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Biel

Stadt will ernst machen – aber wann?

Die Stadt hat die Pflicht für Veranstalter, Mehrweggeschirr zu verwenden, bisher nicht durchgesetzt. Sicherheitsdirektor Beat Feurer gesteht nun: Man habe den Begriff der Ausnahme in der Praxis «sehr weit gedehnt».

Symbolbild: bt/a

Lino Schaeren

Die Stadt Biel zeigt viel Verständnis für die Sorgen der Veranstalter im öffentlichen Raum: Obwohl im Ortspolizeireglement die Pflicht zur Verwendung von Mehrweggeschirr bei bewilligungspflichtigen Veranstaltungen festgeschrieben ist und der entsprechende Passus 2016 in Kraft getreten ist, drückt die Einwohnergemeinde bis heute ein Auge zu. Oder zwei. Denn fast zwei Jahre nach Einführung der Mehrwegpflicht verlangt die Einwohnergemeinde von den Veranstaltern einzig den Einsatz von Mehrwegbechern – beim Mehrweggeschirr gilt bisher trotz anderslautendem Reglement ein Freifahrtschein. Die Stadt begründete dies bislang damit, dass man die Pflicht gestaffelt umsetzen wolle, um die Veranstalter mit den Neuerungen nicht zu überfordern.

Nun aber schreibt der Gemeinderat in seiner Antwort auf ein Postulat, das morgen im Bieler Stadtrat behandelt wird und die konsequente Umsetzung des Reglements fordert, dass man nach Auffassung der Stadtregierung bei dieser Regelung bisher zu grosszügig gewesen sei. Sicherheitsdirektor Beat Feurer (SVP) sagt: «Der Begriff der Ausnahme wurde sehr weit gedehnt.» Denn mit der Möglichkeit einer Ausnahme sei schliesslich nicht gemeint, diese über alle Veranstalter zu verhängen.

 

«Rasch heisst in einem Jahr»
Tatsächlich steht im Ortspolizeireglement, dass bei begründeten Fällen bei der Mehrweggeschirr-Pflicht Ausnahmen bewilligt werden können. Die städtische Abteilung Öffentliche Sicherheit hatte sich denn bisher auch darauf berufen, mit der gewählten Praxis nicht gegen die Regeln zu verstossen. Und sowieso: Der grösste Teil des Abfalls falle bei Veranstaltungen bei den Bechern an, sagt Feurer. Der Gemeinderat stellt sich in seinem Bericht ans Parlament denn auch grundsätzlich hinter das gewählte Vorgehen der stückweisen Einführung der Pflicht.

Trotzdem soll mit der heutigen Anwendung der Bestimmungen bald Schluss sein: «Dem Gemeinderat ist es ein Anliegen, die Pflicht zur Verwendung von Mehrweggeschirr rasch umzusetzen», sagt Feurer. «Jetzt gilt es ernst.» Wann das konkret der Fall sein wird, wird allerdings in der Vorstossantwort des Gemeinderats nicht ausgeführt und auch Feurer kann kein Datum nennen. «Rasch heisst für mich in diesem Jahr», sagt er. Und fügt sogleich an, dass die Bieler Fasnacht sicher wie bisher noch auf Becher, nicht aber auf mehrfach verwendbares Geschirr wird setzen müssen.

Geklärt ist nun also: Der Gemeinderat will, dass die Veranstalter neben den Mehrwegbechern auch beim übrigen Geschirr auf Mehrweglösungen umstellen müssen; wenn auch offenbleiben muss, ab wann. Dennoch bleibt auch bei der Frage, wer denn nun in Zukunft wann von der Pflicht entbunden werden kann, Klärungsbedarf. Der Gemeinderat schreibt in seiner Stellungnahme zum Postulat von Stadträtin Lena Frank (Grüne), es habe sich gezeigt, dass die Möglichkeit, in welchem Rahmen Ausnahmen von der Pflicht zur Verwendung von Mehrweggeschirr erteilt werden können, heute nicht näher definiert sei.

Dieser Punkt solle näher geklärt werden. Die Exekutive hat deshalb die Direktion von Beat Feurer beauftragt, die Verordnung zu überarbeiten; es soll also näher definiert werden, was die Passage «in begründeten Fällen» im Ortspolizeireglement konkret bedeutet. Feurer stellt nun in Aussicht, dass die Definition bis Ende Februar vorliegen könnte. Da der Gemeinderat beabsichtigt, nicht das Reglement, sondern die Verordnung anzupassen, wird der Stadtrat nichts dazu zu sagen haben, die Kompetenz zur Änderung liegt beim Gemeinderat.

 

Fünf Jahre für Vorbereitung
Postulantin Frank zeigt sich grundsätzlich zufrieden mit der Haltung der Stadtregierung. «Der Gemeinderat sieht ein, dass es ein Problem gibt, das ist wichtig», sagt sie. Der Auftrag, etwas zu ändern, sei nun gegeben. Auch zeigt Frank Verständnis für die Haltung der Stadt, die Veranstalter mit der Einführung von Mehrweggeschirr nicht überfordern zu wollen. «Eine gewisse Kulanz ist ok.» Aber: Nach fünf Jahren Übergangszeit sei nun der Zeitpunkt gekommen, die Pflicht, die der Stadtrat 2012 beschlossen hat, umzusetzen.

Das neue Ortspolizeireglement der Stadt Biel trat bereits 2013 in Kraft. Für die Einführung von Mehrwegbechern und Mehrweggeschirr wurde allerdings eine Übergangsfrist von drei Jahren gewährt. Die Verwendungspflicht für bewilligungspflichtige Veranstaltungen auf öffentlichem Grund gilt deshalb erst seit März 2016; bis heute profitierten die Veranstalter also insgesamt von einer «Gnadenfrist» von beinahe fünf Jahren. Sollte die Stadt die Praxis erst Ende Jahr anpassen, könnten es letztlich gegen sechs Jahre werden.

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