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Biel

Sie müssen nie lüften

Der Architekt Markus Rebmann ist auf nachhaltiges Bauen spezialisiert. Auch sein eigenes Haus hat er nach Minergiestandard saniert. Dafür verzichtet er auf einigen Luxus.

Markus und Tury Rebmann leben mit ihrem Haus konsequente Nachhaltigkeit. Bild: Yann Staffelbach
  • Dossier

Roman Bertschi

Von der Tiefenmattstrasse aus ist das Haus von Tury und Markus Rebmann kaum zu sehen und fällt den meisten Passanten wahrscheinlich gar nicht auf. Doch das Gebäude ist ein heimlicher Star, besonders wenn man dessen Energiebilanz anschaut. 2006 kaufte der Bieler Architekt das Gebäude aus den 30er-Jahren und baute es anschliessend um.

Gemäss dem Verein Minergie zeichnen sich Minergie-Bauten durch eine hochwertige Gebäudehülle und eine systematische Lufterneuerung aus. Zudem weisen sie einen sehr geringen Energiebedarf und einen möglichst hohen Anteil an erneuerbaren Energien auf. Rebmann renovierte das Haus nicht nur, von Anfang an lebten er, seine Frau und die jüngste Tochter darin.

Wer das Haus betritt, bemerkt die angenehm kühle Luft im Haus, sofort werden Erinnerungen an eine Altbauwohnung wach. Rebmann hat seit 2009 einen hohen sechsstelligen Betrag in eine umweltverträgliche Renovation der Liegenschaft investiert. «Klar ist der Innenausbau meines Hauses nicht modern. Aber wieso sollte ich etwas ersetzen, das noch funktioniert?», fragt Rebmann.

Dranbleiben lohnt sich

Zuerst installierte Rebmann eine neue Lüftung. Die notwendigen Bohrungen machten nicht nur einen Höllenlärm, sondern verursachten auch viel Staub. Dies sei manchmal schwer zu ertragen gewesen, sagt Rebmann. Doch schliesslich hätten sich die Mühen gelohnt. Denn mit der neuen Lüftung kann die Wärme aus der Abluft zurückgewonnen werden, bevor diese in die Umwelt entweicht. Anschliessend wird sie der neuen Frischluft beigefügt.

Dank diesem Verfahren kann viel Heizenergie gespart werden. Zusätzlich renovierte der Architekt die Decke und installierte neue, dreifachverglaste Fenster. Um das Minergie-Label zu erreichen, dämmte er schliesslich die Wände. Rebmann griff auch hier wieder zu ökologischen Materialien. Isofloc besteht aus Papierschnipseln, die mit Luft in eine Schale geblasen werden, und ist beim Rückbau biologisch abbaubar. Die Seitenwände der Häuser sind zusätzlich von aussen gedämmt. Somit bleibt der Innenraum während heissen Tagen kühl und nimmt die Aussenhitze nur verzögert auf, das Gleiche gilt umgekehrt für kalte Temperaturen. Leider werde heute immer noch viel zu viel herkömmliches Dämmmaterial verbaut, sagt Rebmann. Das am häufigsten verwendete Dämmmaterial, expandiertes Polystyrol (EPS), weise eine schlechte Energiebilanz auf, vor allem wenn man die Graue Energie mit einberechnet. Darunter wird Energie verstanden, die über den gesamten Lebensweg eines Produktes benötigt wird. Sie steckt in der Herstellung, dem Transport, der Produktverpackung, der Lagerung und der Entsorgung.

Auch die Ölheizung hat Rebmann ersetzt. Vor der Renovation verbrauchte diese im Jahr rund dreizehn Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche. Heute ist der Bedarf bei umgerechnet drei Litern Öl. Falls er in kalten Wintern heizen muss, greift Rebmann auf Pellets zurück.

Ohne Autos unterwegs

2011 sanierte er schliesslich früher als geplant das Dach und installierte eine neue Photovoltaikanlage. Grund für diesen Entscheid war die Reaktor-Katatstophe in Fukushima. Die Anlage der Rebmanns produziert bei optimalen Bedingungen 5000 Kilowattstunden (kWh), der Bedarf für das Haus beträgt etwa 2000 kWh. Eine Kilowattstunde reicht aus, um eine Glühlampe während einer Stunde zu betreiben.

Der Garten wurde von Tury Rebmann mit Blick auf eine gesunde Natur gestaltet. Zu ihm gehören ein gedeckter Sitzplatz und ein Biotop. Über dessen Wasser summen Wassermücken und Libellen. Auch Bienen fliegen umher und sammeln eifrig Blütenstaub. Biodiversität ist beiden wichtig: «Dank den Büschen hoffen wir auf mehr Insekten und Schmetterlinge», sagen die Rebmanns. Vergeblich sucht man Parkplätze, beide verzichten auf ein Auto und fahren gerne mit dem Velo in die Stadt. Wer mit den Rebmanns spricht, merkt schnell, dass Umweltschutz und soziale Themen für die beiden keine Lippenbekenntnisse sind. Tury Rebmann nahm Aufgaben im sozialen Bereich wahr und war Aktivmitglied bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Ihr Mann ist seit den 80er-Jahren Architekt. Und spezialisierte sich von Anfang an auf nachhaltiges Bauen.

In den Neunzigern machte er sich selbstständig und realisierte beispielsweise in Brügg eine seiner ersten Minergie-Neubauten. In der gleichen Zeit wuchs das Bewusstsein in der Bevölkerung für das Thema, was sich für Rebmann als Glücksfall herausstellte. Die Verwendung von nachhaltigen Baustoffen wie Holz oder die Solarthermie waren plötzlich nicht mehr die Themen von alternativen Randgruppen, sondern kamen in der Mitte der Gesellschaft an. «Mittlerweile liegt der Fokus nicht mehr auf Neubauten, sondern auf der Sanierung von Altbauten», sagt Rebmann. Dem vom Umweltschutz überzeugten Architekten wird die Arbeit also nicht so schnell ausgehen.

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