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Kriegsgeschäfte

Stadt Biel legt Renten friedlich an

Die Pensionskasse der Stadt Biel investiert das Geld ihrer Versicherten nicht in Kriegsmaterialgeschäfte. 
Damit ist sie in der Schweiz eine Pionierin und kommt der eidgenössischen Initiative bevor.

Bei der Lancierung der Initiative 2018 wurde dieser Spruch an die Holzwand bei der Nationalbank in Bern gesprayt. Bild: Adrian Moser

Stefan von Bergen

In der Stadt Biel rennt die Initiative gegen Kriegsgeschäfte offene Türen ein. Die Pensionskasse (PK) der Seeländer Stadt erfüllt nämlich schon heute die Forderung des Volksbegehrens, das die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) lanciert hat: Die Nationalbank, Stiftungen sowie staatliche und private PKs sollen kein Geld mehr in Unternehmen anlegen, die mehr als 5 Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen. Über dieses Anliegen wird in der Schweiz am 29. November abgestimmt.

«Ja, wir vermeiden Direktanlagen in Firmen, die Kriegsmaterial produzieren», bestätigt der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr (SP), der auch der Verwaltungskommission der städtischen PK vorsteht. Diese verwaltet ein Vermögen von rund 1 Milliarde Franken und legt es möglichst nur so an, dass sich Investitionen in Kriegsmaterialproduzenten ausschliessen lassen. «Wir können aber nicht auf alle Stellen hinter dem Komma garantieren, dass wir unser Ziel immer erreichen», sagt Erich Fehr. Man praktiziere einen «pragmatischen Bieler Ansatz»: Die Stadt vermeide Anlagen in Kriegsgeschäfte, solange dabei Aufwand und Ertrag für die PK noch stimmten.

 

«Saubere» Anlage ist unrealistisch

Will eine Pensionskasse vermeiden, dass das Rentengeld ihrer Versicherten in Kriegsgeschäften angelegt wird, muss sie tatsächlich einigen Aufwand betreiben. Denn für Vorsorgeinstitutionen ist es bequem und rentabel, in grosse Indexfonds wie den MSCI World zu investieren. Gemäss den Initianten von der GSoA sind dort aber auch 2,7 Prozent Rüstungsfirmen und 2,1 Prozent Atomwaffenhersteller vertreten. Zum Beispiel die weltgrösste Rüstungsfirma, der US-Kampfjethersteller Lockheed Martin.

Noch gebe es keine ähnlich breit aufgestellten und transparenten Alternativfonds, die Kriegsmaterialinvestitionen transparent ausschlössen, sagt Tamara Hardegger. Sie ist Geschäftsführerin beim Schweizerischen Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK). Dort sind etwa die PK der Post, der SBB, der Migros, der Mobiliar oder des Bundespersonals Mitglied. Der SVVK führt eine Ausschlussliste mit derzeit 22 Rüstungsfirmen aus China, Indien oder den USA, die international verbotene Waffen wie Streubomben oder Personenminen herstellen.

Wer diese Liste anwendet, lässt aber laut Hardegger nicht automatisch die Finger von Kriegsmaterialfirmen, wie es das Volksbegehren verlangt. «Die Initiative will auch Anlagen in konventionelle Waffen ausschliessen, die in der Schweiz erlaubt sind und in der Schweizer Armee verwendet werden», sagt Tamara Hardegger. Rüstungsfirmen seien kompliziert strukturiert, sie bei der Anlagepolitik «sauber» ausschliessen zu können, sei eine allzu simple Vorstellung. Und der Aufwand beim Ausschliessen könnte laut Tamara Hardegger die Verwaltungskosten einer PK derart belasten, dass die Rendite sinke. Das aber schade den Versicherten.

 

Biels Rendite liegt über Benchmark

Die PK der Stadt Biel schliesst nicht nur die Produzenten international verbotener, sondern auch konventioneller Waffen aus. Wie schafft sie das? «Es gibt einen internationalen Trend zu mehr Transparenz bei Anlagen in Kriegsmaterial- oder Erdölgeschäfte, man kann heute vermehrt wählen», sagt Stadtpräsident Erich Fehr. Der Bieler PK sei es jedenfalls in den letzten Jahren mit ihrer Ausschlussstrategie gelungen, jeweils leicht über der Rendite zu liegen, die die Grossbank UBS in einem Benchmark für öffentlich-rechtliche PKs berechne.

Wie kam die Stadt Biel dazu, bei der Emanzipation von Kriegsmaterialfirmen eine Pionierrolle zu spielen? «Das war kein punktueller Entscheid, sondern eine Entwicklung über mehrere Jahre, der Gespräche mit unseren Anlagepartnern vorausgingen», sagt Fehr. Die PK seiner Stadt sei keine geistige Urheberin der GSoA-Initiative. Er betont auch, dass man die Pensionskasse nicht als «Instrument zur moralischen Erziehung der Bevölkerung» sehe und zum Beispiel nur noch in vegane Lebensmittelhersteller investiere. Eine vertretbare Rendite liesse sich dabei laut Fehr kaum mehr erwirtschaften. So viel Bieler Pragmatismus muss sein.

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