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Biel

Über dem See soll es nicht mehr knallen

Drei Bieler Stadträte setzen sich dafür ein, dass das traditionelle Feuerwerk am 31. Juli durch eine Drohnenshow ersetzt wird. Laute Raketen und stinkende Böller seien nicht mehr zeitgemäss.

Symbolbild: bt/a

Vanessa Naef und 
Carmen Stalder

«Ooh! Ah!» – viele Menschen bewundern gerne staunend die Kreationen am Himmel; Tiere wiederum sind durch den Lärm verängstigt oder leiden unter dem Rauch und dem Feinstaub: Nach zwei Jahren Coronapause soll das Bielerseeufer am 31. Juli wieder durch das als «Big Bang» bezeichnete Feuerwerk erleuchtet werden. Doch wird es dieses Jahr eines der letzten Male in dieser Form sein? Denn was in Zukunft geschieht, könnte durch ein überparteiliches Postulat beeinflusst werden, über das der Bieler Stadtrat am Donnerstag befindet.

Das Feuerwerk stand bereits in der Vergangenheit in der Kritik und war Gegenstand mehrerer Postulate. 2018 wurde nach einem politischen Vorstoss der Grünen versuchsweise auf die lautesten Böller verzichtet, um ein leiseres Feuerwerk zu gewährleisten. Neu ist nun, dass die Postulantinnen einen recht konkreten Vorschlag einbringen: Anstelle des Feuerwerks fordern Susanne Clauss (SP), Urs Scheuss (Grüne) und Titus Sprenger (Passerelle) eine Drohnenshow wie sie auch bereits in Zürich, Bern oder St. Moritz stattgefunden hat.

Die Postulanten fordern, dass der Gemeinderat den Verantwortlichen des Bielerseefests empfiehlt, vom Feuerwerk abzusehen und eine Drohnenshow durchzuführen. Die von der Stadt erbrachten Leistungen, beispielsweise der Sicherheitsdienst oder die Reinigung des Festgeländes, sollen an den erwünschten Wechsel geknüpft werden. Weiter soll der Gemeinderat für Aufklärung sorgen und auch vermehrt Kontrollen durchführen, um das Abfeuern von Feuerwerk auf «erlaubte Zeiten» zu reduzieren.

 

Entlastung für Tiere?

Die Postulanten nutzen die coronabedingten Ausfälle des Feuerwerks, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen. So argumentieren sie, dass es für die Tiere im und um den See «enorm entlastend» gewesen sei, dass das grosse Feuerwerk nicht stattgefunden habe. Weiter nennen sie die Feinstaubbelastung als Problem für Mensch und Umwelt. Sie plädieren dafür, die Frage zu stellen, «ob Feuerwerke überhaupt noch zeitgemäss sind oder nicht einfach ein Relikt aus vergangenen Tagen». Als Pluspunkt ihres Vorschlags warten sie mit dem Argument der Innovation auf: So sollen Drohnen gemäss ihnen nicht nur umweltschonender sein, sondern auch «vielfältigere Möglichkeiten» bieten als ein herkömmliches Feuerwerk. Sie verweisen zudem auf die in der Region ansässige Swiss Drone Show AG aus Gerolfingen, die ein solches «Drohnenballet» aufführen könnte. Die Firma wirbt auf ihrer Website damit, dass ihre Shows umweltfreundlich und CO-neutral seien.

In Zeiten des Klimawandels sei Feuerwerk obsolet, sagt Susanne Clauss. Auch Grossverteiler würden teilweise auf den Verkauf von Feuerwerkskörpern verzichten. Man strebe an, auch auf Stadtebene eine Vorbildfunktion einzunehmen. Sie gehe davon aus, dass mit Blick auf den CO-Ausstoss eine umwelttechnisch bessere Bilanz zu erwarten sei. Dennoch stellen sich gewisse Fragen, zum Beispiel zum Produktionsort der Flugobjekte. Sie meint: «Eine Drohnenshow wäre ein möglicher Kompromiss. Denn ich verstehe gut, dass die Menschen am 31. Juli weiterhin ein Spektakel über dem Bielersee sehen möchten».

