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Aus dem Grossen Rat

Stadt und Land mitenand!

Der Kanton Bern ist bezüglich seiner Vielfältigkeit und Heterogenität eine Schweiz im Kleinen – geografisch, kulturell und politisch. Wirtschaftlich starken Städten stehen ein weitgehend landwirtschaftlich geprägtes Umland und karge Bergregionen gegenüber.

Philippe Messerli, Grossrat EVP

Dabei geraten ländliche und städtische Gebiete scheinbar immer wieder in einen Werte- und Interessenkonflikt, der zum Beispiel in unterschiedlichen Haltungen bei Volksabstimmungen zum Ausdruck kommt. Auch im Grossen Rat wird mit diesem Gegensatz gerne Politik betrieben.

Diese heraufbeschworene «Stadt-Land-Divergenz» greift jedoch zu kurz. Zum einen gälte es, wenn schon, die Agglomeration als dritten zentralen Raum mit einzubeziehen. Denn oft sind es die Ballungsgebiete rund um die Städte, die in der politischen Ausmarchung den Ausschlag geben. Zum anderen dient der «Stadt-Land-Gegensatz» nicht selten auch als Stellvertreter-Konflikt, um andere Differenzen, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung zwischen links-grünen und rechts-konservativen Sichtweisen, zu verschleiern.

Solche ideologisch geprägten Grabenkämpfe und Scheindebatten sind kontraproduktiv und bringen den Kanton Bern nicht weiter. Vielmehr sollte sich jede Region auf ihre Stärken besinnen und diese gezielt ausbauen. So leistet der ländliche Raum einen unverzichtbaren Beitrag zur Ernährungssicherheit, und die Bergregionen können ihre Trümpfe als attraktive Erholungsräume und Tourismusgebiete ausspielen. Andererseits erarbeiten die wirtschaftlich potenten Städte und Agglomerationen einen grossen Teil des kantonalen Steuersubstrats. Davon profitiert nicht zuletzt auch die Landbevölkerung. Über das gut ausbalancierte kantonale Finanz- und Lastenausgleichssystem erhalten Gemeinden mit übermässig geografisch-topografischen oder sozio-demografischen Lasten Unterstützung in Form von finanziellen Zuschüssen.

Letztlich sitzen wir alle im gleichen Boot. Für die Zukunft des Kantons wünsche ich mir deshalb weniger Polemisierung und Polarisierung, sondern mehr Mit- und Füreinander über die politischen und kulturellen Gräben hinweg. Der Verein seeland.biel/bienne, zu dem sich alle Seeländer Gemeinden freiwillig zusammengeschlossen haben, ist ein gutes Beispiel für den Willen, die bestehenden Herausforderungen in zentralen Bereichen wie Raumordnung, Ver- und Entsorgung, Verkehr, Bildung und Kultur, über alle räumlichen, politischen und kulturellen Grenzen hinweg gemeinsam anzugehen und zu lösen. Damit wird eine gute Basis für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Region gelegt. Dieser konstruktive «Seeländer Geist» täte auch dem ganzen Kanton gut!

kontext@bielertagblatt.ch

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