Sie sind hier

Abo

Nidau

Sie will es noch einmal wissen

Zuletzt wurde sie in stiller Wahl wiedergewählt, dieses Mal hat sie gleich dreifache Konkurrenz: Die Nidauer Stadtpräsidentin Sandra Hess will am 26. September ihr Amt verteidigen. Für ihre Arbeit gibt es von den anderen Parteien nicht nur Lob.

Bild: bt/a
  • Dossier

Carmen Stalder

Schon im März stand fest: Dieses Mal würde es Sandra Hess (FDP) nicht so leicht haben. Tobias Egger (SP) gab damals bekannt, dass er an den Wahlen im September ins Rennen um das Nidauer Stadtpräsidium einsteigt. Einen Monat später machte Roland Lutz (SVP) seine Kandidatur öffentlich. Zum Schluss folgte Beat Cattaruzza vom neu gegründeten Nidauer Ableger der Grünliberalen (das BT berichtete). Wie hoch sie mit dieser Ausgangslage die eigenen Chancen einschätzt, ihre Amtszeit um eine dritte Legislatur zu verlängern, lässt Hess offen. Sie hat jedoch durchaus einige Argumente parat, die sie für ihre Wiederwahl anführt. «Ich kann die Erfahrungen und das Know-how aus den letzten acht Jahren mitnehmen, das spricht für mich», sagt sie.

Zu den wichtigsten Projekten der laufenden Legislatur zählt sie die Seewassernutzung: Ein nachhaltiger Wärmeverbund, an den künftig viele Nidauer Haushalte angeschlossen werden sollen, und der sich derzeit in Bau befindet. «Ein beeindruckendes Projekt», sagt die Stadtpräsidentin, das auch dank der geschickten Liegenschaftspolitik der Gemeinde zustande gekommen sei: Im von Nidau gekauften Alpha-Gebäude wird sich dereinst die Wärmezentrale befinden. Hess zeigt sich rückblickend froh, dass die Federführung das Projekts an den Energie Service Biel (ESB) und später an den Energieverbund Bielersee AG übergegangen ist. Das mittlerweile zu einem 47-Millionen-Projekt angewachsene Wärmenetz hätte Nidau niemals alleine stemmen können, ist sie überzeugt. «Wir würden heute vor einem Scherbenhaufen stehen.»

Als weitere wichtige Projekte nennt sie die sich im Endspurt befindliche Ortsplanungsrevision – «ein politisches Generationenprojekt, das auf viele Nidauerinnen und Nidauer einen grossen Einfluss hat» – sowie die Stadtattraktivierung. Dieser sind etwa die überholten Bushäuschen und der Spielplatz an der Zihl zu verdanken. In der laufenden Legislatur sei zudem die interne und externe Kommunikation der Gemeinde transparenter und professioneller geworden.

 

«Es ist nicht mein Scheitern»

Zwei andere Projekte, die Sandra Hess während Jahren eng begleitet und gefördert hat, sind allerdings gescheitert: Sowohl der Westast als auch Agglolac kommen entweder gar nicht oder allenfalls in einer überarbeiteten Version zustande. Doch die Stadtpräsidentin wiegelt ab: «Es waren nicht meine Projekte und es ist nicht mein Scheitern.» Stattdessen sei es gerade bei Agglolac der Wille des Stadtrats gewesen, das Projekt zu versenken. Es gehe nun darum, das Positive daraus hinauszuziehen und aus den Erfahrungen zu lernen. Und sowieso: «Nidau ist so viel mehr als nur Agglolac und Westast.»

An den Wahlen vom 26. September wird entschieden, ob Sandra Hess ihr Amt behalten kann. An ihrem eigenen Willen sollte das Vorhaben nicht scheitern: Sie sei hoch motiviert, weiterhin als Stadtpräsidentin im Einsatz zu stehen. In der kommenden Legislatur möchte sie sich für die Realisierung des Porttunnels einsetzen. Die Vorstadt Süd und der Bahnhofplatz würden ein riesiges Gestaltungspotenzial aufweisen, dieses Areal wolle sie gerne mitgestalten. Und bei der Ortsplanungsrevision fehlen noch die beiden Teilgebiete Weidteile und Gurnigel-Quartier – da müsse nun möglichst rasch vorwärtsgemacht werden.

