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Kafipause

Trump und seine Stippvisite im Spital für Arme

Im persönlichen Blog berichten BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch und Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Trump und seine Stippvisite im Spital für Arme.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Mein Lacher des Wochenendes galt US-Präsident Donald Trump und seiner Covid-Erkrankung – wobei weder der Gesundheitszustand des mächtigen Mannes noch die Geschehnisse rund um seine Stippvisite im Spital an sich lustig sind. Die Tatsache, dass Trump ins Militärspital Walter Reed eingeliefert wurde, löste beim Gegenüber aber die humorvoll gestellte Frage aus, weshalb ein Milliardär und amerikanischer Präsident in ein Spital für Arme müsse (englisch «army», ausgesprochen eben wie «Arme»).

Die Sprachfinessen waren geklärt. Mehr Recherche erforderte die Nachfrage, weshalb ein Zivilist ohne Uniform in ein Militärspital verlegt werde. «Gibt es in Amerika keine zivilen Kliniken für normale Leute?» Die Vorstellung eines Feldlazaretts, in dem Kriegsverwundete von Militärsanitätern unter prekären Bedingungen gepflegt werden, zog wie ein Film vor den Gedanken vorbei.

«Walter Reed» ist ein Militärspital, in welchem Soldaten und Veteranen aus allen Bereichen versorgt werden. Das Zentrum ist nach Major Walter Reed (1851 – 1902) benannt. Er war Militärarzt, womit der Link zur Army klar wird. Und dann folgt auf Wikipedia die Antwort betreffend Aufenthalt von Donald Trump: «Neben der Versorgung von Soldaten wird die Klinik auch zur medizinischen Behandlung von Prominenten, insbesondere Politikern, eingesetzt.»

Aha – Promi und Politiker, was zweifellos auf den Präsidenten zutrifft. Und sicher auch die Tatsache, dass der Helikopterlandeplatz und die Sicherheitsvorkehrungen den amerikanischen Vorstellungen entsprechen. Die nächstgestellte Frage, ob eine einzelne Klinik dann auf alle möglichen medizinischen Notfälle bei Politikern vorbereitet sein könne, lässt sich auch beantworten: Nach etlichen Ausbauschritten umfasst das Zentrum nördlich von Washington, das bei der Gründung 1909 ursprünglich Platz für nur 80 Patienten hatte, heute über 100 Kliniken und Fachabteilungen mit 7100 Angestellten.

Wie wir in diesen Tagen mitverfolgen konnten, ist im erwähnten Spital offenbar eine (weitgehend ungenutzte) Präsidentensuite vorhanden. Diese umfasst nicht nur die medizinisch nötigen Einrichtungen, sondern auch alle vorstellbaren Büro- und Konferenzinfrastrukturen. Und scheinbar auch die technischen Einrichtungen, die dem Präsidenten in Anzug und weissem Hemd – also nicht wie insgeheim erhofft im Spital-Nachthemmli – den Auftritt vor laufenden Kameras erlauben.

Einzig die Frage, wie viele «Walter Reed» mit komplett eingerichtete Präsidentenzimmern es wohl in den ganzen USA gibt, bleibt unbeantwortet. Das Land ist schliesslich dermassen gross, dass eine Hospitalisierung des amtierenden Chefs auch ganz im Westen oder ganz im Süden ein Thema werden könnte. Denn ob ein normales Spital für einen amerikanischen Präsidenten genügen würde, bleibt zu bezweifeln.

brentsch@bielertagblatt.ch

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