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Kafipause

“Scheiss Biel - ich habe jetzt genug”

Im persönlichen Blog berichten Bernhard Rentsch und Parzival Meister, Mitglied der publizistischen Leitung, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: “Scheiss Biel - ich habe jetzt genug”.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Ein Gefühlsausbruch sondergleichen: «Scheiss Biel – ich habe jetzt genug.» Nein, nicht meine Worte, nicht einmal meine Gedanken. Aber ich habe diese Emotionen aus nächster Nähe miterlebt, die negativen Wellen geradezu gespürt. Tatort war die Schalterhalle der Einwohnerkontrolle in Biel. Ein Ort, den man nötigenfalls für irgendwelche im Volksmund despektierlich als «Behörden-Papierkram» bezeichnete administrative Anliegen zum Beispiel als Zu- oder Wegzüger aufsucht. Dass dabei sehr vieles einfach und bequem online erledigt werden kann, ist übrigens bekannt. Und das habe auch ich gerne genutzt. Die dabei verursachte Vermischung der benötigten Dokumente konnte dann aber keine noch so ausgefeilte IT-Lösung korrigieren. Das kurze Anstehen vor besagtem Schalter nahm ich als persönliche Strafe für diese Unterlassung gefasst in Kauf.

Dann eben die beschrieben Szene, die für eine willkommene Abwechslung in der aufkommenden Langeweile sorgte. Nicht, dass ich der Hauptperson dieses kurzen Schauspiels zu nahe treten möchte. Mir aber halt schon die Frage nach der Verhältnismässigkeit stelle. Denn ja, zuweilen ist die Erledigung von Offizialakten mühsam – vor allem, weil man als Laie mehrfach zu Korrekturen oder Änderungen «motiviert» wird. Und ja, nicht jedes Wort der Kritik empfindet man halt als angebracht. Aber wenn es, wie in unserem Fall, dazu dient, einen ansehnlichen Betrag an Steuern zu sparen, gibt es meiner Ansicht nach keine Diskussion. Man könnte ja andernfalls ganz einfach bezahlen ...

Jedoch ging es in dieser Szene offensichtlich nur noch um den Abschluss einer Amtshandlung. Der Ausflippende drängte sich bereits stark enerviert ganz nach vorne durch, um seinen Umschlag der Schalterperson hinzuknallen. Diese machte ihn ruhig und freundlich darauf aufmerksam, dass er dafür den Briefkasten vor der Tür nutzen soll. Dann die Explosion. Dem zitierten Ausdruck folgte die Beschwerde, dass er unter den «sicher 100 Briefkasten» kaum den richtigen finde. So kompliziert, mein Herr, ist das dann aber auch wieder nicht, wie ein kurzer Seitenblick zu den Briefkästen beim Herausgehen bestätigte. In der Wut verlässt einem die Vernunft.

Die aufgestauten und abgeladenen Emotionen waren an dieser Stelle und gegenüber dieser Person völlig deplatziert. Das Urteil – natürlich in Unkenntnis der Vorgeschichte und der Details der persönlichen Begegnungen: so nicht. Mit Anstand, Verständnis und Ruhe können selbst hier schwierige Situationen gemeistert werden.

Das wissen ganz offensichtlich die anwesenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Alle bewahrten die angesprochene Ruhe und arbeiteten mit Routine und so speditiv wie möglich weiter. Ob dies nach mehrstündigem Schalterdienst immer noch möglich ist, weiss ich nicht. Persönlich kam ich rasch und unkompliziert zum fehlenden Stempel. Es gab und gibt keinen Frust, es bleibt der Dank für eine zuvorkommende Bedienung. 

bernhard.rentsch@gassmann.ch

 

Kommentare

Normaudaenker

Unkompliziert und speditiv? Das sind nun wirklich Wörter, die man bei dieser Behörde nicht in den Mund nehmen kann. Das betrifft schon diejenigen für Schweizer, für Ausländer gar nicht zu sprechen, vorallem aber für den Empfang. Dass man sich da, obwohl komplett überlastet, auch noch zusätzlich Arbeit macht mit den Ausweisen und deren Gültigkeit in Biel auf 1 Jahr verkürzt, unverständlich. Das sind weder vom Kanton noch Bund Vorgaben, andernorts gehts mit 3 Jahren. Zurück zum Empfang. Ein Herr an der Türe will schon mal wissen was man braucht, um dann in die Linke Kolonne eingeteilt zu werden. Man wartet 15 Minuten, etwa 10 Leute. Rechts, keine einzige Person, der Herr am Schalter war nur für Auszahlungen(?) zuständig, spielte daher mit seinem Smartphone. Nach dem langen Warten wird man wieder nach dem Anliegen gefragt, helfen kann man natürlich nicht. Man wird dann in den 1. Stock geschickt, das hätte ich auch gewusst und war eigentlich mein Ziel. Da oben gings dann allerdings schnell. Nur, warum brauchts unten 3 Personen (damals anwesend) an 2 Auskunftsposten und noch 1 an der Tür um zu sagen, in welchen Stock man muss? Und wieso ist jener Gelangweilte am 2 Schalter nicht fähig, das zu tun, während links 10 und mehr anstehen? Er hatte in dieser Zeit 1 Person für 1 Minute zu bedienen. Speditiv ( und kostengünstig) geht definitiv anders als an der Neuengasse 28.


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