe kaum noch Gruppierungen, die ausschliesslich deutschsprachig aufgestellt seien. Borel zieht einen Vergleich zu den städtischen Quartieren: Es gebe zwar reichere und ärmere Stadtteile, aber keine besonders französisch- oder deutschsprachige. «Sprachlich ist alles durchmischt, kein Wunder, die Zweisprachigkeit ist ja auch Biels DNA», sagt die Präsidentin des Forums für die Zweisprachigkeit.

Wenn Frankophone auf den Listen diverser Parteien gewählt werden, spreche das für ein gutes Zusammenarbeiten der verschiedenen Sprachen und Kulturen. Borel hofft denn auch, dass sich der Trend hin zu mehr zweisprachigen Parteien fortsetzen wird.

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