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Aus dem Grossen Rat

Stimmrecht 
ab wann?

In der März-Session des Grossen Rates wird sich das Kantonsparlament mit einer schon vielfach diskutierten Frage beschäftigen: Ab welchem Alter sollen Bürgerinnen und Bürger abstimmen und wählen können?

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von Jan Gnägi, Grossrat BDP

Zwei Vorstösse zu diesem Thema sind hängig, der eine von den Grünen, der die generelle Einführung des Stimmrechtsalters 16 fordert, und einer von mir selbst, der das Stimmrechtsalter 16 auf Anfrage vorschlägt. Bei meiner Variante müsste sich also der oder die Jugendliche proaktiv ins Stimmregister der Wohngemeinde eintragen
lassen und wäre dann in Kantons- und Gemeindeangelegenheiten stimmberechtigt.

Die ganze Diskussion um die Senkung des Stimmrechtsalters war schon kurz vor Beginn meiner eigenen Tätigkeit im Grossen Rat ein Thema. Damals reichte die damals jüngste Grossrätin, die heutige Nationalrätin Nadine Masshardt, einen entsprechenden Vorstoss ein, der knapp vom Parlament genehmigt, dann aber in einer Volksabstimmung deutlich abgelehnt wurde. Seither lag das Thema – zumindest im Kanton Bern – brach. Nun, zehn Jahre später, ist es aus meiner Sicht Zeit für einen erneuten Anlauf. Wir haben im vergangenen Jahr das politische Interesse der jungen Menschen in unserem Land in Form von Klimastreiks- und Demonstrationen gespürt und bei den Wahlen auch entsprechende Auswirkungen gesehen. Unabhängig vom Thema muss die Diskussion um die politischen Partizipationsmöglichkeiten von Jugendlichen neu aufgerollt werden.

Stellen wir uns doch folgende Frage: Ist es richtig, dass 16- und 17-Jährige kein Mitspracherecht bei Abstimmungen über Vorlagen haben, die ihre Zukunft viel wesentlicher beeinflussen als die einer 90-jährigen Person? Natürlich müsste man mit demselben Argument auch bereits Kinder abstimmen lassen, doch es ist klar, dass eine gewisse Altersgrenze gezogen werden muss. Eine 16-jährige Person befindet sich unter Umständen
bereits als Lehrling im Arbeitsalltag, nimmt in einem Büro, einer Werkstatt oder einer Pflegestation Verantwortung wahr oder muss als Gymnasiastin wichtige Lebensentscheidungen treffen. Diesen jungen Mitmenschen würde ich auch zutrauen, mit der politischen Verantwortung als Stimmbürgerinnen und Stimmbürger umgehen zu können. Der Vorschlag, das Stimmrecht auf Anfrage zu gewähren, würde eine gewisse Hürde einbauen, da die Jugendlichen sich selber bei der Gemeinde melden und sich so ins Stimmregister eintragen lassen müssten. Dieser Schritt würde ein gewisses politisches Interesse voraussetzen, welches offensichtlich bei vielen Mitmenschen bereits in diesem jungen Alter vorhanden ist. Ich bin gespannt, wie der Grosse Rat entscheidet.

kontext@bielertagblatt.ch

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