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Biel

«Tagsüber schlafe ich nur im Sessel»

Die Bielerin Heidi Wirz-Spitznagel feiert morgen ihren 101. Geburtstag. Frieden mit der Familie und den Mitbewohnern im Heim ist für die vierfache Urgrossmutter etwas vom Wichtigsten im Leben.

Heidi Wirz-Spitznagel geniesst gerne die Aussicht von ihrer Wohnung aus. David Schnell
  • Dossier

Interview: David Schnell

Heidi Wirz-Spitznagel, wie geht es Ihnen?

Heidi Wirz-Spitznagel: Mir geht es gut. Ich bin heute sehr gut aufgewacht.

Wie fühlt man sich als 100-Jährige?

Es geht. Ich bin zufrieden, habe aber nicht mehr soviel Kraft wie früher.

Wie sieht ein normaler Tag aus?

Ganz normal (lacht). Ich stehe morgens auf und mache mir mein Frühstück. Dann warte ich, bis es Zeit für das Mittagessen ist. Ich gehe anschliessend in meine Wohnung zurück und mache im Sessel ein Nickerchen. Nie im Bett, ich schlafe tagsüber nur im Sessel. Oft bekomme ich nachmittags Besuch von meiner Familie. Nach dem Abendessen gehe ich bald schon ins Bett. Ich lese auch oft die Zeitung und schaue Fernsehen.

Haben Sie im Alter ein anderes Verhältnis zu der Zeit?

Nein, eigentlich nicht. Das kommt immer ein wenig darauf an, wie der Tag verläuft. Manchmal vergeht die Zeit langsamer und manchmal etwas schneller.

Womit verbringen Sie Ihre Zeit?

Ich lese sehr oft die Zeitung und schaue regelmässig Fernsehen. Manchmal gehe ich mit einer Begleitung spazieren. Aber nie alleine, das ist mir zu riskant. Meine Familie besucht mich hin und wieder. Mit ihnen verbringe ich gerne Zeit.

Glauben Sie, dass es Ihnen besser geht als anderen Hundertjährigen?

Das kann ich kaum beurteilen.  Ich bin die einzige 100-Jährige, die ich kenne. Hin und wieder vergesse ich etwas. Ich habe aber keine Demenz. Es geht mir den Umständen entsprechend schon ziemlich gut. Mir fehlt es aber etwas an Kraft, aber das ist ja normal.

Haben Sie auf eine gesunde Lebensweise geachtet?

Ja, ich habe ein wenig darauf geachtet. Sport aber habe ich nie gross gemacht. Etwas geturnt habe ich. Ich hatte dafür aber auch keine Zeit. Ich musste auf meine drei Kinder aufpassen.

Haben Sie früher Sport getrieben?

Ja, schon. Ich habe aber nie gross Sport gemacht. Eine Zeit lang habe ich geturnt. Ich hatte auch keine Zeit mit meinen drei Kindern.

Was essen Sie gerne?

Eigentlich esse ich fast alles gerne. Ein Lieblingsessen habe ich keines. Ein gutes Stück Fleisch esse ich aber immer gerne.

Haben Sie noch Ziele und Pläne?

Nein.

Wurden Sie im Alter gelassener?

Ja, natürlich. Mir fehlt schlichtweg auch die Kraft. Ich gehe auch nicht mehr weg aus dem Wohnheim.

Spielt der Glaube eine Rolle für Sie?

Ja, schon. Ich ging aber nicht jeden Sonntag in die Kirche, sondern immer wenn es gerade passte.

Sind Sie zufrieden, wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken?

Ja, auf jeden Fall. Ich hatte ein sehr schönes Leben.

Welches war die schönste Zeit Ihres Lebens?

Mein ganzes Leben war sehr schön. Ich kann da nicht wirklich einen speziellen Abschnitt nennen.

Was halten Sie für das Wichtigste im Leben?

Der Frieden mit der Familie und den Mitbewohnern hier im Heim ist mir sehr wichtig. Ich habe es mit allen gut.

Haben Sie Angst vor dem Tod?

Daran denke ich doch nicht. Irgendwann ist es halt soweit.

Interessieren Sie sich für das politische Geschehen in der Schweiz?

Das interessiert mich nicht wirklich. Auch früher hat es mich nicht so sehr gereizt.

Interessiert es Sie, was auf der Welt passiert?

Das interessiert mich schon eher. Wie es den Menschen geht. Dass es sich hoffentlich bald verbessert.

Was bekommen Sie von der modernen Welt mit?

Nicht viel. Bei dem Fernseher hört es auf. Es hat mich auch nie interessiert.

Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?

Am Sonntag gehen wir im Clubhaus vom Tennisclub Worben essen. Mein Sohn ist dort sehr engagiert. Dort feiern wir mit der Familie bei einem Apero. Und am Dienstag esse ich im Heim ein Raclette mit den sieben Mitbewohnern, die mit mir am Esstisch sitzen.

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Heidi Wirz-Spitznagel

Heidi Wirz-Spitznagel wurde 1915 in Bözingen geboren. Nach der Schule arbeitete sie bei Boss in einer Fabrik für Uhren-Bracelets. Ihr Vater war Schneider. Sie hatte vier Geschwister. Später lernte sie Ihren Mann in Biel kennen und heiratete. Zusammen zogen sie drei Kinder auf. Ihr Ehemann war Mechaniker bei der Hauser AG. Sie hat fünf Grosskinder und vier Urgrosskinder. das

Kommentare

Boezinger

Vor einem solchen Tagesablauf graut mir... Ich kann mich ja dann immerhin noch als BT-Blogger betätigen... Sofern Gott will... Der symphytischen Dame entbiete ich meine besten Wünsche.


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