In seiner schriftlichen Beantwortung zeigt sich der Gemeinderat gegenüber dem Vorschlag offen und bezeichnet die Idee als «interessant und prüfenswert». Dabei verweist die Stadtregierung auf die «ermutigenden» Erfahrungen mit entsprechenden Drohnenshows in anderen Städten wie Bern oder St. Moritz. Der Gemeinderat will nun das Gespräch mit den Verantwortlichen des Bielerseefests suchen und insbesondere abklären, welche ökologischen und sozialen Folgen eine Lichtshow mit Drohnen nach sich zieht; auch Kosten und Nutzen müssten abgewogen werden.

Weitaus skeptischer zeigt sich die Fraktion SVP/Die Eidgenossen. Fraktionschefin Sandra Schneider sagt, die beiden Parteien hätten das Geschäft «intensiv diskutiert». Man sehe durchaus positive Punkte im Vorstoss. Sie fände es interessant, zu schauen, was mit der Drohnentechnik möglich sei. Trotzdem hält sie fest, man werde das Postulat ablehnen. Es gehe zu weit, wenn den Veranstaltenden vorgeschrieben würde, kein Feuerwerk durchführen zu dürfen. Weiter argumentiert sie, das Feuerwerk habe Tradition und für Biel sollte es verkraftbar sein, einmal im Jahr mit dem Lärm konfrontiert zu sein. Zudem erachtet Schneider die private «Böllerei» in den Quartieren als grösseres Problem.

Offen gegenüber dem Vorschlag zeigt man sich bei der GLP: Für den Vorstoss seien durchaus Sympathien vorhanden. Entsprechend unterstütze man das Vorgehen des Gemeinderats, die Idee zu überprüfen, sagt Fraktionspräsident Dennis Briechle. «Allerdings haben wir Verständnis für beide Seiten.» Am Donnerstag entscheidet der Stadtrat, ob der Gemeinderat das Anliegen weiterverfolgen soll.

 

Alternative, kein Ersatz

Einen grossen Einfluss hätte die neue Vorgabe auf die Veranstalter. Marc Cattaruzza ist Mitglied im Organisationskomitee (OK) des Bielerseefests und verantwortlich für den reibungslosen Ablauf des Feuerwerks. Laut dem Porter befinden sich die Vorbereitungen für das diesjährige Bielerseefest erst in den Startlöchern. Coronabedingt sei noch offen, ob und in welcher Form die Veranstaltung mit ihren rund 100 000 Besuchenden stattfinden könne. Natürlich sind die anhaltenden Diskussionen um das Feuerwerk nicht spurlos am OK vorbeigegangen. Man habe bereits über verschiedene Varianten diskutiert, so Cattaruzza. Der Feuerwerk-Profi selbst verfolgt das Thema Drohnen-Show mit Interesse. Für ihn ist aber klar: «Drohnen sind eine Alternative zum Feuerwerk und kein Ersatz. Sie haben nicht dieselbe Wirkung.»

Das Bielersee-Feuerwerk kostet jeweils um die 100 000 Franken. Mit demselben Budget könnte man zwar auch eine Drohnenshow finanzieren, diese würde aber «massiv kleiner» ausfallen, so die Einschätzung von Cattaruzza. Die Darbietung wäre ruhiger und langsamer, sagt er. Mit der Geschwindigkeit von in den Himmel rasenden Raketen können die Drohnen nicht mithalten.

Cattaruzza merkt an, dass für eine Drohnenshow eine gänzlich neue Organisation vonnöten wäre. So brauche es einen markant grösseren Abflugplatz als für das Feuerwerk, das auf mehreren Flössen auf dem See gezündet wird. Laut Cattaruzza ist ein Feuerwerk zudem weniger witterungsabhängig als Drohnen – Ersteres funktioniere auch bei Wind und Regen. Auf die Frage, ob die Organisatoren des Bielerseefests dereinst tatsächlich Drohnen statt Raketen in den Himmel steigen lassen, kann Cattaruzza aber derzeit nichts sagen. Im Verein habe man sich noch nicht eingehend mit diesem Thema beschäftigt.

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