Im Gegensatz zu vor vier Jahren, als Hess in stiller Wahl wiedergewählt worden ist, hat sie dieses Mal nicht mehr die Unterstützung aller Parteien auf sicher. SP, SVP und GLP schicken ihre eigenen Kandidaten ins Rennen, womit diese Stimmen kaum an die amtierende FDPlerin gehen. Wie sieht es bei den restlichen Parteien aus, bei der BDP, der EVP, den Grünen und dem PRR? Und wie beurteilen die Lokalpolitikerinnen und -politiker die Arbeit von Sandra Hess?

 

Geteilte Meinungen

Auf eine entsprechende Anfrage melden sich alle Parteien innert kurzer Frist. Gelobt an Sandra Hess werden die verbesserte Kommunikation seitens der Gemeinde, das unter ihrer Ägide umgesetzte Gesamtverkehrskonzept, die Ortsplanungsrevision und ihre Verhandlungen im Dossier Seewassernutzung. Sie führe die Gemeinde umsichtig, kompetent und mit viel Herzblut, heisst es bei der EVP. Die Grünen finden, dass sie eine hohe Auftrittskompetenz habe und engagiert und gewinnend wirke. Und von der BDP kommt das Lob, dass die Stadtpräsidentin die Anliegen der Bevölkerung, der Vereine sowie KMU wahrnehme.

Geht es um Kritik, fällt bei den meisten Parteien das Wort Agglolac – das Grossprojekt scheint die Stadtpräsidentin wie ein Schatten zu verfolgen. «Trotz klaren Warnrufen aus praktisch allen Ecken wurde versucht, das Projekt quasi unverändert durchzustieren», lässt die SVP verlauten. Die SP sieht dies ähnlich: Die Stadtpräsidentin hätte proaktiver auf die Bevölkerung und die betroffenen Vereine zugehen und ihnen zuhören müssen. Die Grünen monieren, dass Hess in auf Wachstum ausgerichteten Denkmustern verfangen sei. «Das entspricht nicht unserem Verständnis von nachhaltiger, zukunftsorientierter Lokalpolitik.» Die EVP räumt allerdings ein, dass für das Scheitern nicht in erster Linie die Stadtpräsidentin verantwortlich sei – stattdessen sei die lange Dauer der Planung ein Problem gewesen. Die GLP findet ausserdem, dass es der amtierenden Präsidentin an einer klaren Vorstellung fehle, wie sich Nidau weiterentwickeln soll. Und der PRR kritisiert, dass Sandra Hess nicht immer die richtigen Worte gefunden habe, um ihre Botschaft zu vermitteln.

Zusammenfassend kann Hess auf die Unterstützung ihrer eigenen Partei zählen, die ihr einen hervorragenden Job attestiert. Auch die BDP und der PRR sprechen sich für die Bisherige aus. Nicht ganz festlegen will sich die EVP – dort heisst es lediglich, dass wer auf Konstanz setze und mit der bisherigen Politik zufrieden sei, Sandra Hess wiederwählen solle. Die Grünliberalen, die Grünen, die SP und die SVP sprechen sich dagegen allesamt für einen Wechsel an der Spitze des Stedtli aus. Wer aber diesen Wechsel vollziehen soll, darüber ist man sich naturgemäss uneins.

Sandra Hess

  • Geburtsdatum: 25.11.1972
  • Die in Münchenbuchsee aufgewachsene Sandra Hess lebt seit 1997 in Nidau. Die gelernte Kauffrau ist verheiratet und Mutter von zwei Töchtern.
  • Seit 2013 ist Sandra Hess 
Nidaus erste Stadtpräsidentin. 2017 wurde sie in stiller Wahl wiedergewählt.
  • Neben ihren Aufgaben als Mutter und nebenamtliche Politikerin fährt sie gerne Ski, geht in die Natur und liest. Ihre Ferien verbringt sie am liebsten im Wallis. cst

Nachrichten zu Biel »